148. Familienangelegenheiten

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"Onkel Murtagh!"
Mit diesem Freudigen Ausruf glitt Marlena aus dem Sattel ihrer Drachendame.
Dorns Reiter löste sich sofort aus dem Gespräch mit Narie und Marek und kam auf seine Nichte zu.
Marlena genoss die Umarmung ihres Oheims in vollen Zügen. Sie wusste, dass das Leben und insbesondere seine Jugend Murtagh zu einem Mann gemacht hatte der mit seinen Gefühlen nicht gerade freigiebig umging.
Der Bruder ihres Vaters war kein gewalttätiger Mensch. Im Gegenteil, er hatte in seinem Leben genug Tod gesehen um für alle Zeiten davon genug zu haben. Jococh hatte Marlena den Eindruck, dass ihr Onkel geübter darin war sich auf einem Schlachtfeld zu bewegen als seine Gefühle auszudrücken.
Murtagh war ein Mann der Tat, der auch innerhalb der größten Panik die Ruhe behielt und zu organisieren verstand. Bei einem einfachen Familien-Picknick jedoch wirkte einer der ältesten Drachenreiter jedoch oft wie ein Fisch auf dem Trocknen.
Erschwerend kam hinzu, dass Murtagh erst vor relativ kurzer Zeit seine Frau verloren hatte. Er hatte Nasuada leidenschaftlich geliebt und der Abschied war kein leichter gewesen.
Marlena glaubte noch immer einen Rest von Trauer im Blick ihres Onkels ausmachen zu können als sie sich wieder voneinander lösten.
Was ihr jedoch Hoffnung gab war, dass diese Trauer nicht das einzige war was sie im Blick ihres Onkels wahrnahm. Nein, eindeutig war da auch Lebensmut, Neugier auf das Morgen und auf das was der neue Tag bringen würde.
"Wenn das nicht meine Lieblingsnichte ist." schmunzelte Murtagh und behielt einen Arm um Marlenas Schultern gelegt als er mit ihr zum Rest der Gruppe zurückkehrte.
Marlena musste lächeln, denn es entging ihr nicht wie viel Ehrlichkeit in diesem kleinen Kompliment ihres Onkels lag. Es gab ein besonders Band zwischen ihnen, seit sie Murtagh überzeugt hatte an das Sterbebett seiner Frau zurückzukehren um sich angemessen von ihr zu verabschieden. Offenbar war auch ihr Onkel sich dessen bewußt.
Nun, da sich Marlena zu der Gruppe gesellte bestätigte sich, was sie schon aus der Luft vermutet hatte: In Murtaghs Begleitung befanden sich Kenais Mutter Ajescha und ihre Drachendame Lenjara.
Die kupferfarbene Himmelstochter beobachtete gerade wie ihre Reiterin ihren Sohn umarmte.
Kenai reagierte auf die Begrüßung seiner Mutter mit einem Gesichtsausdruck der Marlena zum Kichern brachte. Es war der typische "Mama-doch-nicht-vor -den-anderen"-Blick. Und wie jede andere Mutter ignorierte Ajescha ihn völlig.
Als Mutter und Sohn zur Gruppe traten umarmte die Reiterin des Nordens auch Marlena.
Es war Eragons Tochter fast peinlich wie viel Freundschaft und Dankbarkeit im Blick der anderen Reiterin lag als sie sich wieder voneinander lösten.
-"Warum ist dir das unangenehm kleine Halbling?"- erkundigte sich Alonvy verschmitzt. -"Denk daran, sie ist die Mutter deines möglichen Nistpartners. Wäre es dir lieber sie würde dich anfauchen?"-
-"Zweibeiner fauchen sich nicht an meine Süße?"- schmunzelte Marlena. -"Aber du hast recht."-
-"Außerdem...."- mischte sich eine weitere Drachenstimme in die Unterhaltung die Marlena sofort als Lenjaras erkannte. -"Außerdem habt ihr, du und Alonvy, mir und meiner Reiterin den Weg in ein völlig neues Leben gezeigt. Ich werde nie vergessen, dass ich es lange für möglich gehalten habe nie einen Artgenossen zu treffen. Glaub nicht, dass ich je vergessen werde durch wen sich das geändert hat Freundin-Seelenschwester-von-Alonvy-Marlena."-
Nun spürte die junge Halbling eindeutig wie ihre Wangen brannten. Trotzdem übermittelte sie der kupferfarbenen Drachendame eine Welle der Dankbarkeit.
"Schön das ihr wieder zurück seit." hob Narie nun an und richtete die Worte an Kenai und Alonvy. "Hattet ihr Erfolg?"
"Nein, leider nicht." murmelte Marlena verlegen, erkannte dann aber, das Garath aus dem Herrenhaus getreten war und gerade sein aufgeregt zappelndes Drachenmädchen absetze.
Während die kleine Aurelia wie ein Pfeil auf die ihr unbekannten Drachen zuschoss warf Marlena ihrer Tante einen vielsagenden Blick zu und fügte an:
"Ich werde es dir später genau erklären Tante. Wir haben zwar keinen Erfolg gehabt aber es gibt doch eine interessante neue Entwicklung über die ich mit dir sprechen möchte."
Unauffällig blickte Marlena kurz zu Garath und dann wieder zurück zu Narie.
