103. Alte Schuld

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-"Bestohlen?"- wollte Varus wissen. -"Was meinst du Mutter."-
"Ich denke das ist offensichtlich Varus." sagte Naja und blickte ihrem Reisegefährten vielsagend in die Augen.
Der junge Drache brauchte einen Moment, dann blickte er mit eine Mischung aus Schreck und Unglaube zu seiner Mutter auf. Lumaja fixierte weiterhin Darus. Dieser war auf seinen Baumstumpf zurückgesunken. In der Rechten hielt er immer noch sein Schwert, mit der Linken umklammerte er den Beutel mit dem Eldunarí seines Drachens. Den Blick der silbernen Drachendame konnte oder wollte er nicht erwidern. Eisern starrte er auf den Boden vor ihm.
-"Ihr seit mit vielen Fragen zu mir gekommen meine jungen Freunde."- flüsterte Lumaja schließlich.-"Nun sollt ihr Antworten erhalten. Als Galbatorix Dunkelheit sich ausbreitete und die Niederlage offensichtlich und unabwendbar wurde entschied ich mich zur Flucht! Ich trug bereits dich, Varus, und deine Geschwister in mir. Euch musste ich schützen! Ich strebte nach Osten! Die Menschen hatte Galbatorix unterworfen, die Zwerge waren unter der Erde verschwunden und die Elfen..... Ihr König war gefallen und es schien als würden die Verräter auch den Wald des Nordens niederbrennen, Es blieb nur der Osten. Auf meiner Flucht traf ich dann Darus. Morzan hatte ihn und seinen Drachen angegriffen und Hakor tödlich verletzt."-
"Er war viel zu stark." flüsterte Darus plötzlich. Sein Blick war glasig geworden. Er war offenbar völlig in der Erinnerung gefangen die ihn gerade heimsuchte.
-"Und zu ungestüm."- ergänzte Lumaja. -"In einen Fluss sind die Beiden gestürzt! Galbatorix hätte das sicher nicht so gewollt. Er wollte ja möglichst viele Herzen der Herzen unter seiner Herrschaft wissen . So jedoch glaubte Morzan, das dieser Reiter und sein Drache für seinen Herrn verloren wäre."-
"Hakor hat seinen Seelenhort ausgespien als er spürte, dass sein Körper es nicht schaffen würde."
Darus ergriff wieder das Wort. Er klang matt, müde aber schien wieder etwas mehr in die Realität zurückgefunden zu haben. "Wir wollten einander nicht verlieren aber die Strömung war viel zu stark. Sie hat uns mitgerissen. Ich habe versucht ans Ufer zu kommen aber ich war selbst verletzt und die Strömung so stark!"
-"Ertrunken wärst du."- zischte Lumaja.-"Du wärst elendig ertrunken und Hakor? Dein Eldunarí wäre auf dem Grund des Flusses im Schlamm versunken. In ewiger Dunkelheit hättest du ohne deinen Reiter dahin vegetieren müssen! Und wie habt ihr es mir gedankt?!"-
Darus wollte etwas erwidern, machte sogar Anstalten aufzustehen aber Lumaja zischte so giftig, dass er den Versuch aufgab.
-"Zunächst glaubte ich Verbündete auf meiner Flucht, ja sogar Freunde gefunden zu haben. Darus konnte seine Wunden durch meine Kraft und die von Harkor heilen. Er war das Brennglas für unsere Stärke und so entkamen wir an diesen Ort. Hier habe ich meine Eier gelegt und damit fing es an. Ich wollte dich Varus und deine Geschwister schlüpfen lassen. Ich sehnte mich sonach euch aufzuziehen und ich wollte wieder andere Drachen um mich haben aber ihr wart dagegen."
"Weil es zu gefährlich gewesen wäre." unterbrach Darus nun beseelt von neuer Kraft. "Vier Drachen hätten den Wildbestand sehr belastet. Eure Anwesenheit wäre in die Stimmen des Lebens eingegangen. Galbatorix hätte seine Verräter geschickt oder die Razac. Außerdem hätten deine Kinder irgendwann den Wunsch gehabt diesen Ort zu verlassen! Sich Nistpartner zu suchen oder gar gegen den Mörder ihres Volkes zu kämpfen. Er hätte uns aufgespürt!"
-"Du hast recht!"- unterbrach Lumaja die immer fiebriger gewordene Rede des Greises. -"So wäre es gekommen und deshalb habe ich deinem Plan zugestimmt."-
"Welchem Plan?" erkundigte sich Naja.
-"Dem, meine Eier mit einem Zauber zu belegen der die Küken in ihren Eiern hielt. Fern vom Leben das ihnen zustand."-
Lumajas Worte klangen als würde sich die alte Drachendame für ihre Entscheidung schämen. Varus schmiegte sich tröstend an seine Mutter.
-"Ich verstehe deine Gründe."- versicherte er Lumaja. -"Im Grunde hast du doch nichts anderes getan als die alten Meister es auf Vroengard als sie das Verlies der Seelen schufen."-
Lumaja summte dankbar und antwortete:
-"Ich bin so froh, dass du dein Leben frei führen kannst mein Sohn. Ohne Angst und mit Hoffnung für die Zukunft. Oft zog es mich zu der Bergspitze wo du und deine Freunde mich fanden. Nachts saß ich dort und kostete die Düfte die der Wind heran trug. Mehr und mehr verblasste der Geruch der Kinder des Himmels und des Feuers. Schließlich glaubte ich die letzte Tochter unseres Volkes zu sein. Zumindest die Letzte die frei war als Drache zu leben und nicht als Sklave. Du kannst dir das Gefühl nicht vorstellen Sohn, dass ich hatte wenn ich in jenen Tagen dein Ei und die deiner Geschwister ansah. Was für ein Leben würde euch erwarten? Ihr drei, Geschwister und eure Mutter: Allein auf der Welt! Das Drachenvolk hätten wir nicht neu erwecken können. Ich habe versucht mir Hoffnung zu machen indem ich mir sagte, dass Galbatorix eines Tages an seiner eigenen Bosheit ersticken würde, dass ich mit meinen Kindern wieder ans Licht treten würde damit die anderen Völker noch einmal unsere Art in all ihrer Pracht erblicken könnten bevor wir......"-
Lumaja unterbrach sich und Naja ertappte sich dabei wie sie sich eine Träne aus dem Auge wischte. Sie konnte verstehen, dass Lumaja darin keine wirklich Hoffnung finden konnte. Was war das für eine Perspektive für eine Mutter? Kinder nur in die Welt zu bringen als die Todeszuckung eines sterbenden Volkes?
Gerade als sie sich diese Frage stellte sprach Lumaja weiter::
-"Aber dann wurde alles anders. Neue Düfte begleiteten den Wind. Erst habe ich geglaubt, dass die Einsamkeit mir den Verstand geraubt hätte aber dann.... erst ganz schwach kehrte der Geruch der Himmelskinder zurück! Mit jedem Jahr, mit jedem Monat wurde er stärker, dieser Geruch! Ich wollte ihm folgen, wollte ergründen was vor sich ging aber ER"- sie nickte Darus zu. -"hielt mich zurück!"-
-"Weil es zu gefährlich war!"- verteidigte sich der alte Reiter. -"Was wenn du auf Zuchtfarmen der Verräter gestoßen wärst! Galbatorix hat mehr als einmal verlauten lassen, dass er die Drachenreiter unter seiner Führung auferstehen lassen wollte. Neu geschaffen nach dem Bild seiner 13 Diener! Wenn sie dich gefangen hätten..... Es stand nicht nur dein Schicksal auf dem Spiel!"
-"Soweit gebe ich dir noch recht!"- donnerte die silberne Drachendame. -"Aber was du dir dann ausgedacht hast! Eines meiner Kinder wolltest du als Spion in die Welt schicken. Ein Ei irgendwo verstecken, es schlüpfen lassen und hoffen das das Kücken allein in der Wildnis überlebt! Es musste ein Ort in der Nähe unserer Behausung sein, damit man bemerken würde wenn das Küken in die Welt hinauszieht! Mit der Traumsicht hätte man es beobachten können und so Hinweise bekommen können was vor sich ging in der Welt! Ich habe diesem verwerflichen Vorhaben nie zugestimmt!"-
"Und das war ein Fehler!" Darus war aufgesprungen. Er geiferte regelrecht als er sprach. "Du hast einfach nicht begriffen, dass es die einzige Möglichkeit war! Alles andere hätte uns nur in Gefahr gebracht. So hätten wir Informationen sammeln können ohne unsere eigene Sicherheit zu riskieren. Der geschlüpfte Drache hätte nicht gewusst woher er stammt und woher er kommt! Er hätte niemanden zu uns führen können. Und wenn die Wyrdfell sein Ei entdeckt hätten, dann hätten sie geglaubt dass es von einer Windschwinge aus der alten Zeit zurückgelassen worden wäre. Ein perfekter, strategischer Zug!"
Lumaja stieß ein donnerndes Brüllen aus! Eine Flamme züngelte in Darus Richtung , ließ in rückwärts taumeln und brachte ihn zum schweigen.
-"Meine Kinder sind keine Figuren für deine Winkelzüge!"- Lumajas Flanken bebten als sie weiter sprach. -"Ich habe respektiert, dass es gefährlich gewesen wäre wenn ich mich auf die Suche nach Artgenossen gemacht hätte. Ich war euch ein Freund! Ihr aber habt meine Wünsche, meine Rechte nicht geachtet. Mit einem heimlichen Zauber hast du mich einschlafen lassen Darus. Dann hast du das Ei mit meinem Sohn gestohlen und es auf dem Berg versteckt. Dank Hakors Kraft konntest du mich für Tage schlafen lassen ohne das Durst und Hunger mir etwas anhaben konnten. Er hätte das aufrecht erhalten bis du geschlüpft wärst und dem Wind in die Welt gefolgt wärst. Zwei Wochen! Mehr, da war er sich sicher wäre nicht nötig! Du hättest auch Artgenossen gewittert! Es hätte dich zu ihnen gezogen sobald deine Flügel stark genug wären dich zu tragen! Am dritten Tag aber hat er dann beobachtet wie ein Reiter auf einer gelben Himmelsschwester dein Ei gefunden hat Varus. Für ihn war die Sache damit klar: Ein Reiter konnte nur ein Sklave von Galbatorix sein! Deshalb hat er sich feige hier unten versteckt anstatt dir zu helfen Sohn! Mir hat er das erzählt als mein Geist den Zauber mit dem er mich belegt hat schließlich abgeschüttelt hat. Er lebt nur deshalb noch weil er sich vor dem Feuer meiner Verzweiflung in seinem Loch versteckt hat. Seit damals lebe ich dort oben auf dem Berg und habe darauf gewartet, dass du zurückkommst Varus. Ich wollte dich einmal sehen und dann den Häschern des Mörders, die dich zweifellos begleitet hätten, ein letztes mal zeigen was es bedeutet gegen einen Drachen zu kämpfen! Und dann....."-
Lumaja verstummte. Naja und ihre Begleiter begriffen auch ohne weitere Worte. Sie hatte mit ihrem Tod gerechnet oder mit schlimmerem.
-"Aber jetzt ist alles anders."- flüsterte Lumaja mit einem Blick auf Varus. -"Ein neuer Tag hat die Dunkelheit vertrieben und deshalb bin ich hier Darus!"-
Mit diesen Worten zog die Drachendame ihren Schwanz zur Seite und ließ den alten Reiter ihre verbliebenen Eier sehen.
-"Du hast den Zauber damals so formuliert, dass er endet wenn wir drei der Meinung sind, dass die Geburt meiner Kinder keine Gefahr mehr darstellt! Dieser Moment ist gekommen. Du und Hakor werdet meine Kinder jetzt in das Leben entlassen, dass wir ihnen bisher verweigern mussten! Danach trennen sich unsere Wege! Als Freund werde ich weder dich noch Hakor je wieder sehen. Doch die Welt ist groß genug! Wenn wir hier an diesem Ort einen Weg finden konnten uns aus dem Weg zu gehen, dann schaffen wir das auch in der Welt die uns nun offen steht."-






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