92. Mutter und Tochter

96 8 0
                                    

Marlena hatte es nicht eilig auf dem Nachhauseweg. Sie rechnete bereits damit, dass eine Auseinandersetzung mit ihrer Mutter bevorstand.
Leider schien der Weg zu ihrem Elternhaus geradezu unter der jungen Halbling dahin zu fliegen. Egal wie sehr sie sich bemühten langsam voran zu kommen. Es wollte nicht gelingen.
Als sie schließlich die Küche betrat wollte sie am liebsten einen Stoßseufzer in den Himmel schicken. Ihre Mutter wartete bereits auf sie.
Die elfische Drachenreiterin saß am Küchentisch. Allein die Flamme einer einzelnen Kerze erhellte das Zwielicht im Zimmer.
Marlena beschloss sich nicht ohne weiteres in die Defensive drängen zu lassen. Sie trat zu einem der Vorratsschränke, entnahm ein Glas und schenkte sich ein Glas Frisches Quellwasser ein.
Sie spürte den Blick ihrer Mutter im Rücken. Ihr Gewissen versetzte der jungen Halbling einen kleinen Stich. Sie wusste sehr genau, dass sie ihre Mutter gerade provozierte. Zu weit wollte sie das Spiel auch nicht treiben. Sie setzte sich zu Arya an den Tisch.
Einige stille Sekunden vergingen. Mutter und Tochter blickten sich direkt an und die Luft zwischen ihnen schien sich aufzuladen wie bei einem Gewitter.
Jede Sekunde rechnete man mit einem Knall. Mit etwas spektakulärem, dass all diese aufgestaute Energie freisetzen würde.
Die fast flüsternde Stimme der elfischen Drachenreiterin sprach stand im krassen Gegensatz zu all diesen Erwartungen und doch schnitt sie durch die Luft wie ein entfesselter Blitz.
"Es war sehr unhöflich von dir, Marlena, dass du Naja, Geoff und ihre Drachen nicht verabschiedet hast."
"Und warum?" fragte Marlena. Auch sie sprach flüsternd, aber man hörte den herausfordernden Unterton. "Ich bin keine Reiterin. Das war eine Angelegenheit des Ordens.
"Du bist die Tochter von zwei Reitern. Shurtugal die den Orden sogar anführen. Dadurch ergeben sich für dich Pflichten. Eine Verantwortung den Traditionen gegenüber!"
"Pflicht, Verantwortung und Traditionen! Das sind wohl deine Lieblingswörter Mutter. Lebst du auch zwischendurch mal?"
Marlena war aufgestanden und ging in der Küche auf und ab.
"Du bist immer noch verstimmt weil dein Vater und ich nicht wollen, dass du schon in so jungem alter vor die Dracheneier trittst.."
Marlena unterbrach ihre ruhelose Wanderung. Ihre Mutter hatte keine Frage gestellt. Es war mehr eine Feststellung und ganz konnte sie die junge Halbling nicht von der Hand weisen.
"Vielleicht." räumte sie daher ein. "Aber ich möchte das jetzt nicht erneut diskutieren. Ihr habt eure Entscheidung was das betrifft getroffen. Ich verstehe aber nicht, warum du etwas dagegen hast, dass ich meinem Leben einen Sinn geben will. Jeod braucht inzwischen wirklich meine Hilfe. Er wird alt und seine Hände zittern. Er kann kaum noch eine Schreibfeder halten."
"Ich habe nichts dagegen, dass du etwas sinnvolles tust Tochter." unterbrach Arya mit einer Spur von Schärfe in der Stimme. "Solange du deine Pflichten nicht vernachlässigst."
"Pflichten! Dein Lieblingswort! Gibt es für dich noch etwas anderes als Pflicht?"
"Fírnen, deinen Vater und dich!" hielt die ältere Elfe dagegen. "Und ich bin nicht begeistert davon, dass du mich immer öfter gegen mich ausspielst. Wenn ich dir etwas untersage gehst du zu ihm weil du weißt das er der Nachgiebiger von uns beiden ist! Erst heute wieder."
"Das ist nicht wahr!" widersprach Marlena scharf. "Er hört mir aber wenigstens zu! Du gehst immer davon aus, dass meine Gründe pflichtvergessen und trivial sind. Heute zum Beispiel hatte Jeod mich gebeten früher zu kommen. Die Zwerge haben uns Einblicke in die Chroniken ihrer Clans gegeben.. Wir haben für die Abschriften nur begrenzte Zeit zur Verfügung und ich habe ihm versprochen zu helfen!"
"Warum hast du mir das nicht einfach erklärt?" wollte Arya wissen und erhob sich nun ebenfalls.
Bei Marlena löste das sofort einen Fluchtreflex aus. Sie wollte sich nicht in die enge drängen lassen.
"Weil du nie zuhörst" sagte sie daher schlicht und stürmte aus der Küche.



::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::





Eragons feine Sinne erkannten sofort das Arya ihr gemeinsames Schlafgemach betreten hatte. Wortlos zog die Elfe im Halbdunkel ihr Nachtgewand an und schon Augenblicke später fühlte Eragon wie etwas flink und lautlos wie ein Katze zu ihm ins Bett stieg.
Langsam drehte er sich um und legte den Arm um seine Gefährtin.
Er erkannte es sofort. Er hatte es befürchtet. Die Elfe in seinen Armen vibrierte fast vor Anspannung . Behutsam rückte er etwas näher.
Es dauerte einige Sekunden bis Aryas Stimme sich zart wie ein Windhauch vernehmen ließ.
"Ich will sie nicht verlieren."
"Das wirst du nicht." versprach Eragon. "Das wirst du nicht."






Abstimmen nicht vergessen;)

Eragon-OS-SammlungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt