Kapitel 124

242 15 8
                                    


Unverhoffter Augenblick...

Im Mercedes hinter dem Steuer wirkt Paul nachdenklich, „Jenny ist merkwürdig, seitdem Alex aufgetaucht ist. So wie sie so gut mit dem Typ unterhält, ja ok, wenn man sich so lange nicht mehr gesehen hat, gibt es vieles zu erzählen. Aber so intensiv, so als ob sie flirten würden. Vielleicht bilde ich mir das nur ein?" Auf dem Beifahrersitz merkt Emilia die Stille, das ihr ein wenig ungewöhnlich vorkommt, denn eigentlich quatschen die beiden meistens bei der Fahrt oder lachen bei einem guten Witz. Von der Seite aus beobachtet Emilia den schweigsamen Paul, der einen traurigen Mundwickel hervor zeigt. „Paul, wer ist der Mann bei Jenny? Und wieso wollte sie nicht mit uns kommen?" Angestrengt überlegt Paul, wie er das Ganze Emilia erklären soll, er sucht nach einfachen Erklärungen. „Herr Brandt war vor mir der Partner von Semir." „Ach so, dann waren Jenny und dieser Herr Brandt Kollegen?" „Ja, kann man so sagen. Jenny war damals traurig, als Alex die Autobahnpolizei verlassen hat." „So schlimm?" Emilia kann das nicht so richtig nachvollziehen. „Tja, wie soll ich es sagen?", seufzt Paul, „ich glaube, du musst noch etwas älter werden, um das Ganze verstehen zu können. Das ist nicht so wie Freundschaften, die kommen und gehen." „Na gut", gibt sich Emilia zufrieden, „dann ist das eine Sache unter euch Erwachsenen." Paul muss bei diesem Satz lächeln, schaut dabei Emilia an, die ihm ihre Hand auf seine Schulter legt und ihn ein wenig tröstet. Bei Lisa angekommen, bemerkt seine Schwester, dass es Paul nicht gut geht. „Hast du Zeit für mich?", fragt Paul und Lisa nickt.

Das Sommerfest neigt sich langsam dem Ende zu, nachdem Paul mit Emilia das Gelände verlassen hat, schaut Jenny die beiden noch hinterher. „Ist das seine Tochter?", fragt Alex. Jenny schüttelt den Kopf. „Nein, seine Nichte. Die beiden sehen sich ähnlich aus, die Kleine himmelt ihren Onkel an." Alex bewegt nur tonlos seine Lippen. Schon muss Jenny schmunzeln, was sie alles erlebt hat mit Emilia und Paul zusammen, in der Zeit, als Emilia übers Wochenende bei Paul war und Jenny wegen der Schulterverletzung von Paul umsorgt wurde, der Geburtstag von Emilia und wie sie sich sehr gefreut hatte, als Emilia erfahren hatte, dass Jenny und Paul ein Paar wurde. „Und hast du Kinder?", möchte Jenny von Alex wissen. „Nein, und ich bin in keiner festen Beziehung", mit dem Kopf in die Richtung schauend, wo gerade Paul mit Emilia gegangen sind, „das ist dein Freund, stimmt?" Mit einem Lächeln auf ihrem Gesicht antwortet Jenny:"Ja, Paul ist mein Freund." „Semir kommt mit ihm klar, oder?" „Ja, beide verstehen sich gut. Wieso möchtest du das wissen?", findet Jenny die Frage etwas merkwürdig. „Ach, nur so. Darf ich nicht fragen?", mit einem kurzen, gequälten Lachen möchte Alex aufstehen und neue Getränke holen. „So wie es aussieht, ist gleich Feierabend hier", stellt Jenny fest und Alex schafft es noch, der Frau hinter der Theke um den Finger zu wickeln und bekommt doch zwei Gläser Bier ausgeschenkt. „Für mich bitte kein Bier", bittet Jenny und bekommt stattdessen ein Glas Wasser zugeteilt. Die zwei Biergläser nimmt Alex zu sich und beide schlendern ein wenig auf dem Gelände herum während einige Mitarbeiter der PAST damit beschäftigt sind, die leeren Gläser auf den Tischen einzusammeln. „Wo übernachtest du eigentlich? Und wie lange bleibst du hier in Deutschland?", möchte Jenny wissen. „Ich bin in einem nahegelegten Hotel untergekommen. Habe Urlaub beantragt und wie lange ich hier bleibe, weiss ich noch nicht. Das hängt von einer Sache ab." „Mhm,...was für eine Sache?", ist Jenny neugierig. Als Alex keine Antwort auf ihre Frage gibt, entschuldigt sich Jenny für ihre direkte Frage. „Schon gut", winkt Alex mit der Hand ab und trinkt dabei das erste Glas Bier in einem Zuge leer.

