Kapitel 83

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Fieberhafte Suche nach Jenny...

Nachdem der Mann Jenny mit dem Tape ihren Mund zugeklebt hat, zückt er sein Handy und ein gefaltetes Blatt Papier aus seiner hinteren Hosentasche heraus. Jenny versucht sich an die Augen der Person zu konzentrieren, sie überlegt angestrengt und nach und nach erinnert sie sich an den Mann, der sie vor kurzem im Supermarkt angerempelt hat. Sie versucht was zu sagen, aber ihre Stimme ist nicht hörbar. Der Mann legt das Papier auf den Schoss von Jenny und hält es in stehender Position, dass man es gut lesen kann. Er geht zwei Schritten zurück und hält das Handy in Kamerastellung und beginnt eine Filmaufnahme von Jenny zu machen. Dabei hört Jenny sein lautes Lachen:"Das Video werde ich deinem Bullen schicken, er kann sich schon mal von dir verabschieden!" Jenny ruckelt sich auf dem Stuhl hin und her, in der Hoffnung, die Fesseln würden ein wenig lockern. Der Mann holt an die hinteren Gürtel seiner Hose die Waffe, die er Jenny beim Überfall abgenommen hat und richtet sie an Jennys Schläfe. Dabei filmt er das Ganze und ist zufrieden mit seinem Werk. Er steckt das Handy mitsamt Papier wieder in seine Hosentasche, bückt sich zu Jenny herunter und streift ihr mit der Hand, die mit einem schwarzen Handschuh bedeckt ist, an ihrem Kinn, schaut sie ohne mit der Wimpern zu zucken an, und lässt ihren Kinn unsanft zur Seite gleiten. Er dreht sich um und lässt Jenny alleine in der verlassene Halle zurück und schliesst die Tür.

In der Zwischenzeit im Besprechungsraum reden die Ermittler über mögliche Zusammenhänge, bis Susanne ein Bild einer Frau am Monitor an der Wand zeigt, die Marie Morgenstern zeigt. Die Frau sieht so um die 35 Jahre aus, hat blonde, kurze Haare und laut Bericht ist sie bei einer Verfolgung mit der Polizei bei einem Autounfall ums Leben gekommen. „Normaler Unfall ohne Fremdeinwirkung, das Auto hat die Kontrolle über sich verloren und ist einen Hang hinabgestürzt", liest Semir in die Akte, zu dem das Bild der Frau gehört. „Das bringt doch alles nichts!", regt sich Paul nach zwei Stunden Besprechung auf, steht ruckartig vom Stuhl auf und läuft im Raum hin und her. „Renner, reissen Sie sich zusammen!", mahnt die Krüger, Paul nimmt seinen Platz wieder ein und Susanne drückt Weiter auf die Fernbedienung für die Bildergalerie, die am Monitor erscheint. „Und diese Frau?", fragt Finn, welches gerade am Monitor erscheint, von Paul kommt die Antwort:"Die Frau lebte einsam und ist an schwerer Krankheit verstorben", er blickt von der Akte auf. „Das ist wirklich zum Haare raufen", seufzt Semir, „uns läuft die Zeit davon, und wir haben keinen einzigen Anhaltspunkt!" In dem Moment kommt ein Polizist an die Tür des Besprechungsraums und klopft an, die Krüger bittet um Einlass. „Hier sind zwei Kommissare von der Polizeiwache Neuss und möchten mit Ihnen sprechen, Frau Krüger.", sagt der Polizist. „Ja, danke!", steht die Chefin auf, Paul und Semir gehen ihr hinterher in die grosse Halle und treffen dort auf Stroebel und Schoras, die in der Mitte den flüchtigen Dieb festhalten. „Gehen wir in den Verhörraum", bittet die Chefin die anderen Kollegen, die ihr folgen. Im Vorbeigehen mustert Paul den jungen Mann mit einer Platzwunde am Kopf zornig an. Nachdem die Kollegen der Polizeiwache Neuss den Mann in dem dunklen Raum, dessen Tisch in der Mitte durch eine Lampe beleuchtet ist, auf dem Stuhl Platz nehmen lassen, verabschieden sich die Kommissare Stroebel und Schoras draussen auf dem Flur von den anderen Kollegen und danken für den Einsatz. Die Krüger geht in den anderen Raum hinter der Glasscheibe und hört das Gespräch mit, das Gerkhan und Renner gleich mit dem jungen Mann führen werden. Susanne kommt ebenfalls in den Raum, wo die Chefin mit verschränkten Armen gespannt auf die Aussage des verhafteten Mannes wartet. „So, sagen Sie uns ihren Namen", beginnt Semir das Verhör und setzt sich dem Mann gegenüber auf den Stuhl und schaut dabei Paul kurz an und gibt ihm ein Zeichen, dass er nicht aufregen soll. „Mein Name ist Florian Schildt", stellt sich der junge Mann vor, der dabei nervös mit den Fingern spielt. „Und was führt Sie dazu, eine Tankstelle zu überfallen?", möchte Semir wissen. Paul, der an der Wand neben der Tür gelehnt ist, mischt sich grob ein:"Und dazu eine Entführung unserer Kollegin! Wie krank ist das wirklich?" Paul tippt an seinem Kopf um dem jungen Mann zu zeigen, dass es bei ihm da oben im Gehirn nicht alles einwandfrei tickt. Susanne hat gerade den Namen Florian Schildt notiert und geht an ihrem Schreibtisch zurück und lässt den Namen in die Datenbank durchlaufen. Finn steht neben Susanne und beide warten die Antwort ab, die der Computer gleich ausspucken wird. „Aha, das ist interessant", sagt Finn, „vielleicht hilft uns das weiter." „Ich lasse es ausdrucken und gibst du das bitte an Semir weiter", bittet Susanne Finn um Unterstützung, was dieser macht. Mit der neusten Info über die Person in der Hand, geht Finn in den Verhörraum und klopft an, geht rein und überreicht Semir das Papier. Paul kommt zu seinem Partner und schaut über die Schulter auf das Blatt. „Ich habe mit der Entführung nichts zu tun", beteuert Florian. „Aber Spielschulden haben Sie ja, und zwar in hohen Summen", zeigt Semir mit dem Finger auf dem Blatt, das preisgibt, dass Florian bereits wegen einer Straftat im Gefängnis sass und vor kurzem entlassen wurde. „Kaum sind Sie wieder draussen, begehen Sie wieder eine Straftat", sagt Semir und schüttelt den Kopf. „Du hast wirklich einen Vogel! Dachtest du wirklich, ich überfalle eine Tankstelle und meine Schulden sind damit beglichen, oder was?", stützt Paul mit seinen Fäusten auf den Tisch und schaut Florian mit wütendem Blick an. Nun wird Paul laut:"Wo ist unsere Kollegin? Wer ist dein Komplize?" „Keine Ahnung, wirklich!", mit ahnungslosem Gesichtsausdruck schüttelt der junge Mann den Kopf. Paul zischt hörbar aus und dreht sich um, geht hin und her während Semir Florian beobachtet, wie er unruhig auf dem Stuhl wird. „Ich sollte mit dem Überfall eine Ablenkung machen, mehr weiss ich nicht." Nun werden Semir und Paul aufmerksam, Semir fragt:"Sie sollen zum Schein eine Tankstelle überfallen um uns abzulenken, indem unsere Kollegin entführt wird?" „Das erklärt vielleicht die letzten zwei Überfällen und der Geldbetrag war nicht gerade berauschend", versucht Paul Lichts ins Dunkeln zu bringen. Die Krüger steht im Nebenraum und hat dies alles mitbekommen, durch die Sprechanlage befiehlt sie:"Gerkhan und Renner, Abbruch!" Dass das Gespräch abgebrochen wird, schmeckt den beiden nicht und beim Verlassen des Raums wendet Paul dem jungen Mann einen bösen Blick zu:"Wir sind noch nicht fertig, Freundchen!" Draussen auf dem Flur treffen die beiden Kommissare auf die Chefin, Semir fragt:"Was gibt es denn so Wichtiges, Chefin?" Die Krüger geht in den Besprechungsraum, wo bereits Finn auf seinem Platz sitzt, Semir und Paul folgen ihr. „Der Herr Schildt behauptet, die Überfälle waren eine Ablenkung, bei den ersten zwei Einsätzen war Frau Dorn nicht anwesend." „Und ich habe mich gewundert, wieso die Polizei Neuss uns um Unterstützung im Auflösen des Falles bittet, wo sie das eigentlich selber lösen können.", möchte Semir gerade Platz auf dem Stuhl neben Finn nehmen. „Es ging also die ganze Zeit um Jenny, nur weil der Typ Rache an mir will", ist Paul entsetzt und muss sich setzen. In dem Moment kommt Susanne mit einem schockierendes Gesicht in den Raum:"Leute, ich habe gerade eine Videobotschaft bekommen, schaut euch das an!" Susanne zappelt an der Fernbedienung rum und am Monitor erscheint das Video. Die anderen denken sich nichts dabei, bis Jenny, die mit einem Tape an den Lippen geklebt, auf dem Video erscheint und Paul besorgt und voller Entsetzen auf die Botschaft starrt. Er steht abrupt wieder vom Stuhl auf und ist bleich im Gesicht:"Was hat er mit Jenny gemacht?" Das Video zeigt Jenny, dessen Make up leicht verschmiert aussieht, gefesselt an einem Stuhl in einem schwach, beleuchtenden Raum. Ihr Mund ist mit einem Tape zugeklebt und etwas Blut ist an ihrem Kinn sowie an der Kleidung zu sehen. Jemand hält die Waffe an ihrer Schläfe gerichtet und auf dem Papier steht in schwarzer Druckbuchstaben geschrieben:"RENNER, ICH WERDE IHRE LIEBE EISKALT UMBRINGEN!" Alle sind entsetzt über die Nachricht, Paul flippt voller Sorgen aus und brüllt:"FUCK! Wer ist der Typ?" Die Chefin steht auf und ruft:"Renner, beruhigen Sie sich bitte!" Semir möchte seine Hand auf die Schulter von Paul legen, als dieser ihn heftig abwehrt und Paul näher auf die Krüger zukommt und im schroffen Ton sagt:"Ich soll mich beruhigen? WIE DENN? Ich weiss nicht mal, was der Typ von mir will und wo Jenny ist, verdammt! Die Zeit läuft uns davon!" Paul rauscht mit Tränen in den Augen aus dem Raum vorbei in die grosse Halle, öffnet mit voller Wut der Tür nach draussen und geht auf den Parkplatz. 

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