Kapitel 143

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Wie geht es weiter? ...

Pauls Lieblingslied hallt durch die Wohnung, in Paul kommt die schöne Erinnerung an seinem Geburtstag zurück. Wie in Trance kommt Paul langsam auf Lea zu, die von hinten eine ähnliche Struktur wie Jenny hat. Für kurze Zeit träumt Paul, dass es seine Jenny ist. Das einzige, was von Jenny unterscheidet ist, dass Lea längere, brünette Haare hat und in engen Jeanshose und einem T-Shirt ausgelassen zur Musik tanzt. Lea bemerkt Paul von hinten an sie herankommend nicht und mit einem Schwung dreht sie sich um, nun stehen sich Paul und Lea ganz nah, aber verdammt nah! Paul realisiert mit einem Schreck, dass es nicht Jenny, seine Liebe, ist. Paul schaltet die Musik aus, Lea ist verdutzt. „Warum machst du die Musik aus? Der Song ist der Hammer!", streckt Lea die Hand wieder zur Plattenspieler, um die Musik weiterlaufen zu lassen. Schnell legt Paul seine Hand auf die Hand von Lea und bittet sie inständig, es sein zu lassen. „Habe ich was falsch gemacht?", fühlt sich Lea unsicher und Paul lässt einen Seufzer raus. „Nein, die Musik hat nur eine besondere Bedeutung für mich." „Entschuldige bitte, ich habe das nicht gewusst.", versucht Lea mit einem kurzen Lächeln die peinliche Situation zu überspielen. Paul jedoch nickt nur mit dem Kopf, überreicht Lea den kleinen Verbandkasten und nimmt auf der Couch Platz. Geschickt verarztet Lea die Wunde an Pauls Schläfe und ein Pflaster wird drüber geklebt. „Das sieht schon viel besser aus als dieser komischen Verband", stellt Lea fest und Paul muss grinsen. „Hast du Hunger?", fragt Paul und Lea staunt nicht schlecht, dass Paul vorschlägt, für die beiden eine Gemüsepfanne zu machen. „Du kannst kochen?", überraschend pfeift Lea und Paul begibt sich in die Küche, sucht das Gemüse heraus und möchte anfangen zu schnippeln. „Als Dank, dass du mich nach Hause gebracht hast und meine Wunde versorgt hast", spricht Paul und sieht Lea in die Augen, wendet sich aber wieder von ihr ab. „Kann ich dir helfen? Ich fühle mich sonst nutzlos", schaut Lea Paul über die Schulter, wie er die Zucchini schneidet. „Wenn du es möchtest, gerne", Paul öffnet die Schublade und holt ein scharfes Messer heraus und überreicht sie Lea. „Du kannst die Zwiebeln schneiden." „Kein Problem!", ohne Scheu zieht Lea die Schale der Zwiebel ab und schneidet sie gekonnt in kleine Würfeln. Dabei führen die beiden ein lockeres Gespräch übers allgemeinen Kochen und was das Lieblingsgericht ist. Es duftet so wunderbar in der Küche und der Magen meldet sich langsam mit einem Knurren. In Nu ist der Tisch schon gedeckt, statt Wein gibt es nur Wasser. „Ich kann dir auch Wein anbieten, nur ich nehme keine wegen der Tabletten", sagt Paul und Lea wiegelt ab. „Danke, ich nehme dann auch Wasser. Beim nächsten Mal vielleicht." Das Essen wird auf Teller serviert und Paul wünscht einen guten Appetit. „Das schmeckt wirklich köstlich!", lobt Lea die Kochkünste von Paul. „Ich mag Männer, die auch kochen können und einer Frau unterstützen, den Rücken freihält und vor allem zuhört." „Hört sich so an, als ob du schlechte Erfahrungen hattest", vermutet Paul und liegt damit richtig. „Ja, sowas mache ich nicht noch einmal. Aber ich bin wirklich froh, aus dem Teufelskreis rausgekommen zu sein. Das ist Vergangenheit." „Ist hart, aber Respekt, dass du es geschafft hast!", dabei nimmt Paul einen Schluck Wasser aus dem Glas.

