Teil 80

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Lola

Es geht los. Nervös starte ich den Wagen. Während ich durch das Tor fahre, atme ich einige Male tief ein und aus. "Du schaffst das. Bleib ganz ruhig, wir passen alle auf dich auf." Höre ich Vito von hinten reden. "Mmmh." Brumme ich zustimmend. Meine Hände zittern durchgehen und mein Herz pocht wie verrückt. Aber ich werde es schaffen. Es muss endlich ein Ende haben.

An der Praxis angekommen, sehe ich mich vorsichtig um. Doch von Phillip ist nichts zu sehen. Jedoch entdecke ich an der Straßenecke zwei von Enzo's Jungs und das Auto von Mario und Mick. Ok. Gut. Sie sind hier und passen auf. Alles wird gut.

Die Sprechstundenhilfe begrüßt mich sehr freundlich. Nachdem ich das Anmeldeformular ausgefüllt habe, werde ich bereits zum Doc gerufen. Es ist ein freundlich aussehender Mann mit grauen Haaren und Bart. Ich schildere ihm meinen Wunsch mit der Pille. Nach einem Aufklärungsgespräch über Nebenwirkungen untersucht er mich kurz. So genau bekomme ich es nicht mit, denn in Gedanken warte ich nur darauf, gleich draußen auf Phillip zu treffen. Gerade hat er mir ein Rezept und eine Probepackung übergeben, wird die Tür aufgerissen. "Was soll denn das?" Brüllt der Doc. Ich erstarre. Vor mir steht mein Bruder. Er schließt die Tür und grinst mich an. "Hallo Schwesterchen. Lange nicht gesehen." Flötet er gespielt freundlich und mustert den Doc eindringlich, während er mit der Waffe rumfuchtelt. Der Arzt steht wie erstarrt da. Hoffentlich passiert dem netten älteren Herren nichts. "Was willst du?" Lenke ich Phillip's Aufmerksamkeit sofort wieder auf mich. Er schaut mich verächtlich an. "Du hast dir doch hoffentlich keinen Braten in die Röhre schieben lassen, von diesem Italienerpack."Knurrt mein Bruder. Ich straffe meine Schultern. "Und wenn schon. Was geht es dich an?" Sage ich mit fester Stimme. Sofort ist mein Bruder bei mir und scheuert mir eine. "Sei nicht so frech. Ich bin das Oberhaupt der Familie. Zeig mehr Respekt." Brüllt er. Ich muss lachen. "Respekt vor einem Typen, der sich nur mit Fäusten durchsetzen kann. Im Leben nicht." Erwidere ich entschlossen. Phillip kocht vor Wut und ist ein paar Sekunden abgelenkt. Ich will gerade die Waffe in der Handtasche greifen, da packt er mich am Arm und hält mir die Waffe in den Rücken. "Los Fetti. Du willst doch nicht, dass ich dich hier erschieße und das ganze Fett in der Praxis dieses netten Mannes verteilt wird." Zischt er.

Mit der Waffe im Rücken schiebt er mich zum Ausgang. Die Sprechstundenhilfe schaut mich ängstlich an, doch ich versuche aufmunternd zu lächeln. "Los mach die Tür auf." Knurrt mein Bruder. Kaum habe ich die Tür einen Spalt geöffnet, werde ich zu Boden gerissen und lautes Gebrüll ist zu hören. "Alles okay, Süße?" Höre ich Mick. Ich blinzel einige Male und blicke mich um. Vito hat Phillip fest im Griff, der wütend schnaubt. Enzo hilft mir hoch und zieht mich kurz in eine Umarmung. "Alles okay bei dir?" Fragt er besorgt. Ich nicke und starre zu meinem Bruder. "Du dumme Schlampe. Das wirst du bereuen." Brüllt er mich an und windet sich unter Vitos Griff. "Na los gehen wir. Und achtet auf weitere Männer. Ich glaube nicht, dass der Feigling alleine da ist." Ruft Enzo.

