Kapitel 137

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Frage und Ungewissheiten...

Der Mercedes ist ausser Reichweite von Paul in Flammen hoch gegangen, der BMW mit Semir kommt gerade zwischen den stehen bleibenden Autos vorbei, es bildet sich ein Bild des Grauens. Schockiert sieht sich Semir um, sieht dass die Rettungsgasse frei ist, als die Sirenen ertönen, fährt er schnell zur Seite und lässt den herbeigerufenen Rettungswagen vorbei. Die restlichen Meter rennt Semir zur Unfallstelle, mittlerweile haben sich die Feuerwehr um die Löscharbeiten gekümmert, der Notarzt verarztet die verletzten Person, das hinter der Leintuch von Schaulustigen abgeschirmt wird. Semir kommt näher ran und sieht mit grossen Augen, dass es sich um den ausgebrannten Wagen von Paul handelt und befürchtet das Schlimmste. Die Polizeiabsperrung lässt Semir nach dem Vorzeigen seines Dienstausweises durch und er sprintet auf die gerade hoch gehobene Trage zu, auf der die verletzte Person in den Rettungswagen geschoben wird. „Paul?", erschreckt über sein Aussehen, sucht Semir nach Pauls Hand und drückt diese in seine Hand. Der Notarzt wird auf Semir aufmerksam und fragt:"Wer sind Sie?" „Gerkhan, Kripo Autobahn, das ist mein Kollege Renner." Er zeigt dem behandelnden Arzt seinen Ausweis und dieser nickt. „Ihr Kollege muss dringend ins Krankenhaus, die Atmung droht ausser Kontrolle zu gehen und der Puls ist schwach. Dazu hat er viel Blut verloren." „Wo bringen Sie ihn hin?" „Uniklinik Köln." „Ich komme mit meinem Auto dahin." Die hinteren Türen des Rettungswagens werden geschlossen und mit einsetzendem Blaulicht fährt der Wagen mit Vollgas aus der Baustelle zur nächsten Ausfahrt auf die Strasse Richtung Uniklinik. „Scheisse!", fühlt sich Semir gerade im Moment verantwortlich für Paul, mit ihm zusammen wäre das bestimmt anders ausgegangen, soviel sei sicher. „Und ausserdem, wieso ist Paul auf Alleingang gegangen?", grübelt Semir und lässt sich von der Spurensicherung die neusten Informationen holen. Einer der Männer deutet auf den Sprengstoff, das an der Motorhaube geheftet war und so die Explosion hervor gerufen hat. „Alles klar, danke!" sagt Semir schnell zu dem Mann und dreht sich rennend zu seinem BMW um. Mit dem Handy am Ohr gibt er Auskunft an Susanne, die am Hörer geschockt das Drama hört. „Ich melde mich, wenn ich mehr weiss!", legt Semir das Handy beiseite und braust mit quietschenden Reifen und Blaulicht entlang der Autobahn.

In der 20. Etage geht nach einigen Sekunden gegenüber der Fahrstuhl, in der Jenny gerade mühsam aussteigt, die nächste Tür der Fahrstuhl auf und ein Mann in schwarzen Bikerklamotten, der gerade auch die 20. Etage betreten möchte, sieht, wie sich Jenny vor Schmerzen krümmt und eilt ihr zu Hilfe. Er fängt sie unter ihren Oberarmen auf und stützt sie ab. „What's happend?" Als Jenny in das Gesicht des rettendes Helfers sehen möchte, findet sie deren blauen Augen, die eine strahlende Wirkung zeigen und das schöne Lächeln. Die Augen kommen ihr bekannt vor, wie die von Alex und das Lächeln gleicht die der von Paul. Jenny drückt auf ihr Brustkorb und versucht auf Englisch zu sprechen, dass sie einen Stich gefühlt hatte. Der nächste Fahrstuhl hält an, James steigt aus und sieht Jenny, kommt mit schnellen Schritten auf sie zu. „Hey Jenny, geht's dir gut?" „Geht wieder", bringt Jenny mühsam über die Lippen. „Do you know the women?", fragt der Mann in den Bikerklamotten, der durch die Tür zum FBI gehen möchte, an James gewandt. „Yes, this is our co-worker, Jenny Dorn from Germany." Jenny folgt den beiden Herren durch die Tür, sie wundert sich, wer der gutaussenden Mann mit den Lockenhaaren ist und wieso er auch hier mit reingeht. „Das ist unser Teamchef, Nick Ryan", stellt James ihn Jenny vor. „Den habe ich aber gestern nicht gesehen." „Heute ist sein erster Arbeitstag nach dem Urlaub", berichtet James und Jenny schaut Nick von hinten an, der in den Bikerklamotten eine gute Figur abgibt. „Das ist euer Chef? Den hatte ich mir anders vorgestellt." James lächelt, Nick geht auf die Umkleide zu und wechselt seine Bikerklamotten gegen normale Klamotten und erscheint nach zehn Minuten wieder im Team. Er kommt nochmal auf Jenny zu, gibt ihr die Hand:"Hello, I am Nick Ryan and you are Jenny Dorn?" Jenny nickt und fühlt einen kräftigen Händedruck von Nick in ihrer Hand. „Welcome here and i am glad to have you on board to the FBI." „Thank you!" Dann trommelt Nick das Team zusammen in den Besprechungsraum und bearbeitet den Mordfall von gestern und neue Details werden auf den Tisch gelegt. Zwischendurch blickt James Jenny an, und diese gibt ihm zu verstehen, dass es ihr wieder einigermassen geht.

