Kapitel 187

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Hinter der Bühne herrschte schon etwas Aufregung, weil sich alle auf die Show vorbereiteten. Ich wollte gerade nochmal die Bühne checken, als mir Wincent entgegen kam. Ich lächelte nur einmal flüchtig und war schon auf der letzten Stufe der Treppe, wo er mich zurückzog. „Falls wir nachher keine Zeit mehr haben. Ich liebe dich. Ich hätte es dir gerne nochmal in Ruhe vorgespielt, aber du schaffst das auch so.", sagte er und zog mich in seine Arme. Das Lied, Kein Lied, ich hatte es schon wieder voll vergessen. „Ich liebe dich auch.", war meine einzige Antwort. Ich legte meine Lippen kurz auf Wincents, bevor mir mein Funkgerät mitteilte, dass ich dringend weiter machen muss. „Ich muss weiter. Wir sehen uns spätestens nach der Show. Ich bin heute im Publikum.", lächelte ich und küsste Wincent ein letztes Mal, bevor ich die Bühne betrat und alles kontrollierte.

Nachdem Bengio seine Songs gespielt hatte, checkten Amelie und ich nochmals die Bühne und dann ging Wincents Show los. Ich schnappte mir meine Meet and Greet Zettel und lief Außenrum in den Zuschauerraum. Mein Bruder hatte mir noch geschrieben, dass sie relativ dicht an der Tür stehen und so war es dann auch. Ich stellte mich zu ihnen und Jeremy kuschelte sich sofort an mich. Nach den ersten Liedern verabschiedete ich mich nochmal kurz, um ein paar der Meet and Greet Zettel zu verteilen, bevor ich mich wieder zu meiner Familie gesellte. Wincent stand gerade brennend auf der Bühne und ich kassierte einen schockierten Blick von Gesa. „Man gewöhnt sich dran.", schmunzelte ich und konzentrierte mich wieder auf die Show von meinem Freund. Nachdem Wincent gelöscht war, begann der Umbau auf der Bühne und der Flügel stand vorne auf dem Steg. Ich atmete einmal tief durch und stellte mich bewusst ein Stück weiter hinter meine Familie. Das Licht wurde dunkler und Wincent sang die ersten Worte. Ich spürte direkt, wie mir wieder die Tränen in die Augen stiegen und beim Refrain gab es kein Halten mehr. Meine Familie merkte zum Glück nichts, doch irgendwann drehte sich Paul zu mir und sah mich besorgt an. Er griff meine Hand und zog mich noch weiter nach hinten, sodass mein Vater, Gesa und Jeremy bloß nichts mitbekamen. Ohne irgendwas zu sagen schloss er mich in seine Arme. Nachdem mein Schluchzen etwas weniger geworden war, sah er mich an und strich mir die Tränen von der Wange, bevor er seine Lippen vorsichtig auf meine Stirn legte. Ja, ich hatte schon immer ein besonderes Verhältnis zu meinem Stiefbruder und solche Gesten waren bei uns normal. Als das Lied zu Ende war, nahm er mich noch einmal fest in den Arm und wir stellten uns langsam wieder zu meiner Familie. Wir genossen gemeinsam noch das Ende der Show, bevor ich mich mit meiner Familie gemeinsam zum Backstageeingang bewegte. Erst jetzt fiel mir auf, dass ich ihre Besucherpässe vergessen hatte und wählte deshalb Amelies Nummer. Glücklicherweise ging sie sofort ran, doch irgendwas stimmte nicht.

A: „Ja."

I: „Hey Amelie, ich hab die Besucherpässe für meine Familie vergessen, kannst du mir die schnell bringen?"
A: „Lass deine Familie kurz stehen und hol sie dir selber, ich kann gerade nicht sorry."

I: „Ähm okay."

A: „Und dann bring direkt die Fans mit."

I: „Mache ich. Alles gut bei dir."

A: „Klären wir später."

Okay, da stimmt etwas gewaltig nicht. Ich erklärte meiner Familie kurz die Situation und verschwand dann hinter der Bühne. Der Abbau hatte schon begonnen und ich joggte durch die Gänge. Im Büro schnappte ich mir die Pässe und lief dann zurück. Kurz vor der Bühne bog ich um eine Ecke und rannte voll in jemanden rein. Ich konnte mich überhaupt nicht mehr fangen und fiel rückwärts auf den Boden. „Schatz.", nahm ich Wincents Stimme wahr. Ich rappelte mich schnell auf und murmelte nur ein „Sorry.". „Was ist los?", fragte er. „Hab die Pässe für meine Familie vergessen, Amelie ist komisch und ich muss jetzt die Fans holen. Kommst du selbst zum Raum?", ratterte ich runter. „Ich geh flott duschen, dann komme ich.", sagte Wincent, während ich schon fast am anderen Ende des Ganges war.

Die nächsten Stunden vergingen einfach wie im Flug. Während des Meet and Greets saß ich mit im Raum und meine Familie wartete in Wincents Garderobe. Natürlich kamen Fragen zu Wincent und mir, doch ich reagierte einfach gar nicht. Es gab keinen einzigen Blick und keine Berührung zwischen uns, weil ich im Kopf die ganze Zeit bei Amelie war.

„Ich muss nach Amelie gucken.", murmelte ich Wincent ins Ohr und verließ den Raum, ohne, dass er noch was sagen konnte. Ich lief durch die Gänge und traf irgendwann Manu. „Hast du Amelie gesehen?", fragte ich hektisch. „Die ist vor ner halben Stunde raus, warum?", stellte er eine Gegenfrage. „Sie war eben mega komisch, ich muss mit ihr reden.", sagte ich. „Hm, wie gesagt, ich würde es mal bei den Bussen versuchen."

Ich eilte nach draußen und fand dort tatsächlich Amelie, welche sich vor den Eingang des Busses gekauert hatte. „Hey, was ist los?", flüsterte ich und hockte mich neben sie. Sie sah mich nur an und sagte nichts. Da wir beide keine Jacke anhatten, gab ich den Code an der Bustür ein und nahm dann Amelies Hand. Ohne sich zu wehren ließ sie sich in den Bus ziehen, wo wir uns in die Lounge setzten. Ich holte uns beiden was zu trinken und wartete einfach. Irgendwann atmete Amelie tief durch und begann zu reden. „Ich hab Scheiße gebaut..."

Fehler oder Schicksal //Wincent Weiß FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt