Kapitel 128

259 15 4
                                    

...bis meine Schwester ins Zimmer kam und mich wortlos in den Arm nahm. Sie sagte nichts und das war genau das Richtige. Einfach Ruhe und jemanden, der mich beschützte.
Erst einige Zeit später flüsterte ich: „Kannst du Flo und die Kinder bitte wegschicken? Sie können morgen wieder kommen.".
Erika streichelte mir durchs Haar, stand kurz auf und regelte die Sache. Anscheinend wollten die Kinder nicht weg, denn ich hörte Streit, aber irgendwann war Ruhe und meine Schwester kam wieder hoch.
„Möchtest du Schokolade?" – „Ja, warum nicht?". Ich nahm ein Stück und wurde gleich glücklicher. Erika musste lachen, als sie mein fröhliches Gesicht sah: „Du liebst Schokolade und es gibt sogar auf einen deiner Alben ein Lied darüber!". „Wirklich?" ich musste lachen „Können wir das Lied hören? Habt ihr hier die CD?". Erika schaute mich an: „Natürlich, wir haben jede CD von dir! Bist du dir sicher?" Ich nickte und schon kramte sie ein Album heraus und machte es in den Player, dabei erklärte sie: „Also das ist Farbenspiel, von 2013. Danach gab es noch 2 weitere Alben und davor auch ganz viele. Aber dieses gefällt mir am besten!".
Die Musik ging los, ich schloss kurz die Augen und lauschte der Musik. Am Ende sprudelte es einfach so aus mir heraus: „Für Schokolade sterbe ich, was wär ein Tag denn...ohne dich...". Ich schmunzelte vor mich hin, bis Erika rief: „Lene, du hast mitgesungen. Weißt du den Text?".
Ich hatte das gar nicht bemerkt und dachte nach, aber das war die einzige Zeile die ich wusste. Etwas bedrückt schüttelte ich den Kopf und legte meinen Kopf auf Erikas Schoß. Sie streichelte mich weiter und ich hörte der Musik zu, bis ich irgendwann einfach einschlief.

Am nächsten Morgen wurde ich sehr früh wach und war zuerst total verwirrt, wo ich war. Ich schaute mich um und erst später fiel es mir wieder ein.
Ich schlich ein wenig durchs Haus und musterte alle Bilder, die an den Wänden hingen. Sie füllten zwar keine Lücken, gaben mir aber irgendwie ein Gefühl von Geborgenheit.
Leise ging ich auf den Balkon und schaute in die Natur. Ein leichter Luftzug durchzog meine Haare und ich fühlte schon, wie die Sonne meine Nase kitzelte.
„Guten Morgen meine Kleine." Kam es von hinten. Ich drehte mich um, es war meine Mutti: „Guten Morgen." – „Möchtest du einen Tee oder heiße Schokolade? Es ist ja erst 6 Uhr.".
Ich nickte und sang vor mich „Für Schokolade sterbe ich...". Mutti grinste mich nur an und ich ging mit ihr in die Küche. Als wir am Tisch saßen stammelte ich herum: „Es tut mir leid, wegen gestern Abend, das ich einfach auf mein Zimmer gerannt bin, aber...". Sie unterbrach mich liebevoll: „Liebling, das war doch kein Problem. Wir wissen, dass es ziemlich viel für dich ist! Und wir akzeptieren es, dass du Zeit brauchst. Sollen wir dich nachher mal in dein Zuhause bringen?".
Ich war mir total unsicher, stimmte dann aber zu.
Als wir gefrühstückt hatten und die anderen Zwei auch wach waren, fuhren mich meine Eltern zu Florian. Er stand schon an der Tür bereit und führte mich durch das Haus - durch mein eigenes Haus, was ich trotzdem nicht kannte.
Die Kinder waren in der Schule und im Kindergarten. Ich schaute mir alles ganz genau an, es hingen viele Bilder an den Wänden, richtig schöne Familienbilder.
Irgendwann fragte Flo: "Was möchtest du heute machen? Willst du die Kinder mit abholen?" - "Ja, gerne... Sagmal, wenn ich Sängerin bin, habe ich auch einen Manager?" Gemeinsam setzten wir uns auf das Sofa und Flo antwortete: "Ja, klar. Gute Besserung soll ich von ihm ausrichten - Uwe. Er weiß Bescheid und auch einige von deinem Team wissen es schon, nur die Presse noch nicht! Aber früher oder später werden die es auch noch herausfinden." - "Hm... und wann kann ich mein Team sehen?". Florian schaute mich etwas skeptisch an: "Naja, nicht alle, aber ein paar würden dich besuchen kommen, aber ich glaube es ist zu viel für dich. Gewöhne dich erstmal hier ein... achja, du sollst morgen ja nochmal zum Arzt...".
Wir redeten noch eine Weile, bis wir die Kinder abholten und einen schönen, erholsamen Tag verbrachten.
Am Abend wollte mich Flo wieder zu meinen Eltern bringen, doch ich wollte lieber bei ihm bleiben, also rief er sie an und sagte ihnen Bescheid. Gemeinsam brachten wir dann nach dem Abendessen die Kinder ins Bett.
Florian begleitete mich ins Schlafzimmer und setzte sich mit mir auf die Bettkante. Er nahm meine Hand und ich betrachtete seine wunderschönen, braunen Augen. Seine Lippen kamen immer näher und ich konnte schon seinen Atem spüren, doch ich zuckte zusammen: "Bitte versteh mich. Ich... ich ka... kann das nicht.". Tottraurig ließ ich mich auf das Bett fallen und versteckte mein Gesicht hinter den Händen. Florian nahm sein Bettzeug und erwiderte: "Ich schlafe heute am besten auf dem Sofa.".
Schnell schlief ich ein.

Auch die nächsten Tag vergingen, der Arzt war zufrieden mit meinem körperlichen Zustand und ich lernte immer mehr über mein Leben, aber trotzdem fiel mir nichts von selbst ein.
Doch was sich änderte, waren die Gefühle zu Flo. Ich ließ viel mehr Zärtlichkeiten zu und als wir wie jeden Abend wieder nebeneinander auf dem Bett saßen, schaute ich ihn an und verlor mich in seinen Augen. Ich war hin und her gerissen, doch dann nahm ich seine Hände und küsste ihn: "Den hast du dir verdient.". Flo lächelte mich überglücklich an und erwiderte den Kuss: "Darf ich bei dir schlafen?" Ich nickte und sofort holte er sein Bettzeug. Es war ein heimisches Gefühl in seinen Armen einzuschlafen - ich fühlte mich wohl. Kurz bevor meine Augen zu fielen stammelte ich: "Ich kann verstehen, dass wir verheiratet sind..."

Plötzlich ging mitten in der Nacht die Tür einen Spalt auf...

GeradeausWo Geschichten leben. Entdecke jetzt