Diese verstand sofort. Im Augenblick war der junge Novitze des Ordens völlig gefesselt vom Anblick den Dorn und Lenjara boten. Beide gehörten zu den ältesten lebenden Drachen und dementsprechend ehrfurchtgebietend war ihre Erscheinung.
Nur langsam trat der junge Reiter näher.
Sein Drachenmädchen indes kannte kein Halten. Wie ein Pfeil sauste die kleine Aurelia auf Dorn zu und begann sofort eine der Vorderpranken des älteren Drachen zu beschnuppern.
Dorn reagierte wohlwollend aber Marlenas Blick war was Drachen betraf so geschult, dass sie erkannte, dass Murtaghs Begleiter seinem Reiter in einem Punkt sehr ähnlich war:
Auch Dorn konnte sich in einem Wimpernschlag den Anforderungen eines Schlachtfeldes anpassen, brauchte aber bedeutend länger wenn es um privatere dinge ging.
Aurelia indes setzte unbekümmert ihre Untersuchung fort und umrundete dabei Dorns Vorderbein als wäre es ein Säule.
"Und wen haben wir hier? erkundigte sich Murtagh und schreckte mit seiner Frage Garath auf. Der junge Novitze hatte sein Drachenmädchen keine Sekunde aus dem Blick gelassen.
Nun da er im Zentrum der Aufmerksamkeit stand schien der junge Reiter nicht recht zu wissen ob er flüchten, im boden versinken oder sich schlicht in Luft auflösen sollte.
Marlena nahm ihm die Entscheidung ab. Sie trat zu dem jungen Novizen und führte ihn zur Gruppe.
Dann stellte sie Murtagh, Ajescha und ihre Drachen vor. Erleichtert stellte sie fest, dass der junge Mann keine Vorbehalte gegen ihren Onkel zu haben schien. Offenherzig schüttelte er Murtaghs Hand.
-"Warum auch nicht?"- einmal mehr rückte Alonvy die dinge für ihre Reiterin zurecht. -" Es ist weit über vierzig Sommer her, dass dein Onkel gezwungen war für Galbatorix zu kämpfen und dein Vater, kleine Halbling, hat seit dem keine Gelegenheit ausgelassen hervorzuheben, dass er ohne seinen Bruder nicht hätte siegen können. Außerdem hat dein Onkel seitdem wirklich seine eigene Geschichte geschrieben und ist nicht mehr länger nur der Sohn von Morzan. Er ist der Reiter der mit Eragon gegen Shruikan gezogen ist. Er hat über Jahrzehnte die Akademie der Magier geleitet deren Absolventen Hilfe und Beistand für unzählige Wesen geleistet haben. Dein Onkel ist aus dem Schatten getreten der ihn in seiner Jugend umfing und man sieht ihn nun für das was er ist."-
Stumm stimmte Marlena ihrer Drachendame zu und versank dann, wie auch der Rest der Gruppe wieder in der Beobachtung von Aurelia.
Das Küken hatte das Beschnuppern inzwischen aufgegeben und sich etwas von Dorn entfernt. Mit großen Augen musterte sie den anderen Drachen.
Marlena konnte nicht anders: Sie musste einfach lächeln.
Mit Ausnahme ihrer Hornfarbe war Aurelia praktisch eine kleinere Ausgabe von Murtaghs Seelenbruder.
Aurelia ging nun dazu über vor dem älteren Drachen auf und ab zu hüpfen, dabei quietschte sie aufgeregt, streckte ihre Flügel und schließlich stellte sie ich auf die Hinterbeine bis sie das Gleichgewicht verlor und auf die Seite plumpste.
Peinlich berührt rappelte sich das Küken wieder auf und blickte dann fragend zu ihrem Reiter.
Einige Augenblicke später begann Garath sich beschämt am Hinterkopf zu kratzen. Unsicher blickte er zur Murtagh.
"Nur zu junger Freund." schmunzelte Dorns Reiter. "Ein Reiter sollte die worte und Wünsche seines Drachens immer weiterleiten. Das ist eine unserer Pflichten als Drachenreiter."
"Nun ja Herr" murmelte Garath. "Ich glaube Aurelia möchte wissen ob sie auch einmal so groß werden wird wie euer Drache."
Warmes Geelächter ging durch die Runde.
Schmunzelnd antwortete Murtagh:
"Du kannst dem jungen Fräulein übermitteln, dass sie ganz bestimmt mal so groß wird wie Dorn. Es wird nur ein Welchen dauern."
Diese Aussicht schien Aurelia sehr zu gefallen. Das Drachenfräulein warf sich in die Brust und bemühte sich würdevoll auf Lenjara zuzuschreiten um ihre Untersuchung fortzuführen. Aufgrund ihrer geringen Körpergröße erinnerte das grazile Schreiten jedoch eher an ein Watscheln.
"Nun möchte ich aber wissen was dich und Ajescha hierher in den Süden geführt hat Onkel Murtagh?" fragte Marlena schließlich neugierig.
"Nun....."
Murtagh warf seinem Drachen einen fragenden Blick zu. Für einen Augenblick wirkte Dorn regelrecht verlegen, zwinkerte dann aber zustimmend.
"Familienangelegenheiten liebe Nichte." schmunzelte der dunkelhaarige Reiter schließlich. "Dorn und Lenjara erwarten Nachwuchs und da Kira Dorns direkteste Verwandte ist und Irucan Lenjaras Adoptivsohn wollten die beiden, dass ihre Jungen hier zur Welt kommen."







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