Kapitel 87

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Als ich das nächste mal wach wurde schien die Sonne draußen schon. Ich löste mich langsam von Wincent und sah auf mein Handy. Kurz nach zehn. Ich beschloss einfach noch einen Moment liegen zu bleiben und Wincents Nähe zu genießen, immerhin ist es damit Morgen erstmal wieder vorbei. Ich griff einmal über ihn rüber, um sein Handy zu nehmen. Er hatte mir irgendwann mal seinen Code gesagt, sodass ich es entsperren wollte. Ich wollte natürlich nicht spionieren, sondern öffnete seine Wecker, um zu sehen, zu welcher Uhrzeit er sich den Wecker gestellt hatte. „10:30", das geht ja noch. Ich legte unsere beiden Handys neben mich auf die Matratze und kuschelte mich wieder fester an Wincent. Ich dachte ein wenig über den heutigen Tag nach. Wie werde ich meinem Vater sagen, dass ich einen neuen Freund habe? Wie erkläre ich ihm, dass ich momentan bei einem Sänger arbeite? Und vor allem: Wie bringe ich ihm bei, dass mein Freund dieser Sänger ist und dass er 7 Jahre älter ist als ich? Ich habe keine Ahnung und ich muss es wohl oder übel einfach auf mich zukommen lassen. Gerade als ich begann mir sämtliche Horrorszenarien vorzustellen begann Wincents Wecker zu klingeln. Wobei: Klingeln ist die Untertreibung des Jahrhunderts. Das Ding schrie uns an und ich stand auf einmal wie ne eins im Bett. Ich versuchte den Wecker auszuschalten und irgendwie gelang es mir auch. „Fuck", murmelte Wincent und hielt sich beide Hände vors Gesicht, als wieder Stille im Raum war. „Das kannst du laut sagen.", sagte ich und ließ mich wieder zurück ins Bett fallen. Wincent zog mich sofort zu sich und drückte mir einen Kuss auf die Stirn. „Wann soll ich dich denn zum Zug bringen?" „Wenn einer fährt.", lachte ich. „Haha sehr lustig. Also Kevin meinte wir könnten so gegen 11 Frühstücken und kurz nach 12 fährt einer. Kevin und ich würden dann direkt weiter zum Studio und ich komme dann irgendwann nach, richtig?" „Klingt gut. Ja, wenn du so gegen halb vier da sein könntest." Wincent nickte und ich setzte mich langsam wieder auf. Wir standen beide relativ bald auf und machten uns fertig. Wincent wählte eine von den Hosen, die er sonst nur auf der Bühne anhat, also eine seiner schicken Jogginghose. Ich entschied mich für ein relativ schlichtes Outfit, aus einer hellen Jeans und einem lockeren schwarzen Shirt. Im Bad trug ich, wie immer, ein leichtes Alltagsmakeup auf und kurze Zeit später saßen wir alle in der Küche und frühstückten. Ich hatte Louis auf dem Schoß, weil er irgendwie die ganze Zeit zu mir wollte. Lisi betonte tausend mal, dass ich das nicht machen muss, wenn ich in Ruhe essen möchte, doch mich störte das überhaupt nicht.

Um kurz nach zwölf saß ich dann tatsächlich im Zug auf dem Weg zu meinem Vater. Ich schrieb ihm kurz eine Nachricht, wann er mich abholen sollte und versuchte dann während der Fahrt ruhig zu bleiben. Am Bahnhof angekommen warteten mein Vater (Axel) und Jeremy schon auf mich. Sie begrüßten mich sehr überschwänglich und dann fuhren wir zu ihnen. Sie wohnen in einem wirklich kleinen Dorf auf einem alten Bauernhof. Es gibt zwar keine Tiere mehr, aber das Feeling ist trotzdem noch da. Wir setzten uns auf die Terrasse und dort konnte ich auch endlich meine Stiefmutter (Gesa) begrüßen. Wir unterhielten uns erstmal allgemein und ich versuchte so lange es geht drum rum zu kommen ihnen von Wincent zu erzählen.

A: „Was machen wir denn heute noch so? Du siehst ja nicht gerade so aus, als ob du länger bleiben wolltest, Isa."

I: „Ja, ich muss heute Abend wieder weg. Und zu dem, was wir heute noch machen. Wir bekommen nachher noch Besuch. Ich möchte euch jemanden vorstellen und ich würde euch bitten euch nachher freundlich und entspannt zu verhalten."

G: „Das sind wir doch immer. Willst du uns vorher schonmal ein bisschen was erzählen."

I: „Lieber nicht. Ich denke er sollte die Chance haben sich selbst vorzustellen."

Die beiden nickten nur skeptisch. Gott ist das jetzt schon unangenehm. Ich wollte mir gerade überlegen, wie ich aus der Situation entkomme, als Jeremy zu uns kam. „Isa? Kommst du mit?", fragte er mit einem Hundeblick und zog an meiner Hand. Ich stand auf und folgte ihm ohne zu fragen, wo er hin will. Er zog mich ins Haus und navigierte mich dann in sein Zimmer. Wir setzten uns auf den Boden und er zeigte mir erstmal sein neustes Lego. Zwischendurch bekam ich eine Nachricht von Wincent, dass er sich gleich auf den Weg macht und dass ich ihm die Adresse nochmal schicken soll. Ich antwortete nur schnell und konzentrierte mich dann wieder auf meinen kleinen Bruder. Als wir eine Weile gespielt hatten versuchte ich ein Gespräch zu beginnen.

I: „So kleiner. Magst du mir jetzt mal erzählen, was los ist? Du meinest ja am Telefon die ganze Zeit, dass es etwas gibt, worüber du mit mir reden möchtest."
J: „Ja... Mama und Papa kann ich das nicht sagen, aber du musst mir versprechen, dass du es Keinem sagst."
I: „Werde ich nicht."
J: „Also naja... Es geht um die Schule. Irgendwie komme ich da momentan gar nicht mehr richtig mit und die in meiner Klasse sind auch alle gemein zu mir. Vor den Ferien ging das alles noch, aber ich weiß gerade einfach nicht mehr weiter. Mama und Papa sagen immer ich soll mehr lernen, aber ich verstehe es einfach nicht und dann noch die Leute in meiner Klasse."
I: „Das klingt wirklich nicht schön. Hast du schon mal mit deinen Lehrern geredet?"

J: „Die haben nur gesagt, dass ich mir überlegen soll, ob ein Gymnasium die richtige Schule für mich ist und zu der Sache mit meinen Mitschülern haben sie gar nichts gesagt."

I: „Ach Mensch. Jeremy, ich weiß gerade auch nicht wirklich, was ich dir da jetzt raten soll. Das einzige, was ich dazu sagen kann werden Papa und Gesa nicht hören wollen. Nicht jeder muss ein Abitur machen. Es gibt auch so viele schöne Berufe, für die man nicht ein super tolles Abi haben muss. Pass auf, wir machen das so: Du versuchst dich jetzt in der Schule nochmal so richtig anzustrengen. Wenn du Hilfe brauchst kannst du mich immer anrufen. Und wenn deine Noten bis Weihnachten nicht besser werden, du aber wirklich alles gegeben hast, dann rede ich mit Papa und Gesa, dass du vielleicht doch die Schule wechseln darfst."

J: „Danke Isa. Ich verspreche dir ich werde mich ganz doll anstrengen."

I: „Und was deine Mitschüler angeht: Versuch es zu ignorieren. Ich weiß, dass das schwer ist, aber du schaffst das. Halt dich an diejenigen, die dir gut tun."
J: „Mach ich."

Fehler oder Schicksal //Wincent Weiß FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt