Kapitel 192

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 „Flo?" - „Ja mein Spatz?" Ich senkte meinen Kopf und schaute beschämt unter mich, kurz bevor Florian mich auf das Bett legen wollte. „Ich weiß nicht..." murmelte ich „Ich glaube mir ist schlecht, können wir vielleicht ins Bad gehen?" Müde und kraftlos klammerte ich mich an meinem Mann, der vorsichtig mit mir zum Badezimmer ging.
Mir war schlecht durch alles, aber vor allem, weil ich einen Moment lang die Hoffnung aufgegeben hatte. Ich als Mutter hätte immer an Sophia glauben sollen. „Helene, was grübelst du schon wieder?" Ich wollte es Florian nicht erzählen, aber es brach alles heraus „Ich habe die Hoffnung aufgegeben Flo! Ich bin so eine schlechte Mutter. Ich habe nicht an Sophia geglaubt!" Wütend stand ich wieder von den kalten Fliesen auf, um mich kurz darauf am Waschbecken ab zu stützen und mir etwas Wasser ins Gesicht zu spritzen. Florians Hände hielten mich noch immer fest. Er stellte sich neben mich und hielt meine Haar zurück. „Maus, bitte sag jetzt so etwas nicht! Es zählt das hier und jetzt. Wichtig ist, dass wir ab jetzt immer für Sophia da sind, okay?" Unsicher nickte ich. Mein Mann bemerkte sofort, dass ich selbst nicht überzeugt war, weswegen er noch ein dringlicher und lauter fragte: „Okay? Verstanden?" - „Ja..." Tränen rollten währenddessen über meine Wangen. Die letzten Monate waren einfach schrecklich gewesen.
Und nun stand auch noch Silvester und Sophias Geburtstag bevor, genau wie der von Felix. Meine Angst den Kleinen zu vernachlässigen stieg immer mehr. Meine ganze Familie zerbrach vor meinen Augen und ich konnte einfach nichts dagegen tun. Rein gar nichts.
„Helene? Helene! Setz dich mal bitte hin." Verwirrt sah ich mich um, ich konnte Florians Taten nicht verstehen. Er drückte mich hektisch auf den Boden und lehnte meinen Oberkörper behutsam an der Wand an. Danach legte er mir einen kalten Waschlappen an den Hals und nahm mich in dem Arm, wobei er mich sanft hin und her wog. „Was ist jetzt los?" schluchzte ich. „Du warst mir gerade viel zu blass...ich dachte du kippst mir gleich wieder weg!" Ich nickte nur und schloss meine Augen. Dadurch wurden die aufsteigenden Tränen unterdrückt.
Ich wollte nicht schon wieder weinen. Langsam war meine Kraft aufgebraucht. Ich spürte es und es fühlte sich schrecklich an. „Ist dir noch schlecht?" Ich zuckte nur mit den Schultern, weil sämtliches Gefühl verloren war.
Umso mehr genoss ich die Anwesenheit von Florian. Die Wärme seines Körpers tat mir unendlich gut. „Komm Schatz, ich bringe dich ins Bett. Ich glaube es ist gut, wenn der Arzt dir nochmal ein Beruhigungsmittel gibt, oder?" Abwesend nickte ich und spürte gleich darauf die weiche Matratze unter mir, gefolgt von einem brennenden Schmerz in der Hand. Danach verschwamm alles und ich dämmerte plötzlich weg.

„Hey mein Mäuschen..." Tatsächlich gelang es mir nach langer Zeit zu lächeln. Florian grinste mich an und streichelte sachte über meinen Kopf. Ich blinzelte und versuchte gegen das grelle Licht anzukommen. „Na, gut geschlafen?" Entspannt nickte ich. Tatsächlich fühlte ich mich um Welten besser als vorher. Die Beruhigungsspritze hatte gut getan. Neue Kraft steckte in meinem Körper. „Weißt du was? Sophia war vorhin nochmal wach. Sie war gar nicht mehr ganz so mitgenommen wie vorher und hat sogar nach dir und Felix gefragt." - „Das ist schön!" wisperte ich und schloss erneut meine Augen. „Wie geht es unserem kleinen Ritter?" - „Geht so...schon besser, aber er vermisst seine Schwester und vor allem seine Mama." Florian schien sofort zu bemerken, dass es mich traurig machte Felix so im Stich zu lassen. Er stupste mir zärtlich an die Nase und wartete, bis meine Augen wieder geöffnet waren. „Mach dir nicht so viele Gedanken. Der Kleine wird wieder. Schau mal..." Kurz kramte mein Mann etwas aus seiner Tasche. Zum Vorschein kamen drei große Bilder. „Die sind von Felix. Wir sollen sie hier aufhängen!" - „Das ist ja lieb!" Unser Sohn konnte wirklich sehr gut malen für sein Alter. Es freute mich, dass er sich nicht unterkriegen ließ und schöpfte daraus immer mehr Kraft...

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