Kapitel 182

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 Mein Körper zitterte nicht. Er wirkte wie erstarrt. Ich konnte mich nicht bewegen, wusste nicht wo ich war. Alles tat so schrecklich weh, doch selbst dieses Gefühl ebbte langsam ab. Ich befand mich in einen seltsamen Zustand, so abwesend und unbeweglich. Schon längst hatte ich aufgegeben, als ich plötzlich spürte, wie ich kein Wasser mehr um mich hatte. Zuordnen konnte ich das Gefühl nicht. Ich wusste nicht, wo ich lag, aber es war um einiges wärmer, als das Wasser. Trotzdem war es kalt und weich.
Ich versuchte meine Augen zu öffnen, wenigstens zu blinzeln, doch es wollte mir nicht gelingen. Mehrere Anläufe benötigte es, bis ich endlich etwas dunkles vor mir erkennen konnte. Vielleicht war es Florian. Die Umgebung war einfach zu finster, um irgendetwas zu sehen.
Mein Atem ging in ein Hecheln über, als ich bemerkte, dass meine Lunge kaum noch Luft besaß. Mit letzter Kraft legte ich meine Hände an meine Jacke und versuchte mich davon zu befreien, doch etwas warmes hielt mich davon ab. Er jetzt war ich mir ganz sicher. Solche Hände hatte nur Florian. Er war bei mir. Er hat mich nicht ertrinken lassen.
Glücklich rang ich mir ein Lächeln ab, oder versuchte es zumindest. Das Gefühl kam langsam zurück in meinen Körper, dafür beherrschte mich nun ein unangenehmes Zitter, was einfach kein Ende nahm. „Mein Mäuschen...Was machst du nur? Ach Mensch, ich hätte besser auf dich aufpassen sollen!" Florian sah sehr traurig aus. Er tat mir leid, obwohl er mir sehr weh getan hatte. Ich wollte gerade etwas erwidern, als er mich ruckartig hochnahm und irgendwo hin trug. Immer noch war ich etwas benommen, als mit jeder weiteren Minute wurde es besser. Anders als das Gefühl in meinem Körper. Ich konnte es nie direkt zuordnen. Mir war eiskalt, schlecht, schwindelig und mein Herz tat weh. Genau wie mein Hals und gefühlt alle anderen Körperteile.
Irgendwann wurde ich auf etwas abgelegt. Wir schienen zu Hause zu sein. Florian redete mit jemanden, eine Kinderstimme, die sehr ängstlich klang. Das musste Felix sein. Ich wollte etwas sagen, meinen Sohn ansehen, aus Angst, dass Flori ihn mir tatsächlich wegnehmen würde, aber ich war zu schwach. Die Kälte beherrschte mich immer noch, was ich erst jetzt durch die warme Umgebung richtig zu spüren bekam.
„Hier!" Mein Mann legte mir behutsam mehrere Decken über den Körper und etwas heißes. Nachdem ich es ertastet hatte, wusste ich, dass es eine Wärmflasche war. „Danke!" flüsterte ich und war selbst überrascht endlich ein Wort herausgebracht zu haben. „Alles wird gut Helene! Ich rufe jetzt erstmal unseren Hausarzt. Du bist bestimmt unterkühlt...Warte ich hol noch schnell das Fieberthermometer." Ich nickte schwach und schloss erneut meine Augen. Mein gesamter Kreislauf ließ nach, ich war wirklich froh zu liegen. Für einen kurzen Moment dachte ich wirklich nur an mich, doch dann tauchte ein Bild von Sophia vor mir auf. Wie sie tot da lag, in irgendeinen Keller, gar nicht weit weg von hier. Ich wusste nicht ganz, woher diese Vorstellung kam, aber sie war so real, dass ich urplötzlich aufsprang und alles hinter mir ließ. Das Schwanken des Zimmers beachtete ich gar nicht. Ich rannte einfach los, nur eine Decke um mich gewickelt, aber mir war alles egal, denn...ich kannte diesen Keller. Der Keller, in dem ich sogar selbst schon gewesen war, um etwas zu holen. Gleich in der Nachbarschaft.
Ein weiteres Mal lief ich einfach davon, obwohl mich meine Beine kaum tragen konnte, aber Sophia war wichtiger, als mein eigenes Leben...

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