Kapitel 150

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Versöhnung...

Auf der Terrasse trinkt Semir gedankenverloren ein Schlückchen Bier aus der Flasche. Das laute Treiben auf dem Hof scheint er nicht mitbekommen zu haben, zu sehr beschäftigt er sich mit dem Thema Alex und die Freundschaft zu Paul. „Hallo Semir!", sagt Paul, der in der Tür zwischen dem Wohnzimmer und der Terrasse steht. Erschrocken dreht sich Semir von dem Stuhl um in die Richtung, aus der seinen Namen gerufen wurde. „Paul?", ganz langsam kommt ein Lächeln auf seinen Lippen, „was machst du denn hier?" „Ähm, ich wollte gerne nochmal mit dir reden und...", wird Paul ein wenig aufgeregt von Semir unterbrochen. „Möchtest du auch ein Bier? Na komm, setz dich!" Semir steht auf und legt seine Hand auf Pauls Schulter und führt in zu dem freien Stuhl. „...ich möchte mich bei dir entschuldigen, dass ich dich hart rangegangen bin", nun hat Paul es geschafft, sich bei seinem Partner zu entschuldigen. Semir huscht schnell in die Küche und holt aus dem Kühlschrank zwei kühle Flaschen Bier und beim Öffnen entsteht ein kleiner Rauch. Semir überreicht Paul die Flasche Bier und beide prosten sich zu. „Auf die Versöhnung!", sagen beide im Chor. „Du Paul, es tut mir wirklich leid, dass die Sache mit Alex blöd gelaufen ist", beginnt Semir und Paul fügt bei:"Mir auch, ich hätte dich nicht anschnauzen sollen. Aber es hat mich voll getroffen, als ich gehört habe, dass Alex zurück zur Autobahnpolizei will." Beide nehmen einen weiteren Schluck Bier aus der Flasche. „Paul, darüber brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Ich habe der Krüger auch schon Bescheid gegeben, dass ich nicht daran denke, meinen jetzigen Partner gegen Alex auszutauschen. Und Alex habe ich auch klar gemacht, dass ich dich als Partner behalten möchte." Die Erleichterung steht Paul ins Gesicht geschrieben. „Danke, Mann! Sag mal, wie hat Alex das denn aufgenommen, als du ihm gesagt hast, dass kein neuer Partner erwünscht ist?" "Alex meinte, das sei nicht so schlimm. Er habe was anderes in Aussicht." „Aha...". Eine Weile schweigen beide und schauen sich im Garten um. Semir überlegt, ob er Paul von Alex dubioses Geschäft erzählen soll. „Was ist, wenn Susanne zufällig auf das Thema Alex anspricht und Paul es von ihr erfährt statt von mir, seinem Partner? ... Paul hatte mal gesagt, bei einer Partnerschaft sei Vertrauen und Zuverlässigkeit das Wichtigste...Ich will nicht nochmal wegen Alex mit Paul streiten...Ach, am besten lege ich die Karten offen auf den Tisch...", denkt Semir und fasst sich den Mut zusammen. „Paul, ich muss dir was sagen. Versprich mir aber bitte, dass du dich nicht aufregst!" Paul ahnt schon, dass es um das Thema Alex geht und verdreht genervt die Augen. „Schiess los!" Semir räuspert sich einen Moment und nun erzählt er das, was er mit Susanne herausgefunden hat. „Die Krüger wollte mich nicht unterstützen und dass Susanne mir geholfen hat, das weiss die Chefin nicht. Ich bin kurz darauf zu Alex ins Hotel gefahren und wollte ihn mit dem Thema konfrontieren. Er hatte Damenbesuch, ich bin mir sicher, Alex meint es nicht ehrlich mit Jenny. Da steckt mehr dahinter, aber was, das weiss ich nicht. Auf jeden Fall habe ich von ihm verlangt, dass er aus Deutschland verschwinden soll und Jenny in Ruhe lassen soll." „Dachte ich mir doch, dass die Sache zum Himmel stinkt. Und mir kam wirklich komisch vor, dass Alex erst jetzt nach über zwei Jahren auftaucht", stellt Paul fest, denn sein Bauchgefühl stimmt meistens. „Wenn man eine Person liebt, dann kämpft man doch und nicht erst nach zwei Jahren", sagt Paul. Semir muss lachen, Paul schaut ihn verwirrt an und Zuckt fragend mit den Schultern. „Das sagt ausgerechnet du!", Semir muss immer noch lachen, „der Typ, dem die Frauen hinterherlaufen und du dich nie Gedanken über eine ernsthafte Beziehung gemacht hast." Paul grinst schief. „Ach, ja ähm, seit Jenny die Liebe meines Lebens ist, ist mir bewusst, wie wertvoll es ist, sich um eine Person zu kämpfen, wofür es sich lohnt." „Und?", fragt Semir, „wie sieht es bei euch aus?" Ein lautes Seufzen ist von Paul zu hören, er leert die Flasche Bier in einem Zug. „Ich habe ihr eine Nachricht geschrieben, dass ich gerne in ihrem Herzen bleiben möchte..." „Oh, wie romantisch!", werden die beiden Männer von Andrea unterbrochen, die mit zwei Flaschen Bier Nachschub auf der Terrasse steht. Lisa steht neben Andrea und deutet zum Aufbruch auf. „Emilia ist müde, wir wollen gerne fahren. Kommst du mit, oder?", fragt Lisa und Semir bietet Paul sein Gästebett an. „Bist du mir böse, wenn ich das Gästebett nehme?" Paul schaut Lisa fragend an, diese kommt lächelnd auf ihn zu. „Quatsch! Ich freue mich, dass du dich mit deinem Partner vertragen hast! Viel Spass noch und komm doch mal mit Jenny zu uns!" Paul steht auf und umarmt seine Schwester ganz fest. „Danke Schwesterherz! Manchmal brauche ich einen, der mir den Kopf wäscht!", flüstert Paul Lisa ins Ohr und zum Abschied gibt es Küsschen an die Wange. Nun lässt sich Emilia von ihrem Lieblingsonkel knuddeln. „Bis bald, Maus!" Die kleinen Hände von Emilia winken beim Gehen. Andrea begleitet die beiden nach draussen und so bleiben Semir und Paul alleine zurück. Dann fällt Paul ein, dass er eine Nachricht auf seinem Handy bekommen hat und wirft einen kurzen Blick rein. „Oh, eine Nachricht von Jenny?" Semir pfeift, als er Pauls leuchtenden Augen sieht und dieser nickt mit dem Kopf. Jauchzend ballt Paul seine Hand zu einer Faust und ruft:"Yes!" Mehr verrät er Semir nicht, das sei eine Liebeserklärung zwischen den beiden. Er liest ihre Nachricht:„Du wirst in meinem Herzen bleiben!" Nur so viel sagt Paul:"Jenny möchte mir was Wichtiges sagen, wenn sie heimkommt." „Wer war die Frau auf dem Parkplatz am Krankenhaus?", neugierig möchte Semir es wissen. „Du hast dich nicht geändert!", lacht Paul, „das war Lea, ich kenne sie vom Motorradfest. Nix weiter!" „Aha...", hört man Semir lachen. „Es gibt keine Weibergeschichten mehr zu hören! Ab jetzt gibt es nur noch Jenny!", freudig prostet Paul mit der Flasche laut an die Flasche seines Partners. „Deine Weibergeschichten werden mir fehlen", witzelt Semir und Paul lacht spitzbübisch und zwinkert mit seinen rechten Augen. „Tja, dann musst du dir einen anderen Partner suchen." „Nee, mein Beifahrersitz ist schon längst vergeben!"

