Stolz

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Am Abend ging unser Besuch dann auch wieder. Nur Anna und ich wollten nochmal zusammen losziehen. Ich merkte einfach, dass da noch Gesprächsbedarf bei ihr war, nur eben nicht in einer größeren Runde. Und als ihr beste Freundin war ich natürlich für sie da.
„Du bekommst hier alles hin?" fragte ich Samu nochmal. „Na klar. Denkst du, du kommst noch bevor ich schlafe wieder?" „Ja, ansonsten schreibe ich dir." „Gut, dann bis später." „Bis später." Ich gab ihm einen Kuss und verabschiedete mich dann auch noch von den Kindern, bevor Anna und ich losfuhren.
Es ging in eine kleine Bar direkt wenn man ins Zentrum reinfuhr. Alkohol gab's für mich aber natürlich nicht und auch Anna ließ die Finger davon. „Ach man, das tut mir echt leid für euch mit dem Kinderwunsch..." „Ich weiß langsam auch nicht mehr was wir machen sollen. Wir haben schon so ziemlich alles ausprobiert was eine Befruchtung fördern soll. Ob's jetzt die Stellung, der Zeitpunkt oder Hilfsmittel waren...Es klappt einfach nicht. Und ich bin jetzt auch schon 30, es wird Zeit..." seufzte sie und vergrub ihr Gesicht in ihren Händen.
„Ich verstehe das nicht...Vielleicht solltet ihr euch wirklich testen lassen Anna..."
„Ja...Ich war vorhin nicht ganz ehrlich...Sami zur Liebe. Ich habe mich schon testen lassen und bei mir ist definitiv alles in Ordnung...
Er hat sich davor schon Vorwürfe gemacht, aber jetzt noch mehr...Ihm geht's richtig dreckig, aber testen lassen will er sich auch nicht." antwortete sie mir und guckte mich hilflos an. „Vielleicht liegt es wirklich an ihm...
So hart es ist, aber ihr braucht Klarheit.
Ihr versucht es seit einem Jahr und es passiert nichts, da kann doch irgendwas nicht stimmen." „Es würde unsere Beziehung kaputt machen Finja..." sagte sie mit Tränen in den Augen. „Aber es gibt doch auch noch andere Möglichkeiten...Künstliche Befruchtung, ein Kind adoptieren?" „Natürlich haben wir darüber schonmal gesprochen...Ein Kind adoptieren wäre für uns nichts und eine künstliche Befruchtung auch nur, wenn man eine Samenspende von ihm nehmen könnte.
Keine Ahnung, ob das dann geht..." „Puh, ich kenne mich da echt nicht aus...Macht den Test, und wenn's dann negativ ausfällt, lasst euch beraten. Ihr werdet schon noch Eltern, und zwar ganz, ganz tolle." „Ja...Und du bekommst schon das dritte Kind..." murmelte sie dann noch ganz leise, aber ich hörte es natürlich.
„Anna..." „Ich gönne es dir doch...Ihr seid eine tolle Familie. Und ich weiß, dass es für dich gerade auch nicht einfach ist...Was macht ihr, wenn Mikko der Vater ist? Wie geht Samu damit um?" „Erst meinte er strikt, dass er das mit uns dann nicht mehr könnte...Aber mittlerweile sagt er, dass wir das zusammen hinbekommen und er hat auch eingesehen, dass er so oder so nochmal Papa wird. Egal ob biologisch oder nicht und egal ob das Kleine dann zwei Papas hat oder einen. Er meinte sogar, dass es egal von wem es ist, herzlich in unserer Familie willkommen ist..." Bei dem Gedanken kamen mir sofort die Tränen. Das war einfach so schön gewesen. „Das ist toll...ehrlich. Respekt, dass er das kann. So würden nicht viele Menschen denken...Du hast ein richtiges Glück mit ihm gehabt und darüber bin ich echt froh. Wenn ich da an die Trennung denke...Geht's dir denn auch besser mittlerweile?" fragte sie mich und guckte auf meinen Arm. „Ja...Am Anfang gab es noch ein paar Vorfälle...und wir haben uns auch viel gestritten...was leider auch Leevi mitbekommen hat und gar nicht mehr schlafen wollte...aber die letzen 2 Wochen waren echt wieder richtig gut. Ich will mich nicht mehr selbst verletzten Anna. Mir geht es gut und wir machen ja jetzt auch die Therapie zusammen, die uns echt gut tut. Das merkt man total."
sagte ich und musste direkt lächeln.
„Wie schön, das freut mich. Euch kann wirklich gar nichts trennen." „Nein...irgendwie nicht. Die Liebe hält uns immer zusammen.
Aber die letzte Zeit war echt hart...Du glaubst nicht wie froh ich bin, dass es jetzt endlich wieder bergauf geht. Samu's Beziehung zu Alkohol war nämlich auch nicht gerade witzig..." „Da war ja was..." „Ich werde Riku auf ewig dankbar sein, dass er diesen einen Abend bei ihm war..."

Gegen 11 verabschiedeten wir uns dann voneinander. Ich hatte Anna noch zurück nachhause gefahren und ihr geraten wirklich nochmal mit Sami zu reden.
Als ich selbst wieder zuhause angekommen war, hörte ich noch den Fernseher aus dem Wohnzimmer. Wenn wir keine Kinder hätten wäre Samu locker noch bis um 2 oder 3 wach. Das war eine ganz schöne Umstellung für uns beide. Aber morgen war wieder früh aufstehen angesagt, Leevi musste schließlich in die Kita.
„Bin wieder da." „Endlich." grinste er, woraufhin ich mich zu ihm setzte und mich direkt zu ihm unter die Decke legte und mich an ihn kuschelte. „Wie war's?" fragte er mich und streichelte mir dabei sanft über den Rücken. „War schön mal wieder unter vier Augen miteinander zu reden. Tat ihr auch gut nochmal nur mit mir über dieses Kinderthema zu sprechen." „Das glaube ich. Sowas ist scheiße...Da weiß man es nochmal mehr zu schätzen eigene Kinder zu haben." sagte er nachdenklich zu mir. „Ja...vor allem mit dem tollsten Mann der Welt." antwortete ich ihm grinsend. „Aww Engel...Ich liebe dich." „Ich liebe dich auch." Auch nach 5 Jahren sagten wir uns das noch fast jeden Tag und ich fand das war eine wirklich schöne Sachen, die wir unbedingt beibehalten mussten. „Weißt du was das Schönste an dem Abend mit Anna war?"
„Hm?" „Endlich wieder Deutsch zu reden." lachte ich und schmiegte mich wieder an ihn.
„Du schlägst dich doch super in Finnisch, ich liebe deinen deutschen Akzent." schmunzelte er. „Deiner ist süßer und den bekomme ich zum Glück jeden Tag zu hören." „Aber ich hab mich zu 100 % verbessert in den letzten Jahren." „Auf jeden Fall." „Aber im Ernst Engel, ich bin richtig stolz wie du dich hier schlägst seitdem du zu mir gezogen bist. Das war ein riesiger Schritt für dich. Ich hätte niemals auswandern können...Und ich weiß wie schwer dir das gefallen ist und auch immer noch manchmal fällt wegen deiner Familie.
Und dein Finnisch ist der Hammer nach den fast 4 Jahren." „Danke..." Ich küsste ihn liebevoll, bevor wir dann auch so langsam ins Bett gingen. Wir kuschelten und redeten noch ein bisschen, bevor wir dann auch beide in einen ruhigen Schlaf fielen.

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