Nach der Arbeit, die Semir teilweise lustlos verbracht hatte, ist er früher als sonst zu Hause und schlägt die Haustür etwas unsanft zu, geht in die Küche und holt sich aus dem Kühlschrank eine Flasche Bier. Durch den lauten Knall kommt Andrea von oben schnell die Treppenstufen hinunter gerannt und ist erstaunt, ihren Mann mit der Flasche Bier um die frühe Nachmittagszeit anzutreffen. „Schatz, ist was passiert?", fragt Andrea, die nun ihrem Mann gegenüber steht. „Kann man so sagen. Ich habe versucht, mit Paul zu reden, aber...pff...", macht Semir und nippt am Bier. „Lass uns nach draussen auf die Terrasse gehen, die Kinder sind oben.", schlägt Andrea vor und beide nehmen sich draussen Platz auf der kleinen Rattancouch. Das Wetter hat sich am Nachmittag gebessert, ein leichter Sonnenschein blickt zwischen den Wolken herab. Semir erzählt seiner Frau, wie das Gespräch verlaufen ist und dass Paul sich von einer Frau nach Hause bringen lässt, die er selbst mal nicht kennt. Bestürzt hört sich seine Frau das alles an und sagt dann:"Gib Paul etwas Zeit, das alles erstmal zu verdauen. Ich bin mir sicher, Paul wird nachdenken und feststellen, dass er sich auch überreagiert hat. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er überstürzt eine Freundschaft abbricht." Lilly kommt auf die Terrasse, freudig fragt sie den Eltern:"Wo ist Paul?" Andrea und Semir sehen sich einen Moment an, Semir bringt seiner Tochter schonend bei, dass Paul nicht mitkommen möchte. „Nur weil ihr euch gestritten habt", mit traurigem Mundwickel dreht sich Lilly um und rennt an ihre grosse Schwester vorbei nach oben ins Kinderzimmer. „Papa! Sag, ihr habt euch nicht vertragen?", nun ist Ayda auch enttäuscht und wendet sich von ihrem Vater ab. „Das auch noch!", ärgert sich Semir und nimmt diesmal einen kräftigen Schluck Bier. Andrea legt ihre Hand auf den Oberschenkel von Semir, streichelt darüber und mit ruhiger Stimme sagt sie:"Ich rede mit den Kinder, bring du das bitte mit Paul in Ordnung." „Ich werde mir Alex vorknöpfen!", fasst Semir einen Entschluss und möchte aufstehen. „Wo möchtest du denn hin?", erschrocken, dass Semir so ruckartig von der Couch aufspringt und zur Haustür geht. „Zu Alex ins Hotel, Klarheit verschaffen!" „Aber zum Abendessen bist du zurück, oder?", ruft Andrea noch hinterher, aber Semir hat schon bereits die Haustür hinter sich gelassen und mit quietschenden Reifen braust er vom Hof ab.

In der Mittagspause chauffiert James Jenny in die Fifth Avenue zu dem Geschäft, in das Jenny unbedingt möchte. James lenkt den Ford Mustang ohne grosse Schwierigkeiten auf den berühmten Broadway und findet in einer ruhigen Strasse einen Parkplatz. Die letzten Meter gehen sie zu Fuss in das Geschäft und zu aller Überraschung ist Jenny erstaunt, dass James und einer der Verkäufer sich mit einem Gib Five Händedruck begrüssen und sich umarmen. Das Gespräch verläuft auf Englisch und James übersetzt später, dass der Verkäufer der Besitzer des Geschäftes ist und sein bester Freund aus der Highschool ist. „Hi, I am Brandon", streckt der Besitzer die Hand raus und Jenny greift zu. „My name is Jenny." Nun schaut sich Jenny kurz um und geht zielstrebig auf das zu, was sie heute Morgen im Schaufenster gesehen hat und fragt nach der gewünschten Grösse. Brandon lächelt und er müsse erstmal im Lager nachschauen. Nun kommt er zurück und Jennys Gesicht zeigt sich voller Freude. Schnell zahlt sie mit MasterCard und die übergereichte Tüte klammert sie so fest in ihrer Hand. „I would like to coming here soon", sagt Jenny und Brandon nickt:"I will be happy, if you want to visit me again." Alle verabschieden sich und James steuert den Ford wieder zurück in das Parkhaus des FBIs Gebäude. „Wir haben es doch geschafft!", jubelt Jenny und James fragt, für wen das in der Tüte gedacht ist. „Für zwei Personen, die mir sehr am Herzen liegen. Danke, James!"

Während der Abend bei Paul und Lea mit guter Unterhaltung langsam dem Ende naht und Paul leichte Kopfschmerzen bekommt, verabschiedet sich Lea von Paul. An der Tür zögert sie keinen Moment und gibt Paul einen Kuss auf die Wange. „Danke für den schönen Abend", schaut Lea Paul in die Augen, dieser umarmt sie freundschaftlich, „und ich danke dir, dass du mich nach Hause gebracht hast." Beim Umdrehen fällt Leas Blick wieder auf die Türklingel und sie fragt:"Hast du noch einen Mitbewohner?" Paul versteht die Frage nicht, nachdem Lea mit dem Zeigefinger auf die Türklingel deutet, begreift Paul, was sie meint. „Ähm,...", zögert Paul mit der Antwort, „...meine Freundin wohnt bei mir." „Aha", kommt von der enttäuschten Lea, „du bist in festen Händen?" „Ja", sagt Paul, mehr möchte er nicht sagen, denn er selbst weiss noch nicht, ob Jenny weiterhin seine Freundin bleibt, oder ob sie sich für Alex entscheidet. Genau diese Entscheidung macht Paul Angst, war er sich sicher, bei Jenny am Ziel seiner Reise angekommen und sein Herz bei ihr gestrandet ist. Nachdenklich steht Paul am Fenster und starrt in die Dunkelheit, macht sich Gedanken um seine Zukunft,während Semir im Hotel angekommen ist, an der Rezeption seinen Dienstausweis vorzeigt und nach der Zimmernummer von Alex Brandt fragt. Mit schnellen Schritten geht er die Treppenstufen nach oben und klopft energisch an der Tür...    

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