Kapitel 99

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Vor solchen Fragen hatte ich immer Angst: „Naja..." stotterte ich los „ also, das passiert... wenn sich zwei Menschen ganz doll lieb haben." Er schaute mich verwundert und entsetzt an: „Aber ich habe dich auch ganz doll lieb!" Sophia schritt in das Gespräch ein: „Nein, du Dummi! Wenn sich zwei erwachsene Menschen, die nicht verwandt sind, lieb haben! Dann kommt nämlich der Storch, wenn die ein Baby möchten und bringt das!" Ich lachte und die Zwei schauten mich zur Bestätigung an. Ich antwortete nur: „Ja, so ähnlich." Felix hüpfte vor Freude: „Also bekommen wir morgen ein Baby, wenn der Storch kommt?" „Ach Felix, ich erkläre dir das ein anderes Mal genauer, das geht nicht so schnell!" Damit gab er sich zufrieden und wir begannen ein Spiel zu spielen.

Danach gab es Abendessen und die Kinder machten sich bettfertig.

Ich telefonierte vorm Einschlafen noch kurz mit Florian, denn wir hatten eine Überraschung geplant. Sophia hatte an dem Freitag, vor Florians Show, schulfreien Tag, deswegen beschlossen wir, dass ich mit Felix und ihr nach Graz komme. Auch meine Eltern wollten mitkommen, denn meine Mutti hatte Geburtstag und wollte deswegen mit.
Als ich das den Kindern erzählte sprangen sie vor Freude durch die Wohnung. Doch es gab noch eine Überraschung – wir übernachteten auf einem Reiterhof, denn Sophia liebte Pferde und Felix Tiere im Allgemeinen. Meine Eltern waren in einem Hotel in der Nähe.

Als Sophia am Donnerstag aus der Schule kam hatte sie schon totale Vorfreude und auch Felix konnte es nicht mehr erwarten.

Am nächsten Morgen ging es dann los. Meine Eltern sind schon einige Tage eher geflogen, denn meine Mutter hatte direkt an dem Freitag Geburtstag.

Als wir ankamen erkundeten die Kinder erst einmal den Hof, warm eingepackt ging es los, jede einzelne Ecke wurde untersucht. Und dann ging es noch zu meinen Eltern ins Hotel. Wir feierten gemeinsam und besuchten am Abend auch die Generalprobe von Flo.
Ich empfing ihn überglücklich hinter den Kulissen. Er gab mir einen Kuss und begrüßte auch die anderen.
Es wurde noch ein wunderschöner Abend.
Wir hatten eine kleine Wohnung auf dem Reiterhof. Bevor Flo aus dem Bad kam, kam Sophia in unser kleines Zimmer gerannt,: „Du Mama? Wann wird eigentlich dieser Film von Papas Show ausgestrahlt?" Ich schaute sie verwundert an: „Na morgen Schatz, da gehen wir doch hin!" „Nein, nicht der! Ich meine der, wie heißt das, hinter der Bühne da!" fragte sie aufgeregt „Meinst du das Magazin? Nächste Woche Freitag, warum?" „Da bin ich doch dabei. Papa hat heute mit mir vor der Kamera gesungen und ich durfte etwas ins Mikro sagen!"
Ich war über diese Aussage etwas geschockt und schickte Sophia sofort ins Bett. Als Flo sich neben mich legte und mich küssen wollte, drehte ich mich weg. Er war verwundert und ich sprach ihn wütend darauf an: „Du hast Sophia vor die Kamera geschleift? Spinnst du?"
Er wollte mich streicheln, doch ich rückte weg: „Lene, sie wollte es und was ist schon schlimm daran?" Ich schüttelte sauer mit dem Kopf und schrie ihn, etwas zurückhaltend, an: „Du weißt genau, dass ich das nicht möchte. Wir wollten es Beide nicht. Mir hat es schon gereicht, dass sie zweimal in Zeitungen stand! Ich möchte das nicht!" Grob antwortete er mir: „Es geht ja auch nicht immer nur darum, was du willst."
Eingeschnappt und enttäuscht drehte ich mich zum Fenster und Flo genau in die andere Richtung. Diesmal schliefen wir ohne einander ein.
Am nächsten Morgen waren wir wieder freundlich zu einander. Die Sache kam auch nicht noch einmal zum Gespräch. Flo musste nochmal einiges durchproben, deswegen blieben die Kinder und ich auf dem Hof.
Es fing tatsächlich an zu schneien – so kalt war es, obwohl es erst November war. Sophia und ich durften reiten. Natürlich nur im abgesperrten Bereich und nicht im Wald, denn Sophia konnte es noch nicht so gut. Felix war damit beschäftigt den Stall zu erforschen, er durfte sogar auf den Heuboden. Auch meine Eltern kamen dazu und spielten mit den Kleinen.
Nachdem wir Mittag essen waren kümmerten sich meine Eltern weiter um die Kinder, denn Flo wollte noch etwas Zeit mit mir verbringen. Wir waren auf den Reiterhof im Zimmer, meine Eltern waren mit unseren Süßen in ein Spaßbad gegangen.
Flo saß neben mir auf dem Sofa und wollte mir die ganze Zeit etwas sagen, doch er traute sich nicht. „Was ist los Schatz?" fragte ich neugierig und rückte immer näher zu ihm. Er nahm meine Hand und sagte schüchtern: „Michael hat mich gefragt, ob Sophia in der Sendung Geige spielen darf?" Genervt rückte ich wieder weg und erwiderte: „Du willst es nicht verstehen, oder?" Er kam näher zu mir, doch ich wich aus. „Sophia soll nicht in das öffentliche Leben, noch nicht jetzt, erst wenn sie alt genug ist und das möchte!" begann ich aufgebracht zu reden. Flo meinte aber: „Sie ist 6! Und sie möchte es unbedingt. Es gefällt ihr und ich kann sehr gut einschätzen, was zu viel ist! Du musst mir vertrauen."

Ich begann ihn anzuschreien: „Ich will es aber nicht! Sophia gehört nicht in die Öffentlichkeit." Nun wurde auch Flo immer lauter: „Was du willst spielt hier keine Sache. Ich dachte immer dir liegt so viel an den Interessen deiner Kinder!"
Mir tat es weh solche Vorwürfe zu hören und langsam glitt ich ins Brüllen über: „Weißt du was? Wenn du denkst, dass ich ihr im Weg stehe, dann kann ich auch gehen. Immerhin zählt es ja nicht mehr, was ich will!" Wortlos verließ Flo schon während meiner Ansprache das Zimmer und knallte die Tür.

Ich musste meine Tränen zurückhalten und verspürte die Lust sofort auszureiten. Ich zog mich sehr warm an, nahm meine Reitstiefel und den Helm und rannte zu den Pferden. Aufgelöst machte ich alles mit den Besitzern klar und setzte mich in den Sattel. Dann ritt ich los, einfach in den unbekannten Wald hinaus...

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