90. Der Baum der Jahreszeiten

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Kaum das Naja sicher im Sattel saß sprang Tanis bereits aus der Einflugöffnung in den neuen Tag hinein. Ein donnerndes Brüllen verkündete lautstark, dass ein König des Himmels sein Reich betreten hatte.
Naja jubelte vor Freude als sich ihr Drache zuerst einige Meter in die Tiefe fallen ließ, dann seine Schwingen öffnete um steil in den morgendlichen Himmel schoss.
"Ihr könnt es nicht lassen, oder?"
Naja entdeckte schnell wer sie da getadelt hatte. Lachend winkte sie Geoff zu der bereits auf sie gewartet hatte. Auf dem Rücken seines braunen Seelenbruders kreiste er bereits über der Festung.
Unschuldig lachend hob Naja nur die Schultern.
Die beiden Drachen begrüßten sich ebenfalls kurz und flogen dann gemeinsam in Richtung der ehemaligen Schlüpflingswiese.
Schnell schrumpfte die Festung Mor' raner hinter ihnen zusammen. Unter den jungen Reitern und ihren Partnern erstreckte sich der Stadtwald von Esterní. Im Grunde gehörte dieses Waldstück bereits zur Reiterstadt. Der elfische Teil der Bevölkerung lebte hier und wachte über das ewige Grün. Immer wieder sah Naja Elfen in den Baumkronen die zu den abfliegenden Drachen aufblickten und bewundernde Rufe ausstießen.
Ein Lichtreflex am Horizont fing Najas Blick ein und wenige Augenblicke später kreisten Tanis und sein brauner Artgenosse über dem Marktplatz der Reiterstadt. Der Lichtreflex stammte vom neusten Kunstwerk das man seit wenigen Sommern im Herzen von Esterní bewundern konnte. Es war ein Geschenk der verstoßenen Elfen die sich bei den Drachenreitern für ihre neue Heimat bedanken wollten.
Es war ein ganz und gar aus Glas gefertigter, lebensgroßer Baum. Trenjan, der Sohn des Wolfkatzenelfs Bloedgram, hatte dieses Kunstwerk erschaffen. Seine ehemaligen Leidensgefährten hatten ihn dabei mit ihrer Kraft unterstützt.
Die gläserne Skulptur hatte jedes noch so kleine Detail eines echten Baumes eingefangen und war mit Zaubern belegt die seine feine Struktur vor Schaden bewahrte. Die Details waren jedoch nur eine Hälfte des Kunstwerkes.
Trenjan hatte die innere Struktur des Baumes so gestaltet, dass er das Licht auf ganz besondere Art und Weise brach und auch den Lauf der Sonne mit eingearbeitet. Traf das Licht der aufgehenden Sonne auf das Kunstwerk brach sich das Licht so, dass der Baum wirkte wie im Frühling. Rotbraun erstrahlte der Stamm während die gläsernen Blätter nur zum Teil in einem jungen, frischen Grün erstrahlten.
Um die Mittagsstunde formten die, nun voll erleuchteten, Blätter eine majestätische Baumkrone aus sattem Grün. Ein Abbild des Sommers.
In den Stunden des späten Nachmittags färbten sich die Blätter dann rot und gelb wie im Herbst. Je tiefer die Sonne hinter den Horizont sank desto mehr Blätter erloschen bis der Baum schließlich kahl zu sein schien.
Nachts jedoch fing die gläserne Struktur das silberne Licht des Mondes ein und gaben dem Kunstwerk das Aussehen eines Baumes der von winterlichem Frost überzogen war.
Alle Jahreszeiten waren vertreten.
Das Geschenk war von den Bewohnern der Reiterstadt mit großer Begeisterung angenommen worden. So sehr hatten die Bewohner den Baum ins Herz geschlossen, dass sie vor einigen Jahren eine Abordnung zu Eragon geschickt hatten und ihn baten einen Feiertag zu schaffen bei dem der Baum im Mittelpunkt stehen sollte.
Die Idee eines Feiertages den alle Völker teilten hatte dem Anführer des Ordens durchaus gefallen. Gemeinsam mit den Bewohnern der Stadt hatte man sich schließlich darauf geeinigt an den Tagen der Sonnenwende ein großes Fest zu Füßen des gläsernen Baumes zu feiern.
Gerührt von der Dankbarkeit der Stadtbewohner hatte Trenjan seinem Kunstwerk noch einen weiteren Zauber hinzugefügt. Im exakten Moment der Sonnenwende erstrahlte der Baum nun in einem gleißenden Licht! Dieser Moment stellte nun den Höhepunkt der Feierlichkeiten dar.
Gefeiert wurde bei diesen Anlässen die Einzigartigkeit von Esternì. Nirgendwo sonst lebten die Völker so eng und so friedlich beieinander. Es erschien Eragon ein passender Anlass und gerade die Tatsache, dass der Baum der Jahreszeiten von einem Vertreter der ehemals verstoßenen Elfenkinder geschaffen worden war unterstrich dies noch.
Die Verstoßenen hatten einen überraschend positiven Einfluss aus die Völkergemeinschaft in der Ostmark gehabt . Anders als ihre "normalen" Artgenossen gingen sie weit offener auf die anderen Völker zu. Nachdem sie ihre anfängliche Schüchternheit überwunden hatten war die Neugier auf die für sie so unbekannte Welt das bestimmende Gefühl geworden. Eine Einstellung die auf die anderen Elfen abgefärbt hatte.
Einige Male umkreiste der abfliegende Donner den Baum noch, dann drehten die beiden Drachen ab. Die ältesten des Ordens erwarteten sie.





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