Als Jenny zurück im Appartement ist, schaut sie im Internet nach einem früheren Flieger zurück nach Deutschland und wird fündig. Dann packt sie den Reiserucksack ein, duscht sich schnell und lässt sich erschöpft ins Bett fallen. Kurz bevor ihre Augen zufallen, lässt Jenny noch Revue des heutigen Tages in ihrem Kopf durchgehen. Vom FBI hat sie ein tolles Jobangebot bekommen, aber gleichzeitig weiss sie auch, dass es schwierig sein wird, unter diesen Umständen eine Fernbeziehung zu führen. Man kann die Zeit schaffen, aber wie weit geht die Liebe dabei? Und mit einem Baby? Das kann Jenny nicht über ihr Herz bringen, sie erinnert sich an die schönsten Zeiten mit Paul, der ihr Leben wieder zum Lachen erblühte, ihr Herz für eine neue Liebe eröffnet hat. „Ich bin wirklich gespannt, wie Paul die Nachricht aufnimmt, dass er vielleicht Vater wird? Er wünschte sich, dass ich die Frau seiner Kinder sein sollte. Kinder? Oh, noch mehr? Würde ich das mit einem anderen Mann vorstellen können? Nein, da krieg ich die Krise! Mit Paul kann ich das vorstellen. Andererseits, das mit Alex hat nicht so funktioniert, wie ich es mir gewünscht habe, ich hätte mir auch nicht vorstellen können, dass ich von heute auf morgen Alex nach Brasilien begleiten würde. Dafür bin ich in der PAST zu sehr verwurzelt, das ist wie eine Familie für mich. Vielleicht fühlte sich Alex so nicht, er wollte unbedingt nach seiner Mutter suchen. Ich kann nachvollziehen, dass er mehr über seine Familie erfahren möchte. Aber dass Alex nicht um unsere Liebe gekämpft hat, das zeigt, wie wenig ich ihm bedeute, dagegen ist das bei Paul anders. Paul versucht mit allen Mitteln, mich zu erobern, mich nach einem schlechten Tag zu trösten und in die Armen zu nehmen, wenn es mir nicht gut geht. Er hat mich schon sehr früh seiner Familie vorgestellt, er wusste bestimmt schon tief in seinem Herzen, dass ich die Frau bin, die er gerne haben wollte. Er hätte jede andere Frau haben können, aber nein. Er will mich! Paul lässt meine Traurigkeit in ein Lächeln verwandeln, meine Sorgen teilt er mit mir, trotz dem Chaos ist er ein guter Mensch mit dem Herz am rechten Fleck!" Voller Aufregung greift Jenny nach dem Lieblingsshirt von Paul und drückt sie fest an sich, berührt ihren Bauch und malt sich aus, wie chaotisch die Wohnung dann sein wird mit dem Bettchen, die kleine Spielsachen. Dabei merkt Jenny, dass sie mehr aufgeregter wirkt als ihr lieb ist...sie wäre jetzt gerne bei Paul und könnte ihm die wunderbare Neuigkeit verkünden... „Er wird Luftsprünge machen oder einen Salto. Ach, was weiss ich denn?" ...    

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