Es läuft irgendwie alles wie im Film ab. Plötzlich spüre ich Luca. Dann werde ich zurück gestoßen, da von irgendwoher Schüsse kommen. Vito am Boden. Ich sehe rot. Es darf niemanden etwas passieren, nicht wegen mir oder meiner Familie. Entschlossen laufe ich auf die Straße. Phillip richtet sich gerade auf. Sofort zücke ich meine Waffe und halte sie ihm an den Kopf. Luca ist neben mir. Das spüre ich. Doch all die Geräusche sind dumpf und ich kann den Worten nicht folgen. Da ist nur diese unbändige Wut in meinem Bauch. Mein Bruder soll leiden, so wie ich all die Jahre gelitten habe.

Kurz Blicke ich zu Luca, denn ich spüre seinen besorgten Blick, was ein Fehler ist. Phillip springt auf mich. Reflexartig drücke ich ab. Es geht ein Ruck durch unsere Körper und wir knallen auf den Boden. Mein Kopf tut weh und alles wird schwarz.

"Süße. Geht es dir gut? Baby?" Höre ich Luca und öffne meine Augen. "Hey." Lächel ich schwach und sehe mich um. Mein Bruder liegt Blut überströmt neben mir. Seine Augen sind leer und schauen auf mich. "Ist er Tod?" Flüstere ich. "Ja. Es ist vorbei." Wispert Luca zurück und streichelt mir zärtlich über die Wange. Plötzlich werde ich hoch gehoben. "Wir müssen hier schleunigst weg." Höre ich Leonardo. Nein. Nicht wirklich. Luca's Vater trägt mich auf den Armen und hievt mich ins Auto. Sofort ist Luca bei mir. "Was... Was ist mit Vito?" Will ich wissen. Luca schmunzelt. "Ihm geht es gut. Er wurde nur kurz ausgeknockt. Aber er hat eine schusssichere Weste getragen." Erklärt Enzo von vorne. Ich habe gar nicht mitbekommen, dass Mario, Enzo und Leonardo ebenfalls ins Auto gestiegen sind und wir bereits losgefahren sind. Mit quietschenden Reifen fährt Mario uns nach Hause. Ich kuschel mich an Luca, da ich die Geschehnisse noch gar nicht begreifen kann.

Ich muss wohl eingeschlafen sein, denn ich werde erst wieder wach, als wir vor der Haustür halten. "Hey Süße. Du solltest aus den Klamotten raus." Wendet sich Luca an mich. Ich nicke und lasse mich wie in Trance in mein Zimmer führen. Luca hilft mir beim ausziehen und bringt mich unter die Dusche. "Ich würde gerne mit, aber..." Er zeigt auf seinen Arm. "Soll ich bleiben?" Fragt er besorgt. Ich schüttel den Kopf, denn ich brauche einen Moment für mich. Kaum hat Luca die Tür hinter sich geschlossen, rollen die ersten Tränen über meine Wange. Die ganze Anspannung fällt ab. Es ist vorbei. Phillip ist Tod. Ich bin frei. So viele Gefühle prasseln gerade auf mich ein, doch ich fühle hauptsächlich Erleichterung. Da ist überhaupt keine Trauer. Endlich kann ich leben, so wie ich es will.

Nachdem ich das Blut von meinem Körper und aus meinen Haaren gewaschen habe, schlüpfe ich in meinen kuscheligen rosa Bademantel mit kleinen weißen Wolken. Ich liebe das Teil, auch wenn es nicht gerade sexy ist. Aber das ist mir egal.

Im Zimmer sitzt Luca auf dem Bett. Sofort schaut er mich an. Seine Augen werden dunkel vor Verlangen und auf seinen Lippen bildet sich ein provozierendes anrüchiges Lächeln. Verdammt, er sieht so verdammt sexy aus, wie er da auf dem Bett sitzt. Mein Unterleib beginnt zu kribbeln. Keine Ahnung, ob es noch dem Adrenalin geschuldet ist, aber ich muss ihn einfach spüren. Jetzt.

Der MafiaprinzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt