„Nein..." flüsterte ich und ging ein paar Schritte voran. Vielleicht war es ja gar nichts. Vielleicht war das alles nur Einbildung. Zu groß war die Sorgen, oder die Enttäuschung über Sophia.
Langsam wurde der Weg schmaler, er eröffnete sich zu einem kleinen Trampelpfad, der durch den Schnee verdeckt wurde. Ich atmete ruhiger, hatte die Sache schon fast vergessen, als ich eine warme Hand an meiner Wange spürte. Mir entfuhr ein kurzer Schrei, der jedoch nicht lange anhielt, denn der Unbekannte drückte fest mit seinem Handschuh gegen meinen Mund, so dass es mir sogar fast unmöglich war zu atmen.
Sein Griff war so geschickt um mich gerichtet, dass ich mich nicht einmal umdrehen konnte, um denjenigen ins Gesicht zu schauen. „Lassen Sie mich los!" rief ich in einer Sekunde seiner Unachtsamkeit. Meine Beine schlugen nach hinten aus und tatsächlich fiel der Mann ein Stück nach hinten, so dass es mir gelang mich ein Stück von ihm zu entfernen. Doch schon in der nächsten Sekunde war ich diejenige, die flach im eiskalten Schnee lag. Ich wurde so hart und unsanft auf den Boden gedrückt, dass ich das Gefühl bekam alle meine Rippen seien gebrochen gewesen. „H-hilfe..." glitt mir ein letztes Mal über die Lippen, bis ich meine letzte Atemluft auf Sparmodus stellen musste.
„Dir wird hier keiner helfen!" raunte er nah an mein Ohr. „Ich bin stolz, dass du schon deinen Mann gerufen hast." Langsam ließ der Typ wieder locker und ich konnte gleichmäßig ein-und ausatmen.
„W-warum?" fragte ich ängstlich, noch immer weg von seinem Gesicht gedreht. „Weil er eure Kinder jetzt allein lassen wird, um dir zu helfen."
Sofort wusste ich worauf er hinaus wollte. Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken und wie aus dem Nichts bahnten sich unzählige Tränen den Weg über meine Wangen. „A-aber Sie kommen gar nicht so schnell hier weg..." sagte ich und versuchte dabei selbstbewusst zu wirken, was mir nicht wirklich gelang, denn schon im nächsten Moment übertönte sein höhnisches Lachen meine Aussage. „Ach bist du süß..." meinte er und streichelte mir von hinten zärtlich und trotzdem bedrohend über meine Wange „Aber ich habe Freunde...und die haben Freunde und die auch...und die haben sicherlich alle viel Spaß mit deiner kleinen, ach so tollen Sophia...".
Mein Herz blieb fast stehen, als er ihren Namen erwähnte. Ich wusste einfach nicht weiter. Ich begann zu heulen, brach vollkommen zusammen und versuchte für einen Augenblick alles auszublenden, was mir einfach nicht gelingen sollte, denn das Arschloch zog so fest an meinen Haaren, dass ich gezwungen war mit letzter Kraft aufzustehen.
„Man, wieso braucht denn dein Floriiii so lange?" nörgelte der Mann rum, immer wieder versuchte ich eine Chance auszunutzen um mich herum zu drehen, doch es war mir einfach nicht möglich. Kein einziges Mal. Es war so schrecklich. „Och ne, ich will nicht mehr warten...aber halt! Meine Freunde haben sicherlich auch ganz viel Spaß mit dir!" Wieder erklang sein hässliches Lachen. Ich versuchte mir schnell meine Ohren zu zu halten. Ich konnte und wollte es nicht mehr hören. Es tat so weh. So weh.
Ein stechender Schmerz durchdrang meinen Körper, als ich plötzlich seine Hand an meiner Wange spürte. Er schlug so fest, dass meine Nase zu bluten begann. „Lass mich looos!" schrie ich ein letztes Mal und schon drückte der Typ mein Gesicht so nach oben, dass er perfekt mit geschicktem Griff an meine Kehle kam und mir voller Kraft die Luft abschnürte. Vor meinen Augen blitzten kleine Sterne auf, ehe ich ein Stück nach unten sackte.
„Helene?" Florian laute Stimme drang in mein Ohr und schlagartig wurde ich etwas wacher. Der Mann schien sich umzudrehen, denn plötzlich lockerte sich sein Griff und irgendwann hörte ich nur noch schnelle Schritte.
„Lene, Schatz..." Florians warme Hände waren sofort an meinem Körper zu spüren, was mich unglaublich beruhigte. Ich vergrub meinen Kopf in seiner Halsbeuge und begann einfach zu weinen. Hin und wieder musste ich angestrengt nach Luft schnappen, das Wichtigste aber war, dass mein Schatz mich gerettet hat.
Trotz alle dem herrschte eine ungeheure Ungeduld und Angst in mir. „Flo, wir müssen nach Hause!" hustete ich, bevor ich schnell aufstand. Zu schnell. Ich rutschte einen Stück zusammen und konnte mich gerade so an Flo's Schulter fest halten. „Warum?" fragte er verwirrt und schlang dabei seine Hände beschützend um mich „Du musst zum Arzt und danach müssen wir zur Polizei!" - „NEIN!" schrie ich „Sie holen Sophia! Bitte!".
Auf dem Weg erklärte ich ihm alles. Obwohl ich kaum noch Kraft hatte versuchte ich schnellen Schrittes hinterher zu kommen. Vor dem Haus blieben wir stehen. Mit zitternder Hand schloss Florian die Türe auf und ich trat schnell hinein.
Ein Stein fiel mir vom Herzen, als Felix immer noch auf dem Sofa lag. Ich rannte sofort zu ihm und drückte den Kleinen fest an mich. Erst da bemerkte, wie sehr er weinte. „"Was ist?" fragte ich laut und angespannt. „Sie...sie haben Sophia einfach mitgenommen." - „NEIN!"

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Geradeaus
DiversosHelene gründet eine Familie, wodurch sie Höhen und Tiefen erlebt. Gemeinsam stehen sie alles durch!