Man spürte, dass es tief aus ihrem Herzen kam und für eine neunjährige war es eine unerwartete Aussage.
Danach schaute sie Erika ins Gesicht und drückte an unseren Händen: "Mama... ich hab euch lieb. Danke, dass ihr...dass ihr...da wart." Erika lehnte sich über sie: "Du musst dich nicht bedanken. Wir sind deine Eltern - Mama und Papa. Und wir werden auch in Zukunft für dich da sein! Hörst du?"
Amelie schloss sanft ihre Augen und lächelte in sich hinein. Ganz zärtlich flüsterte sie: "Ich möchte kein Schmetterling werden. Lieber ein Papagei. Ich kann hinfliegen wohin ich möchte und schaue überall herum, kann spielen und die Luft spüren..." dabei drückte sie ihren Kopf an das Kuscheltier, was wir ihr aus dem Urlaub mitgebracht hatten.
Ein letztes Mal schlug sie ihre Augen auf, in dem Moment kamen unsere Männer herein. "Ich habe euch lieb." Ihr Körper sackte plötzlich zusammen, der Kopf fiel leicht zur Seite - Erika schrie nach Hilfe und wollte weglaufen, doch Markus hielt sie am Arm.
Um mich herum bemerkte ich nichts mehr. Es war eine Art Tunnelblick - nur auf Amelie gerichtet. Sie lag da, als würde sie schlafen und trotzdem wusste ich, was gerade passiert war - ganz unverhofft - eigentlich ging es ihr besser.
Still flossen meine Tränen über meine Wangen, ich streichelte noch immer ihre Hand und schaute in ihr zartes Gesicht - ich weiß nicht, wie lange ich einfach nur da saß und sie beobachtete.
Irgendwann wurde ich von einer Ärztin aus meinen Gedanken gerissen: "Frau Fischer. Bitte gehen Sie zu ihrem Freund."
Ich drehte mich leicht herum und sah zu Flori. Er sah fertig aus, hielt mir aber trotzdem seine Hände entgegen. Ich entfernte mich langsam von Amelie's Bett, ließ aber meinen Blick auf ihr gerichtet.
"Komm her Helene." Sofort ließ ich mich in seinen Armen fallen - weinte aber nicht - im Gegenteil. Ich musste Lächeln und wurde nur seltsam von der Ärztin angesehen.
Als wir uns ein bisschen beruhigt hatten fragte ich zurückhaltend: "Wo ist Erika?" - "Vor der Tür..." Langsam stand ich auf und ging heraus. Sie lag in den Armen von Markus und weinte vor sich hin. Im Vorrübergehen strich ich über ihren Rücken und wisperte: "Es tut mir so leid! Wir reden am Tag nochmal! Geh wieder zu ihr, bleib bei ihr! Bitte. Sei stark." Es war total sinnlos so auf sie einzureden - wie sollte man auch stark bleiben, wenn so etwas passiert. Trotzdem mussten Flo und ich zurück nach Hause.Im Auto herrschte Stille und auch zu Hause setzten wir uns wortlos an den Küchentisch. Es war mittlerweile schon früh am Morgen. Die Sonne ging schon langsam auf, als plötzlich eine Stimme von hinten ertönte: "Florian? Helene? Was ist passiert?" Unsere Nachbarin war noch immer im Haus wegen den Kindern, wir hatten sie total vergessen. "Du kannst jetzt gehen. Danke nochmal... Amelie... ist..." mehr Worte brauchte es nicht. Leise verließ sie das Haus und wir waren wieder alleine.
Flo nahm meine Hand, doch ich schreckte zurück: "Ich muss los, muss etwas regeln, wegen dem Konzert heute Abend." - "Spinnst du Helene?" sagte Florian aufmöpfig "Dein Nichte ist gerade..." auch er konnte es nicht laut aussprechen: "Du kannst heute kein Konzert geben." Wütend stand ich auf: "Doch kann ich! Muss ich sogar! Ich habe es ihr doch versprochen.".
"Was hast du wen versprochen?" Sophia und Felix standen in der Tür und schauten uns mit müden Augen an. "Warum seid ihr wach und umgezogen?" fragte Felix ängstlich.
Flo verließ sauer die Küche - was ich verstehen konnte. "Kommt mal her." Ich hielt den Zwein meine Hand entgegen und sie setzten sich mit an den Tisch. "Hört zu...wir waren gerade im Krankenhaus. Amelie ging es schlechter - sehr schlecht... und sie... sie..." Meine Süßen wussten sofort Bescheid. Sie fingen an zu weinen und irgendwann kam auch Flo hinein, um die Beiden zu trösten.Meine Eltern riefen auch an und besprachen, wie wir Markus und Erika helfen konnten.
