Teil 93

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Luca

Bin ich eigentlich bescheuert? Warum habe ich nichts gesagt? Ich konnte nicht. Zuerst hatte ich gehofft, dass Lola es nicht gehört hat und dann war ich wie vor dem Kopf gestoßen. Ich könnte mir gerade echt in den Arsch treten.

Noch immer wie in Schockstarre stehe ich hier und schaue Lola hinterher. Ich kann verstehen, dass sie sauer ist. Plötzlich trifft mich eine Faust mitten ins Gesicht. Ich taumel kurz zurück, kann mich jedoch abfangen. Als ich aufschaue, starre ich in Mick's wütendens Gesicht. "Sag mal tickst du noch ganz richtig?" Brüllt er mich an. Und ich stehe völlig stumm dar. Was soll ich sagen, er hat Recht wenn er mir eine aufs Maul haut. Aufgrund meiner fehlenden Reaktion packt Mick mich am Kragen und schüttelt mich. "Fuck. Mann. Du bist auf dem besten Weg alles zu versauen. Willst du das?" Schreit er und ich bin sprachlos. "Was ist hier los?" Höre ich Dad's Stimme wie durch Watte. "Dein Sohn verkackt es gerade mit Lola und macht nichts." Knurrt Mick und schubst mich nach hinten. "Lass uns bitte alleine." Bittet Dad Mick und der Ton verheißt nichts Gutes.

Mick schlägt die Tür mit voller Wucht zu und ich zucke zusammen. Dad kommt näher zu mir und packt mich grob an der gesunden Schulter. "Was ist hier los?" Fragt er in einem eisigen Ton. "Die Physio hat über Lola hergezogen und ich war wie gelähmt. Ich habe nichts gesagt." Erkläre ich kurz. Kurz schaue ich zu meinem Dad und ich sehe wie er seinen Kiefer mahlt. "Ich habe erst gehofft, dass Lola es nicht hört und dann war ich so schockiert, dass jemand sowas wirklich sagt. Es war, als ob sie mich getroffen hätte. Mein Herz tat ebenfalls weh." Versuche ich das unmögliche zu erklären. Mein Vater schweigt. "Ich weiß es klingt total bescheuert, aber ich war wie vor dem Kopf gestoßen. Aber Lola. Sie hat sich gewehrt. Sie war echt toll." Sage ich mit voller Überzeugung. "Na immerhin etwas. Mann Luca. Ich weiß nicht, wie du das glatt bügeln willst." Stöhnt Dad genervt und zwickt sich mit den Fingern an der Nasenwurzel. Ich schüttel ebenfalls ratlos dem Kopf. "Sei ehrlich, entschuldige dich aufrichtig und bete, dass sie dir verzeiht." Sagt er ruhig und klopft mir auf die Schulter. "Sei froh, dass Mick den Schlag übernommen hat, meiner wäre härter ausgefallen." Erklärt er und deutet auf mein Auge. Erst jetzt kommt der Schmerz durch. Aber es ist okay. Ich habe es verdient.