In der Uniklinik fragt Semir am Eingangsbereich eine Krankenschwester, in welchem Gebäude sich sein Kollege Renner befindet. Semir sucht die Neurologie auf und steht nun hinter der verschlossenen Glasscheibe, die den Zutritt ins MRT versperrt. Von der Krankenschwester hinter der Rezeption der Neurologier Station erfährt Semir, dass Paul gerade durch die Röhre geschoben wird und am Kopf geröntgt wird um bleibenden Schäden auszuschliessen. „Mehr kann ich Ihnen nicht dazu sagen. Wenn Sie bitte im Wartebereich Platz nehmen würden und auf den Arzt warten könnten?" Dankend nickt Semir und geht auf den Stuhl zu, der im Flur steht und möchte sein Handy herausholen. Er ruft Susanne an und teilt ihr mit, dass er auf den Arzt wartet und dann in die PAST vorbei kommen wird. Die Sekretärin schildert den Vorfall der Krüger mit und diese ist entsetzt, was passiert ist. „Wir müssen jetzt Ruhe bewahren und abwarten, dass es nichts Schlimmes bei Renner ist!", sagt die Krüger in die Runde, als Finn neben Susanne gesellt und das Gespräch mitbekommen hat. Alle wenden sich wieder der Arbeit zu, aber so richtig konzentrieren kann sich keiner.

In der Mittagspause fühlt sich Jenny nicht wohl und möchte frische Luft schnappen. James bietet ihr seine Begleitung bei einem Spaziergang an im Battery Parc. Beide schlendern an der Hudson River entlang in dessen Ferne, wo man die Freiheitsstatue ganz klein erkennen kann. „Es ist schön hier", sagt Jenny und James spricht sie auf ihr Unwohlsein an. „Ist wirklich alles in Ordnung bei dir? Du siehst irgendwie bedrückt aus." „Du merkst aber auch alles, oder?", lächelt Jenny schwach. „Was hältst du davon, wenn ich uns bei STARBUCKS zwei heisse Becher Schokolade hole, und du mir erzählst, was los ist. Vielleicht kann ich dir helfen?" schlägt James vor, Jenny nickt und wartet, während James den STARBUCKS aufsucht. Jenny lehnt sich an den Steg, schaut raus auf den Hudson River, den grössten Fluss zwischen New York und New Jersey. Die Sonne scheint, ein warmer Wind weht an ihrem Gesicht. Jenny denkt kurz an den Teamchef des FBIs, Nick, der die blauen Augen wie Alex hat und das Lächeln von Paul. Ihre Gedanken kreisen sich wieder um die zwei Männer, die um ihre Liebe buhlen. Zwar ist sich Jenny ihrer Liebe zu Paul bewusst, aber auch die verborgene Liebe Alex ihr gegenüber hat sie auch überrascht, dachte sie bis vor ein paar Tagen, dass Alex sich mit der Freundschaft zu ihr abgefunden hat, nachdem er nach Brasilien ging. Ist das jetzt Freundschaft zwischen Alex und ihr, oder scheint sich daraus etwas zu entwickeln? Jennys Herz fühlt sich schwer an, sie spürt, dass in Deutschland während ihrer Abwesenheit etwas Schreckliches passiert sein muss. Die Sorge macht sie verrückt, sie möchte Klarheit haben und hat vor, ihre Freundin Susanne anzurufen. Zwar befindet sich kein WiFi in der Nähe, das scheint ihr im Moment unwichtig zu sein, was die Kosten betrifft. Als sie sich mit dem Handy beschäftigen möchte, kommt James fröhlich mit zwei heissen Bechern dampfender Schokolade zu ihr und beide setzen sich auf eine Bank und schweigend schauen sie auf den Hudson River.

Stunden vergehen im Krankenhaus, nun endlich schiebt sich die Glastür offen und der Arzt, gefolgt von einer Assistentin, kommt auf Gerkhan zu. Semir zeigt ihm sein Dienstausweiss und der Arzt schildert ihm kurz dessen Zustand. „So wie es aussieht, hat Ihr Kollege grosses Glück im Unglück gehabt! Er ist ganz knapp einer Querschnittslähmung entgangen, so hart der Aufprall aus dem Wagen war. Ich muss die Bilder noch genauer auswerten, und Ihr Kollege bleibt die Nacht hier unter Beobachtung." „Vielen Dank, Doktor!" sagt Semir und fragt, ob er Paul besuchen darf. „Aber nur ganz kurz, Herr Renner braucht Ruhe!", gibt der Arzt noch mit auf dem Weg und Semir seufzt erleichtert. Die Krankenschwester bringt ihn zum Zimmer, nun steht Semir vor der Tür...    

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