Unsere Kinder waren im Zimmer und machten nichts, bis ich vorsichtig zu Sophia ging: "Mäuschen?" - "Ja?" kam mir leise entgegen. "Würdest du es schaffen heute Abend nochmal "Let it go" zu spielen?" - "Du willst das Konzert geben?" Ich nickte unsicher: "Amelie hat mir etwas ins Ohr geflüstert und ich möchte ihr diesen Traum erfüllen. Aber du musst nicht, wenn es dir zu schwer fällt." Sophia schüttelte den Kopf: "Nein ich möchte!"
Sofort rief ich Uwe an um ein paar Dinge zu klären und dann mussten wir auch schon los zur Halle.
Es waren nur noch wenige Stunden, das Team war sehr nachsichtig und alle verstanden, warum wir nicht so gut gelaunt waren wie immer.
Meine Eltern, Flo und Felix standen schon an ihren Plätzen - auf Erika und Markus hoffte ich zwar immer noch, aber sie waren noch nicht da - ich hatte sie jedoch unbedingt darum gebeten.Dann war es soweit. Mein letztes Konzert begann - mein letztes Konzert von einer wunderbaren Tournee und ich wusste ich möchte es wiederholen, nur dieser eine Abend wurde überschattet.
Am Anfang verlief alles super, ich ließ mir nichts anmerken und es war eine gute Ablenkung. Auch die Stelle an der "Let it go" normalerweise gekommen wäre, übersprangen wir erfolgreich!
Dann war es soweit, nach dem eigentlich letzten Lied - es war bereits 23:30Uhr atmete ich tief ein und sagte: "Sicherlich haben sich einige von euch gewundert, warum heute "Let it go" nicht kam... Es kommt jetzt - jetzt als letztes Lied, weil leider in dieser Nacht etwas schlimmes passiert ist. Ich habe euch am ersten Konzert von meiner kranken Nichte Amelie erzählt..." Es fiel mir so unendlich schwer, aber ich wollte es erklären: "Leider..." Das Publikum war ganz still "Leider ist sie heute Nacht friedlich für immer eingeschlafen!..." Traurige Gesichter schauten zu mir hoch: "Doch sie hat mir... noch... noch etwas zugeflüstert. Für eine neunjährige waren es sehr erwachsene Worte. Ich soll ausrichten: >Man muss jede Minute im Leben geniesen und die Momente lieben, die man gemeinsam hatte. Jeder Mensch wird dann durch die Luft fliegen und die Schönheit der Welt spüren< Besonders soll ich nochmal ihre Eltern grüßen und sagen, dass sie..." Ich schluckte laut "Dass sie euch liebt..." Jetzt stiegen auch mir die Tränen in die Augen.
Sophiakam auf die BÜhne - Uwe hatte es extra mit den Behörden geregelt, dass sie um diese Uhrzeit noch dort stehen durfte und dann begann sie zu spielen. Sie machte es wie ein Profi und im Gegensatz zu mir, blieb sie stark. Viele schiefe Stellen waren im Lied, hin und wieder ein leichter Schluchzer, aberich tat es für Amelie - in Gedanken nur bei ihr.Im Hintergrund wurden Bilder von ihr abgespielt. Sie hatte es sich immer gewünscht einmal mit auf der Bühne zu sein - es ging leider nie und nun war es zu spät - deswegen die Bilder.
"Let it go" war zu Ende - die Hälfte vom Publikum heulte, ich drehte mich kurz um, sah das letzte Foto und war plötzlich unter der Bühne.
Sophia war auch unten und wurde vom ganzen Team aufgeheitert und gelobt. Ich stand einfach nur da und hörte nicht mal mehr das Publikum. Die ganze Zeit hatte ich keine Träne vergossen, aber jetzt kam alles hoch.Flo stand neben mir, ich ließ mich in seine Arme fallen und heulte - heulte - heulte. Ich ließ mich nicht beruhigen - es war schrecklich. Genau das letzte Foto, was ich gesehen hatte, war von Amelie und mir, bei einen tollen Ausflug, als sie sechs Jahre alt war. Ich vermisste sie so sehr und fühlte mich schuldig - gegenüber Erika und Markus, aber ich musste alles rauslassen.
Flori schleppte mich in die Garderobe und legte mich auf dem Sofa ab. Auch ihm stiegen Tränen in die Augen, doch er war für mich da.
Irgendwann hatte ich mich beruhigt und meine Eltern kamen herein - hinter ihnen, Erika und Markus. Erika kam auf mich zugestürmt: "Danke Helene!" Wir lagen uns in den Armen und weinten, trotzdem war es ein angenehmer Moment, denn Amelie war bei uns... in unserem Herzen....
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Geradeaus
RandomHelene gründet eine Familie, wodurch sie Höhen und Tiefen erlebt. Gemeinsam stehen sie alles durch!