Wild entschlossen Lola auf Knien um Verzeihung zu bitten, suche ich sie. Von Weitem sehe ich sie unter einem Baum sitzen. Als sie mich sieht, wischt sie hastig ihre Tränen weg und zuckt kurz bei dem Blick auf mein blaues Auge zusammen. Bei genauerem Hinsehen sehe ich in ihren Augen, wie verletzt sie ist. "Können wir bitte reden?" Frage ich vorsichtig. Lola schaut mich fest an und ich sehe in ihrem Blick wie sie mit sich kämpft. Scheiße. Schließlich nickt sie. Ich knie mich vor sie und nehme ihre Hand. Sie zuckt leicht und ich denke schon, dass sie sie weg zieht. Doch sie atmet schwer aus und schaut mich an. "Es tut mir wirklich aufrichtig leid. Ich war ein kompletter Idiot." Gestehe ich. Schweigend wartet Lola ab. "Es hat mich ebenfalls dermaßen verletzt, dass mir die Worte fehlten. Ich habe keine Ahnung was mit mir los war. Aber mein Kopf war vollkommen leer." Erkläre ich ihr. "Zunächst hatte ich gehofft, dass du es nicht gehört hast." Füge ich hinzu. Lola schnaubt verächtlich. "Selbst wenn ich es nicht gehört hätte, auch da hast du nichts unternommen?" Erwidert sie. "Du hast Recht. Eigentlich hätte ich sie nach der ersten Stunde schon rausschmeißen müssen. Becca war unverschämt und übergriffig." Gestehe ich. "Ich wollte einfach nur die beste Therapeutin, damit ich wieder fit werde." Erkläre ich weiter. "Bitte Süße. Verzeih mir. Ich will und ich werde zukünftig voll und ganz hinter dir stehen." Schwöre ich ihr und flehe sie förmlich an. Lola kaut nachdenklich auf ihrer Lippe. "Du hast mich verdammt noch mal verletzt und im Stich gelassen. Das kann ich nicht so einfach vergessen. Aber ich werde dir verzeihen und noch eine Chance geben. Eine letzte Chance." Betont sie. Mir fallen tausend Steine vom Herzen. "Ich weiß, dass du mir genauso gut einen Laufpass geben könntest. Deshalb. Danke für die Chance. Ich werde dich nicht enttäuschen. Versprochen." Wispere ich und möchte sie küssen. Doch sie weicht aus und steht auf.

Den restliche Tag bin ich vollkommen angespannt. Lola hat zwar gesagt, sie fliegt mit nach New York, aber ich habe die ganze Zeit Angst, dass sie kurzfristig einen Rückzieher macht. Von Mum und von Claire habe ich noch eine Standpauke und einen Schlag in den Nacken bekommen. Auch dies habe ich reunmütig über mich ergehen lassen.

Als es dann soweit ist und wir zum Flughafen fahren, sehe ich Lola seit Stunden wieder. Sie lächelt, aber es erreicht nicht ihre Augen. Als Claire sich von ihr verabschiedet, weint sie. Auch Enzo nimmt sie in den Arm. "Wenn du nach Hause willst, ein Anruf genügt und ich schicke dir den Jet." Höre ich ihn sagen. Es ist wie ein Stich ins Herz. Er glaubt anscheinend nicht daran, dass ich es hinbekomme. Enzo wirkt mir gegenüber wirklich etwas distanziert. Er ist der Einzige, der nichts dazu gesagt hat. Vielleicht ist er enttäuscht von mir. Doch in Lola's Gegenwart wird er sich jeden Kommentar verkneifen. "Mach's gut. Danke für deine Hilfe." Ist die einzige Verabschiedung die ich bekomme. Zurecht.

Claire nimmt mich in den Arm. "Pass auf unsere Kleine auf. Und trag sie auf Händen. Nichts anderes hat sie verdient." Flüstert sie mir ins Ohr und ich habe tatsächlich einen Kloß im Hals.  Daher nicke ich kurz.

Die Fahrt zum Flughafen erfolgt schweigend. Selbst Mum fällt gerade nichts ein. Sie sitzt mit Lola hinten, während Dad und Aurora im zweiten Wagen sitzen. Mario, der uns fährt, schaut immer wieder zu mir rüber, sagt aber nichts. Gerade als ich in den Flieger steigen will, hält Vito, der den anderen Wagen fährt, mich auf. "Hast du ihr wenigstens gesagt, dass du nicht wieder nach Italien kommst?" Ich schütteln den Kopf und starre reinmütig auf meine Füße. "Fuck Mann. Du legst es ja förmlich drauf an." Zischt er mir zu.

Im Flugzeug angekommen nimmt Lola tatsächlich den Sitz neben Aurora. Irgendwie brodelt eine riesen Wut in mir. Auf mich und die Situation. Wie soll ich mit ihr reden, wenn sie mir aus dem Weg geht? Warum ist sie dann überhaupt mitgekommen? Ich genehmige mir einige Whisky und beobachte Lola zwischen den Sitzen durch. Irgendwann wirkt der Alkohol und bin tatsächlich eingeschlafen.

Der MafiaprinzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt