Teil 26

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Lola

Ich habe kaum geschlafen. Die ganze Nacht ging mir das Gespräch mit Luca nicht aus dem Kopf. Sein trauriger, schuldbewusster Blick geht mir nicht aus dem Kopf. Mein Herz hat laut *verzeih ihm* geschrien, aber mein Kopf hat das rote Warnlicht aufblinken lassen. Ich bin so verkorkst, dass ich niemanden traue, der es vielleicht gut mit mir meint. In der Vergangenheit bin ich leider zu oft verletzt worden.

Um den Kopf frei zu bekommen, habe ich kurzerhand Mick geschrieben, ob wir trainieren können. Seine Antwort kam sofort, dass er bereits im Gym ist und er alle in 5 Minuten vor die Tür gesetzt hat. Nur für mich, ist das nicht toll?

Naja, ein wenig schlechtes Gewissen habe ich schon, allen den Zugang zum Sport zu verwehren. Aber die Scham überwiegt und ich klammere die anderen aus. Vorsichtig laufe ich zu dem Nebengebäude, wo sich das Gym befindet. Ich möchte wirklich nicht, dass mich jemand sieht, schon gar nicht Luca. Daher bin ich froh, als ich nur auf Mick treffe. "Bereit für eine weitere Runde?" Begrüßt er mich.  "Aber sowas von." Lache ich ihm entgegen.

Nach ein paar Aufwärmübungen geht es dann an den Boxsack. Mick zeigt mir immer wieder, wie ich die Schläge richtig ausführe. Es ist wirklich anstrengend und bringt mich schnell an meine Grenzen. Frustriert gebe ich auf. "Kopf hoch. Es wird jedes Mal besser. Das verspreche ich dir." Zwinkert er mir aufmunternd zu. Ich streiche mir die verschwitzten Haare aus der Stirn und komme langsam wieder zu Atem. "Hoffentlich habe ich heute Nachmittag kein Muskelkater. Ich bin nämlich noch verabredet." Erzähle ich beiläufig. "Hat Luca dich also endlich gefragt." Vermutet Mick. "Eh. Nein. Umberto und ich machen einen Ausflug. Wir fahren zum Strand." Kläre ich ihn auf, was ihn jedoch die Stirn runzeln lässt. "Als Freunde." Schiebe ich schnell hinterher. "Warum sollte Luca mich fragen?" Kommt es mir in den Sinn. "Keine Ahnung. Hab ich vielleicht falsch verstanden." Redet Mick sich raus verzieht das Gesicht aber komisch.

Nach einer heißen Dusche sitzen wir alle gemütlich beim Frühstück. Heute ist auch Rosa mit ihre Familie dabei. Beiläufig lasse ich fallen, dass ich später mit Umberto unterwegs bin. Plötzlich ist es mucksmäuschenstill am Tisch. Hab ich was falsches gesagt. "Ich habe doch heute frei, oder?" Wende ich mich an Claire, die mir zwar zu nickt, aber irgendwie gequält aussieht. Doch ehe ich weiter nachfragen kann, stürmt Luca aus der Küche. Verwirrt schauen ihm alle hinterher, sagen aber nichts dazu.

Umberto holt mich pünktlich ab. Ich habe mich durchgerungen eine Badeanzug unter meine Shorts und T-Shirt zu ziehen. Nur für alle Fälle. Aber ich denke nicht, dass der zum Einsatz kommt. Seitdem wir das mit dem Date geklärt haben und freundschaftlich an die Sache ran gehen, ist es wesentlich entspannter zwischen uns. Wir quatschen und lachen viel. Er könnte wirklich ein guter Freund werden. Mein allererster Freund. Hoffentlich verarscht er mich nicht.

Wir schlendern gerade die Promenade entlang und ich kann es nicht lassen, jedes Souvenirgeschäft zu durchstöbern. Umberto macht sich schon lustig, aber ich liebe es durch die kleinen Geschäfte zu streifen und den eigentlich unnützen Kram anzuschauen. Doch irgendwie kribbelt mein Nacken. Eher auf die unangenehme Art und Weise. Ich fühle mich beobachtet. Doch wer sollte es schon sein? Mich kennt hier niemand.

