109. Wolken am Horizont Teil 3

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Naja verfolgte gespannt das Geschehen gespannt.
Arget Un Eragon stand mit dem Rücken zur runden Ratstafel. Er wirkte völlig gelöst und lehnte leicht an der runden Steintafel. Seine Drachendame hielt sich im Hintergrund. Offenbar vertraute sie darauf, dass ihr Reiter diese Schlacht selbst schlagen konnte.
"Also, Darus, Harkor?" hob der Anführer der Reiter erneut an. "Was werft ihr meiner Führung genau vor."
Darus wirkte ein wenig unbeholfen. Es überraschte Naja aber er hatte wohl wirklich nicht damit gerechnet, dass er eine so klare Absage erhalten würde. Besonders nicht von den Seelen der alten Drachen, die er ja noch in Fleisch und Blut gekannt hatte.
"Ich finde einfach," hob er schließlich an. "Das ihr ungeeignete Personen als Reiter zulasst."
"Ich lasse niemanden zu und lehne niemanden ab." erwiderte Eragon ruhig. "Jedes Mitglied des Ordens ist von einem Drachen aus dessen Ei heraus erwählt worden. In jahrelanger Ausbildung haben Reiter und Drache dann bewiesen, dass sie würdige Ordensvertreter sind."
Eragon deutete auf Togra und ihre dunkle Drachendame.
"Ihr lehnt Argetlahm Togra ab. Warum?"
Bevor Draus antworten konnte fragte Eragon bereits:
"Was wisst ihr über sie? Abgesehen davon, dass sie zum Volk der Gehörnten gehört?"
"Man weiß doch wie die....."
"Wisst ihr etwas über die Ausbildung die sie durchlaufen hat? Welche Fähigkeiten geschult wurden? Wie sich ihr Charakter in dieser Zeit entwickelt hat?"
"Nein aber...."
Erneut ließ der Anführer der Reiter den alten Mann nicht aussprechen sondern fragte weiter:
"Was wisst ihr über ihre Dienstzeit als Reiterin? Welche Schlachten hat sie für uns geschlagen? Welche Missionen? Welche Erfolge errungen?"
"Darüber weiß ich nichts!
Darus Stimme klang wütend und hilflos zugleich.
"Sehr richtig." Eragons Stimme blieb die Ruhe selbst. "Ihr lehnt sie einzig und allein aufgrund dessen ab was ihr über ihr Volk zu wissen glaubt."
Der Arget Un erhob den Zeigefinger um seine Worte zu unterstreichen.
"Ich sage "zu wissen glaubt", weil euer Wissen auf dem Stand von vor über 100 Jahren ist. Wisst ihr wo und wie die Gehörnten heute leben? Was sie antreibt? Ihr wisst nichts über die Welt in die ihr zurückgekehrt seit."
"Das stimmt nicht ganz Arget Un Eragon" ließ sich Harkor nun vernehmen. Anders als sein Reiter schien er sich nicht in die Ecke gedrängt zu fühlen. Er sprach in einem ruhigen sachlichen Ton.
Dieser Umstand beunruhigte Naja weit mehr als das wütende Gestammel von Darus. Dieser wollte nun etwas beisteuern aber sein Drache ließ es nicht zu. Sein Seelenhort glühte auf und eine lautlose Unterhaltung zwischen den beiden begann.
Alle Anwesenden kannten das von Drachen und Reitern und warteten geduldig. Naja nutzte die Gelegenheit um Harkor näher zu betrachten. Es war ihr vorher nicht aufgefallen aber die dunkle Mischung aus Braun und Grün der Lichtgestallt wirkte weniger als ob sie Helligkeit abstrahlen würde. Anders als bei den Ratsdrachen schien Harkor Licht regelrecht aufzuschlucken. Das Leuchten seines Seelenhortes, an der Stelle wo einst sein Herz aus Fleisch und Blut gewesen war, erinnerte die junge Reiterin an die zuckenden Blitze eines Gewittersturms die die sich auftürmenden Wolkenmassen aufglühen ließen.
Was immer Darus von seinem Drachen zu hören bekam, es sorgte offensichtlich dafür, dass der alte Reiter zurücktrat und seinem Drachen das Wort überließ.
Dieser hob erneut an:
"Wir möchten eure lobenswerten Verdienste nicht in Abrede stellen Arget Un Eragon. Wie könnte ich. Ihr habt meinem Volk neues Leben gegeben. Wenn überhaupt, muss ich euch dafür danken."
Zur allgemeinen Überraschung senkte Harkor leicht das Haupt vor Eragon. Demutsbezeugungen waren bei Drachen eine Seltenheit und es brachte Harkor einiges an Respekt ein, dass er dazu griff.
Trotzdem glaubte Naja nicht, dass die Geste ehrlich gemeint war.
Harkor sprach weiter.
"Ihr habt großes und gutes geleistet aber ich befürchte euch fehlt aufgrund eurer Jugend die Weitsicht bestimmte Dinge zu erkennen."
"Und die währen?" erkundigte sich Eragon mit neutraler Stimme.
"Es geht nicht um die Aufnahme der Urgals oder der Zwerge in den Pakt der Völker. Anders als mein Reiter bin ich sogar der Meinung, dass es eine gute Sache ist. Ein Ansatz der aber nicht weit genug geht! Der Orden umfasst nun alle Völker. Trotzdem führen wir diese Völker nicht."
"Das ist auch nicht unsere Aufgabe!" warf Umaroth ein. "Wir Dienen den Völkern und dem Frieden. Wir schützen und beraten! Wir herrschen nicht!"
"Aber ist das nicht genau der Fehler an dem der alte Orden zerbrochen ist Meister?" Harkors Erwiderung klang unaufdringlich. Fast hätte auch Naja ihm geglaubt, dass er nur eine Frage stellte. Nur besorgt war um den Orden und die Zukunft aller Völker.
Harkor sprach weiter:
"Erinnert euch, ihr alten Meister: Als Galbatorix und seine 13 bereits offen und mordend durch die Lande gezogen sind mussten wir erst mühevoll ein Bündnis mit den einzelnen Herrschern aushandeln. Sie überzeugen eine Streitmacht gegen die Verräter aufzustellen und dann begann der Streit wie diese Armee geführt werden sollte! Einige Herrscher haben sich sogar auf Galbatorix Seite geschlagen und ihre Truppen ihm unterstellt weil er ihnen Macht und Einfluss in seiner neuen Ordnung versprach. Sie gewährten ihm Unterschlupf und wollten uns nicht erlauben gegen ihn vorzugehen weil wir damit ihre Eigenständigkeit verletzen würden! Heute mögen Gerechte Könige und Königinnen die Kronen der Völker tragen aber die meisten Herrscher gehören sterblichen Völkern an! Was wenn ihre Nachfolger korrupt sind? Wir sind Ewig. Unveränderlich wie das Gestein des Beor-Gebirges. Wir sollten die Völker anführen. Zu ihrem eigenen Schutz! Eine starke, einigende Hand muss verhindern, dass sich erneut eine Dunkelheit erhebt wie die, die fast die Flamme der Drachen erstickt hätte. Die Saht neuen Unfriedens ist bereits ausgebracht. Allein durch die Tatsache, dass es neue Reiche, neue Könige und Herrscher gibt. Wir müssen eine neue Ordnung erschaffen. Eine die aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt hat! Und ich denke, dass mein Reiter besser geeignet ist den Orden auf dem Weg dazu anzuführen, denn er stammt aus einer Zeit die alle Völker als eine goldene und von Frieden und Wohlstand geprägte Zeit ansehen. Das gibt ihm eine Autorität die ihr nicht habt Eragon."
Eine Unsichere Stille breitete sich aus, als Harkor verstummte. Noch immer war Naja fest überzeugt, dass Eragon und Saphira den Orden führen sollten aber sie konnte nicht abstreiten, dass Harkor sehr überzeugend gewesen war. Überzeugender als sie es für möglich gehalten hätte.
"Ein interessanter Punkt"
Eragons Stimme durchschnitt die Stille. Sie wirkte auf Naja und die meisten Anwesenden wie ein Spritzer kaltes Wasser der das Gesicht eines Mannes traf der in Begriff war in Schlaf zu sinken.
"Bevor wir diesen Punkt weiter erörtern möchte ich aber gerne eine kleine Veränderung an dem Zauber vornehmen der euren Lichtkörper entstehen lässt Harkor. Es ist nur eine Kleinigkeit."
"Welche Veränderung?" zum ersten mal wirkte der alte Drache etwas unsicher.
"Ich möchte die Flügel entfernen."
Harkor wirkte entsetzt und trat einen Schritt zurück.
Eragon sprach ruhig und freundlich weiter.
"Es ist nur zu eurem Besten. Ihr braucht sie doch nicht mehr um zur Jagd auszufliegen, weil ihr kein Futter braucht. Es ist auch besser wenn ihr von nun an hier auf dieser Insel bleibt. So kann der Orden euch viel besser schützen und das Geheimnis um die Eldunarí wahren."
Harkor entblößte seine Reißzähnen und fauchte: "Kein Zweibeiner sagt mir wohin ich gehe und niemand nimmt mir meine Flügel! Sie sind mein Recht von Geburt an....."
Harkors wütende Stimme erstarb. Er hob den Kopf leicht. Erkenntnis blitzte über seine Züge.
Abfällig betrachtete er Eragon der nun wieder das Wort ergriff:
"Und deshalb wird die wundervolle neue Ordnung, die ihr uns ausgemalt habt scheitern Harkor. Ganz gleich wie golden ein Käfig ist: Er bleibt ein Käfig. Und wenn jemand, der so jung ist wie ich das erkennen kann, werden es die Völker auch erkennen."
"Sie werden sich widersetzen." stimmte Arya nun aus dem Hintergrund zu. Sie trat neben Eragon und sprach zu Harkor und Darus.
"Was wollt ihr tun wenn es Widerstand gegen eure neue Ordnung gibt? Ihn mit Gewalt brechen? Ebenso die die ihn leisten?"
"Wenn wir das tun sind wir nicht besser als Galbatorix!" stellte eine klangvolle Stimme aus dem Hintergrund fest.
Naja erkannte, dass Meisterin Narie gesprochen hatte. Ihre Drachendame Kira brummte nur zustimmend.
Meister Marek schloss sich den beiden nun an:
"Wenn wir vorgehen wie ihr es vorschlagt, dann sind wir nicht besser als Galbatorix. Der wollte auch alle Völker vereinen und goldene Städte errichten. Wir Bergnomaden haben ein Sprichwort: Sorge bei jedem Schritt dafür, dass du den Fuß richtig setzt. Damit meint mein Volk, dass Wachsamkeit nun einmal der Preis für Sicherheit ist. Sicher wird es vielleicht korrupte Herrscher geben aber das rechtfertigt nicht sie ganz abzuschaffen! Das wäre so als ob man das Beor-Gebirge abtragen würde damit man nicht mehr über Felsspalten stolpert! Ein Unterfangen das nur scheitern kann und nur Narren würden es versuchen! Und ein Narr bin ich nicht."
"Nein, nur manchmal ein Kindskopf." fügte Narie halblaut hinzu, lächelte den anderen Reiter aber freundlich an.
Kurz hielt Heiterkeit Einzug, dann ergriff Eragon wieder das Wort:
"Es ist wahr, ich bin jung! Und ich will nicht lügen: Als ich die Bürde der Führerschaft des Ordens übernommen habe war es keine leichte Last die es zu schultern galt. Doch ich trage sie nun und bin bereit es weiterhin zu tun so gut ich vermag wenn der Ältestenrat mir sein Vertrauen ausspricht. Ich bitte euch um dieses Votum aber bedenkt: Der Weg den Darus und Harkor uns vorschlagen werde ich nicht gehen! Wenn ihr diese Politik verfolgen wollt müsst ihr ihn auf den Thron setzten und nun bitte ich um eine Abstimmung."





Abstimmen nicht vergessen;)

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