Kapitel 85

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Erschöpft und etwas genervt lies ich mich auf einen Stuhl im Zimmer fallen und fragte verzweifelt: „Was machen wir jetzt?" „Naja, das Baby wartet nicht" meinte der Pfarrer mit einen leichten Lachen „Am besten ist, sie bleiben hier. Ich kann Frau Bergmann holen, Sie haben sie gestern mit ihren 6 Kindern kennengelernt!" Ich nickte erleichtert und dankbar.
Ich durfte mich auf ein Sofa legen. Die Wehen hatten gerade etwas nachgelassen, nur Flo war im Stress. Als Frau Bergmann kam plapperte er hektisch los: „Er kommt 2 Wochen zu früh, was machen wir jetzt?" Sie versuchte ihn zu beruhigen, schaute mich hoffnungsvoll an und sagte: „Das ist doch schon die zweite Geburt Herr Silbereisen, Frau Fischer wird das schon meistern!" Danach setzte sie sich neben mich und fühlte meinen Bauch: „Glauben sie mir, nach 6 Kindern weiß man Bescheid!" „Kann ich mir vorstellen" antwortete ich, kurz bevor ich lauter wurde, weil eine Wehe kam.
Florian rief um sich herum: „Wir brauchen, em, em, also, wie war das? Handtücher? Wasser?" Frau Bergmann und ich lachten. Ich rief: „Florian, ganz ruhig! Komm mal runter!" dabei wurde ich leicht aggressiv.
Die Zeit verging und die Wehen wurden stärker. Das Problem war, dass das Unwetter noch nicht zu Ende war und der Krankenwagen immer noch nicht durchkam.
Ich machte mir langsam Sorgen, weil unser Schatz ja zwei Wochen zu früh kam. Florian war die ganze Zeit bei mir und hielt meine Hand. Der Pfarrer und Frau Bergmann kümmerten sich wirklich hinreißend um mich und das Kind.
„Ahhh" schrie ich einmal ganz laut, aber ungewollt. „Ja" rief Frau Bergmann „Gleich haben Sie es geschafft!" Ich zerquetschte Flos Hand, bis ich auf einmal im Unterbewusstsein merkte, dass er zur Seite kippte. Nach Luft ringen rief ich: „Flo?" Der Pfarrer sagte nur: „Keine Angst, ihm geht's gleich besser" und ich hörte ihn auf Frau Bergmann leise lachen.
Die letzte Wehe kam und plötzlich hörte ich Babygeschrei. Auch Flo war wieder tapfer an meiner Seite. Er drückte meine Hand, beugte seinen Kopf über mich und sagte: „Mein Engel, du hast es geschafft!" Frau Bergmann legte mir unseren Sohn auf den Oberkörper. Ich bemerkte, wie er weinte und atmete. Alle Schmerzen waren vergessen. Ich sah wie Flo lächelte und wollte es auch, doch plötzlich sah ich alles verschwommen. Mir wurde ganz schlecht, aufgewühlt fragte ich: „Was, was ist mit mir los?". Dann war alles weg.

„Frau Fischer" drang es durch mein Ohr. Ich fühlte kaltes Wasser auf meiner Stirn, dabei zuckte ich kurz auf und öffnete die Augen. „Wo ist mein Sohn" stammelte ich vor mir her. Flo hielt immer noch meine Hand, der Pfarrer antwortete: „Dem geht es sehr gut, soweit wir das beurteilen können! Der Krankenwagen hat es auch bald geschafft!"
Ich fühlte mich seltsam, so kraftlos, aber aus irgend einen Grund setzte ich mich auf und wollte aufstehen, doch Flo beruhigte mich: „Helene, leg dich hin, alles ist gut!" Es tat gut seine Stimme zu hören. Frau Bergmann schritt in das Gespräch ein: „Diese Reaktion ihres Körpers ist ganz normal! Sie haben Blut verloren, aber kein neues bekommen! Das wird wieder!" Ich versuchte zu lächeln.
In der Ecke hörte ich Babygeschrei. Flo ließ meine Hand los und ging zu unserem Schatz. Er legte ihn auf meine Brust, nahm meine Hände und tat sie vorsichtig auf den Kleinen. Mir liefen kleine Freudentränen über die Wange. Doch mir war nicht wohl den Kleinen alleine zu halten, ich bat Florian ihn wieder zu nehmen, nicht das ich ihn noch fallen lasse. Bei der Begründung mussten alle lachen, doch ich fühlte mich so schwach.
Plötzlich hörten wir von draußen Sirenen. Der Krankenwagen war da, sie nahmen uns mit und endlich waren wir auf dem Weg ins Krankenhaus.

Nachdem ich mich wieder erholt hatte und der kleine Kämpfer untersucht wurde – er war kerngesund, trotz dem, dass er zwei Wochen zu früh auf die Welt kam – wurde er mir gebracht und zum ersten Mal, sah ich ihn mit richtiger Wahrnehmung an.

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