Finn bringt Dana zu ihrem Mofa, verlegen stehen sich die beiden gegenüber. „Es war ein schöner Abend!", findet Dana und lächelt dabei Finn an, der ihr Lachen erwidert. „Ja, finde ich auch. Nur schade, dass es vorbei ist." „Hey, nicht traurig sein, wir können uns demnächst wieder verabreden." Mit einem nervösen Blick schaut Dana Finn an und auf dessen Gesicht zieht sich der Mundwickel nach oben. „Gerne, warum nicht? Ähm,...", stockt Finn mitten im Satz, „ich weiss nicht, was dein Vater davon halten soll?" „Wieso?" „Na, ich meine, du und ich...", Finn traut sich nicht, den Satz zu vollenden, denn er weiss noch nicht, wie weit Dana auf seine Gefühle eingeht. „Überlass meinen Vater mir, ich bin alt genug und treffe meine Entscheidungen selber!", zeigt sich Dana selbstbewusst, was Finn erleichtert aufatmen lässt. „Da bin ich aber froh!" „Was denkst du denn von mir? Dass ich das mache, was mein Vater von mir möchte? Nee, die Liebe kann man nicht erzwingen. Es muss von Herzen kommen." Finn schaut sie noch eine Weile an, dann gibt er sich einen Ruck. „Hast du nächstes Wochenende schon was vor?" „Ja", sagt Dana ausdruckslos und Finns Lächeln erscheint nicht mehr breit. „Mir dir, wenn du möchtest?", überrascht Dana ihn mit ihrer Antwort und Finn freut es zu hören. „Ich würde dich gerne näher kennenlernen, ich mag dich!" Blitzartig gibt Finn Dana ein Küsschen an ihrer Wange und ist überrascht, was er gerade gemacht hat und über den spontanen Satz, den er gerade aus dem Munde gebracht hat, fühlt sich Finn ein wenig errötet. „Ich mag dich auch!", gesteht Dana und ist dabei, den Helm aufzuziehen. „Komm gut nach Hause!", winkt Finn Dana noch hinterher, als diese mit dem Mofa vom Gelände herunterfährt. Susanne, die einen schönen Abend mit dem sympathischen Markus Winter verbracht hat, lässt sich auf dessen Vorschlag ein, irgendwo in einer Cocktailbar den Abend ausklingen zu lassen. „Ich wüsste eine coole Bar in der Altstadt", hat Susanne eine Idee und Markus holt seinen Autoschlüssel heraus. „Dann musst du mir nur noch den Weg dahin verraten", lächelt er und Susanne scherzt:"Ich bin dein Navi." Auf dem Weg zum Parkplatz kommen die beiden an Jenny und Alex vorbei, Susanne bleibt stehen und verabschiedet sich von den beiden. Zu Alex gewandt:"Sehen wir uns vor deinem Abflug noch mal?" Alex nickt leicht mit dem Kopf, „ich denke schon." Als Susanne Jenny umarmt, flüstert sie ihr leise ins Ohr:"Lass Paul nicht zu lange alleine! Ich kann mir vorstellen, wie er sich gerade fühlt." Aus der Umarmung lösend blickt Susanne Jenny mit ihren Augen an und drückt sie leicht an den Oberarmen. Jenny lächelt sie noch kurz an und schon ist Susanne Arm in Arm mit Markus weg. „Ich unterhalte mich nur normal mit Alex, was soll schon dabei sein?", nachdenklich über Susannes Anspielung in dessen Bezug, was Paul betrifft, grübelt nun Jenny weiter in ihren Gedanken über ihre mysteriösen Träume und den Brief ihrer Oma. „Soll dies eine Warnung sein, was meine Oma mit den zwei Männern meinte? Aber ich will doch gar nichts von Alex, das Kapitel ist abgeschlossen! Ok, sein Auftauchen hat mich zwar umgehauen, aber Gefühle für ihn? Nee, da ist nichts... Ich habe Paul, mit ihm bin ich glücklich, er bringt mich zum Lachen...", ihre Gedanken enden abrupt, als Alex sie mit seinem Ellbogen leicht anstösst und diese zu ihm aufblickt. „Schön, Susanne wieder mit einem strahlendem Gesicht zu sehen!", sagt Alex, der die Sekretärin vor zwei Jahren das letzte Mal gesehen hatte und merkt, wie sich Susanne verändert hat. „Ja, und in Hartmut hat sie einen guten Freund gefunden, sogar Hartmut war bei der Geburt dabei." „Unser Einstein? Ähm, ich meine natürlich euer Einstein, ich bin ja nicht mehr in eurem Team", verbessert Alex seine Aussage und hört sich die Geschichte an, die Jenny ihm erzählt, was alles vor dem Dienstjubiläum von Semir passiert ist und hört ihr aufmerksam zu, lässt seinen Blick nicht von ihr los. Nachdem Jenny die Geschichte zu Ende erzählt hat, merkt sie, dass Alex schon zuviel Bier getrunken hat. Sie schlägt vor, dass sie den Abend beenden und man sich demnächst treffen kann oder was auch immer. „Och, so ein schöner Abend kann man nicht einfach so stehen lassen", hat Alex eine Idee, „du könntest mich zum Hotel begleiten." „Aber Paul holt mich hier ab, das war so abgesprochen." „Ruf ihn doch einfach an und sag, wo du bist", lässt sich Alex nicht abwiegeln, im Gegenteil, er geniesst Jennys Nähe umso mehr. „Gut", auf dem Weg zum Hotel, das eine halbe Stunde dauert, versucht Jenny Paul anzurufen, dabei merkt sie, dass der Akku ihres Handys leer ist. „Ich fahre mit dem Taxi zurück", macht Jenny Plan B. Nun haben die beiden das Hotel erreicht, Jenny möchte an der Rezeption ein Taxi rufen lassen, als Alex sie mit einer Frage überrascht:"Bleibst du bei mir heute Nacht, bitte?" Jenny starrt ihn verwirrt und sprachlos an...    

Mehr als nur Freundschaft?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt