Kapitel 185

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 „Helene, bitte komm zu dir! Bitte! Spatz, wir lieben dich doch und wir brauchen dich!" Ich hörte Florians Stimme und kämpfte gegen meine Müdigkeit. Langsam versuchte ich meine Augen zu öffnen, als es klappte, sah ich meinen Mann direkt vor mir. „Gott sei Dank!" hauchte er und drückte meinen Oberkörper an sich. „Sophia!" schluchzte ich, wobei mein ganzer Körper begann zu zittern. „Sie wird jetzt ins Krankenhaus gebracht! Unsere Kleine packt das, hörst du? Mach dir keine Sorgen, sie ist eine Kämpferin! Denk jetzt an dich..." Ich wollte es nicht, als meine Augen schlossen sich wieder. Mehrere Male versuchte ich sie zu öffnen, alles flackerte vor mir, weswegen ich mich langsam dem abwesenden Gefühl hingab. Ein schmerzhafter Schlag holte mich jedoch schnell wieder zurück: „Hast du gehört? Du sollst wach bleiben!" Florians Gesicht war mit Tränen überströmt, seine Augen waren ganz rot, sein Griff um meinen Arm verstärkte sich immer mehr.
„Was ist mit Felix?" fragte ich leise und bekam sofort Schuldgefühle, dass ich ihn total vergessen hatte. „Ihm geht es schon besser! Deine Eltern passen auf ihn auf." - „Entschuldigen Sie, wir müssen ihre Frau jetzt durchchecken."
Verwirrt blickte ich mich um. Zwei kräftige Männer standen vor mir. Einer von ihnen legte seine eiskalten Hände an meine Hüften. Er leuchtete mir kurz in die Augenund unternahm noch mehrere Untersuchungen, von denen ich nicht viel mitbekam, weil mein Körper durch die Kälte wie gelähmt war. „Wir nehmen Sie jetzt mit Frau Fischer. Im Krankenhaus werden Sie nochmal komplett durchgecheckt und dann dementsprechend behandelt. Ihr Mann hat uns schon erzählt, dass sie ins Wasser gefallen sind. Wir müssen so schnell es geht verhindern, dass sie sich eine Lungenentzündung, oder andere Dinge zuziehen." Mir war alles so peinlich. Ich hatte mich wie ein kleines Kind benommen, aber die Sorgen war einfach stärker als sämtliche Vernunft.
„Flo, kommst du mit?" wisperte ich leise und spürte, wie ich auf eine Trage gelegt wurde. Mein Mann nahm meine Hand liebevoll in seine und streichelte darüber, kurz danach wackelte alles: „Ja, ich darf doch mitfahren?" fragte er in die Runde und bekam gleich Zustimmung. „Danke!" Mir wurde eine Infusion angelegt und irgendetwas gespritzt. Kurz darauf schlief ich tief und fest ein.

„Sophia!" schrie ich laut. Überall war Blut. Es wiederholte sich. Alles. Dieses Messer in ihrem Rücken, es tat mir selbst weh das alles zu sehen. Meine kleines Mädchen weinte bitterlich, so schrecklich. Mein ganzer Körper zog sich zusammen. Ich konnte das alles nicht mehr mit ansehen. Dieses Blut. „DIESES BLUT!" brüllte ich und setzte mich auf. Ein stechender Schmerz im Brustkorb durchfuhr mich, gleich darauf spürte ich Florians Hand an meinem Rücken. „Maus, ich bin da, du hast geträumt, du bist im Krankenhaus." - „Habe ich geschlafen?" fragte ich entsetzt, enttäuscht von mir, dass ich meine Tochter im Stich gelassen hatte. „Ja, aber nur, weil die Ärzte dir ein Beruhigungsmittel gespritzt haben. Dein Körper ist sehr schwach und deine Werte sind schlecht..." Seine Stimme wurde immer brüchiger. Warum verlor er kein Wort über Sophias Zustand? Das war doch alles viel wichtiger. „Sophia ist tot, oder?" schluchzte ich und ließ mich zurück ins Kissen fallen. Schon der Gedanken daran tat mir viel mehr weh, als der Schmerz bei jedem Atemzug in meiner Lunge. „Nein, sie wird gerade operiert. Die Schwestern konnten mir noch nichts genaueres sagen..." Behutsam strich er über meine Stirn und schüttelte seinen Kopf: „Versuch dich etwas auszuruhen, du bekommst Fieber. Der Arzt meinte, dass es vielleicht gut ist, um alles heraus zu schwitzen. Wir haben nur Angst, dass es zu hoch steigt..." - „Ok!" antwortete ich knapp und starrte an die Decke. Obwohl ich unglaublich müde war, wollte ich einfach nicht schlafen, nicht bevor ich wusste, was mit meiner Tochter ist.
Irgendwann wurde ich trotzdem überrannt. Aber es sollte nicht lange anhalten. Eine Tür wurde geöffnet und ich saß sofort im Bett. Flo starrte mich verwirrt an. Ein Arzt trat herein und schüttelte erschöpft den Kopf: „Frau Fischer, Herr Silbereisen..." Er sah so fertig aus, mein Herz schlug mir bis zum Hals „Ihre Tochter...Es gab viele Komplikationen während der OP, sie hat schon vorher viel zu viel Blut verloren, Sophia..."

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