An einem Stand probiere ich gerade eine Sonnenbrille an. Das habe ich in Kinofilmen gesehen, dass man so die Umgebung abchecken kann. Doch als meine Augen eine Person ausmachen, die uns beobachtet, läuft es mir kalt den  Rücken runter. Nein. Das kann nicht sein. Er hat wirklich jemanden geschickt. Erschrocken zucke ich zusammen. "Hey, alles okay. Ich fand eigentlich, dass dir die Sonnenbrille steht. Darf ich sie dir schenken?" Fragt Umberto. Völlig von der Rolle stimme ich zu.

Mit der Sonnenbrille kann ich nun auch unauffällig die Umgebung beobachten. Auch als wir uns etwas zu trinken kaufen, sehe ich ihn auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Er ist es wirklich. Mein Bruder Phillip. Scheiße. Was will er hier?

"Sag mal. Wollten wir nicht noch zum Strand?" Frage ich Umberto und schiebe ihn unauffällig die Straße hinunter. "Ja. Auf jeden Fall. Aber da müssen wir ein Stück mit dem Auto fahren. Die Bucht ist etwas versteckt, hinter einem Wald." Erklärt er. Na hoffen wir mal, dass mein Bruder uns nicht folgt.

Während der Autofahrer schaue ich immer wieder in den Rückspiegel. Doch ich sehe kein Auto, das uns folgt. Daher atme ich erleichtert aus. "Alles okay bei dir?" Fragt Umberto besorgt. Scheiße. Was sag ich bloß? "Eh. Ja alles gut. Ich versuche mir nur den Weg zu merken, dass ich die Bucht wiederfinde." Lüge ich.

Nach einigen Minuten sind wir schließlich auf einem Parkplatz an einem Waldstück. Es stehen nur zwei weitere Autos dort und niemand sitzt dort drin. Auch befindet sich kein weiteres Fahrzeug auf der Landstraße. Gott sei Dank. Etwas entspannter kann ich nun den Tag weiter genießen. Umberto zaubert eine Picknickdecke und eine Kühltasche aus dem Auto. Zusammen laufen wir den kleinen Waldweg durch die Pinien hindurch. "Ich höre und rieche das Meer schon." Stell ich fest. Umberto nimmt meine Hand und lächelt mich an. "In 3....2...1... Siehst du es auch." Grinst er. Und tatsächlich, vor uns liegt eine kleine Bucht. Umringt von großen Felsen stehen wir an einem leeren Sandstrand. Kein Mensch ist zu sehen. Nur das Rauschen des Meeres und die tief stehende Sonne ist zu erkennen. Umberto legt die Picknickdecke aus und wir lassen uns darauf sinken. "Wao. Das ist echt schön hier." Sage ich mit Blick aufs Meer. So sitzen wir einige Zeit da und schauen dem Sonnenuntergang zu. Diesmal erzählen wir nicht viel. Immer wieder kommt mir Phillip in den Sinn. Was bezweckt unser Vater damit, ihn zu schicken? Vielleicht hätte ich doch den ein oder anderen Anruf annehmen sollen. Aber nur, um mir Beschimpfungen anzuhören. Nein danke. Das will ich nie wieder.

Kaum, dass die Sonne unter gegangen ist, fröstelt es mich, sodass wir beschließen wieder nach Hause zu fahren. Während der gesamten Fahrt beobachte ich den Außenspiegel, ob uns doch jemand folgt. Aber es ist niemand zu sehen. Warum auch. Mein Bruder weiß wo ich wohne und er wird wohl nicht so dumm sein und bei den Mancini auftauchen. Hoffe ich zumindest. Irgendwie muss ich es schaffen, ihn morgen alleine zu treffen, um zu hören, was das ganze soll.

"Danke für den schönen Tag.... Und die Sonnenbrille." Verabschiede ich mich vom Umberto. "Ich hab zu danken. Es war echt schön." Erwidert er. Schnell umarme ich ihn und steige dann aus dem Auto. Während Umberto wegfährt, schaue ich ihm gedankenverloren hinterher. Er ist wirklich nett. Und irgendwie tut es mir leid, dass das mit uns nicht geklappt hat. Aber ich kann nunmal nichts für meine Gefühle. Ich muss einfach herausfinden , was das mit Luca ist. Will er mich nur ins Bett kriegen oder sollte er tatsächlich mehr Interesse an mir haben. Ha ha. Lola. Guter Witz. *Dich fette Göre wird nie jemanden haben wollen. Du bist zu nichts zu gebrauchen.* Kommen die Worte meines Vaters wieder hoch. Schnell blinzel ich meine Tränen weg.

Der MafiaprinzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt