Solche Momente waren selten. Das war Marlena ganz klar als sie beobachtete wie Aurelia und Glaedr sich gegenseitig durch den Drachenhort jagten. Momente in denen man einfach nur glücklich war. Momente in denen das Glück keinen Anfang und kein Ende zu haben schien, sondern allgegenwärtig war.
Einen solchen Moment erlebte Eragons Tochter als sie die beiden Drachenjungen beobachtete.
Gerade schnappte Aurelia nach der Schwanzspitze ihres neuen Spielgefährten. Dorns Sohn wirbelte herum, presste sich an den Boden und fauchte.
Deutlich war aber zu erkennen, dass in diesem Fauchen keine wirkliche Drohung inne wohnte. Der kleine Drachenjunge genoss das Spiel in vollen Zügen.
Als Glaedr seine Schwingen in einer spielerischen Drohgebärde spreizte erkannte Marlena eine Besonderheit.
Der Erstgeborene von Dorn und Lenjara hatte nicht völlig die goldene Schuppenfarbe seines Namensvetters geerbt. Die Flügelhaut zeigte eine einzigartige Schattierung. Sie war golden, dort wo sie an den fingerartigen Knochen der Schwingen ansetzte, ging dann in ein sattes Rotgold über das dem kupferfarbenen Glanz von Lenjaras Schuppen nicht unähnlich war und wandelte sich zu den Spitzen hin schließlich in ein tiefes dunkel Rot.
Marlena war sich sicher, dass diese "Familienähnlichkeit " auch ihrem Onkel nicht entgangen war. Murtaghs Lächeln wuchs noch etwas in die Breite und Marlena war sich sicher einen besonderen Glanz in den Augen ihres Onkels zu erkennen.
Die junge Halbling hatte mehr und mehr den Eindruck vor Glück gleich platzen zu müssen. Sie wollte dieses Gefühl mit jemandem teilen! Mit jemandem, dem das Schicksal keinen solchen Augenblick bescherte. Gerade schien das Glück so im Überfluss vorhanden zu sein, dass teilen einfach alles war was man tun konnte!
Doch mit wem? Alonvy erlebte den Moment genau wie sie.....
Als Marlena die Antwort fand gab es für sie kein Halten mehr. Hastig versicherte sie den anderen Reitern, dass sie gleich wieder zurück sein würde und stürmte die Treppen hoch in ihr Zimmer.
Ein hoher Spiegel stand in jedem Quartier des Herrenhauses und so musste die junge Halbling sich nicht lange mit der Suche nach einer Kommunikationsmöglichkeit aufhalten.
Der notwendige Zauber floss ihr fast ohne Nachdenken von den Lippen. Augenblicke später verschwand ihr eigenes Abbild von der Oberfläche des Spiegels und Marlena erblickte das Arbeitszimmer ihres Vaters.
Eragon saß an seinem Schreibtisch und hatte den Blick fest auf zwei große schimmernde Seelenhorte gerichtet. Der eine leuchtete golden, der andere weiß.
Marlena vermutete, dass es sich um die Eldunarí von Glaedr und Umaroth handelte. Das war nicht ungewöhnlich. Die Seelen der beiden alten Drachen gehörten zu den engsten Vertrauten ihres Vaters und er sprach sich oft mit ihnen ab.
Es wunderte Marlena auch nicht, dass die beiden Seelenhorte nicht in der Ratshalle waren sondern im Heim ihrer Eltern.
Bei den Drachen galt es als Beweis des Vertrauens und der Wertschätzung wenn man in die Heimstatt eines Anderen gebeten wurde.
.....Das Heim eines Drachens ist sein Reich und er ist darin König.....
Das hatte Eragon seiner Tochter immer wieder gesagt und seiner Tochter und der damals noch jungen Alonvy von Dorns erstem Besuch in der Ostmark erzählt. Auch Fírnen hatte nicht einfach einen anderen Drachen in der Höhle seiner Nistpartnerin geduldet.
Eragon nahm oft Seelenhorte mit in sein Heim wenn er vertrauliche Gespräche mit den alten Drachen führte. Es war eine Geste des Respekts an die Geister der alten Himmelskinder.
Der Umstand, dass das Haus von Marlenas Eltern etwas außerhalb der Reiterstadt und Abseits der Festung der Reiter lag erwies sich hier als praktisch. Auf diese Weise ließen sich diese Gespräche gut verbergen.
Das Geheimnis der Eldunarí zählte noch immer zu den am besten gehüteten in Alagaesia und Marlenas Vater achtete darauf, dass es so blieb!
Außer den Herrschern der Völker und den Reitern des Ordens wussten nur die Drachen welches Geheimnis den Seelenhorten inne wohnte.
Marlena wusste auch, dass ihr Vater Zauber gewirkt hatte die verhinderten, dass ein nicht eingeweihter Seelenhorte erblickte die bei ihm "zu Gast" waren. Marlena konnte die Eldunarí auf dem Schreibtisch ihres Vaters sehen weil sie selbst eine Reiterin und vollwertiges Mitglied des Ordens war. Einem nicht eingeweihten wäre dies unmöglich gewesen.
Marlena räusperte sich leise.
Eragon hob sogleich den Blick und entdeckte seine Tochter. Ein warmes Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus.
"Na wenn das nicht meine Große ist." schmunzelte er.
Marlena lächelte zurück und verfolgte wie der Blick ihres Vaters kurz leer wurde.
"Ich habe deine Mutter zu uns gebeten." erklärte Eragon nach einigen Augenblicken. "Oder möchtest du mich allein sprechen?"
"Nein, nein!" Marlena wehrte ab. Im Augenblick konnte es gar nicht genug Leute geben denen sie die Neuigkeit berichten konnte.
"Ich hoffe nur ich störe nicht." erkundigte sich Marlena und wies auf die beiden Seelenhorte.
Eragon schüttelte beschwichtigend den Kopf.
"Wir haben gerade über den Seelenhort gesprochen der die Geister von Tagra und Aracna in sich trägt."
"Gibt es etwas neues?" erkundigte sich Marlena aufgeregt.
Die Reiterin der Gehörnten und ihre schwarze Drachendame war der erste große Verlust den der neue Orden der Reiter verkraften musste.
Reiterin und Drachendame waren im Kampf gegen Marantera gefallen bevor Marlena die wahre Natur der Bedrohung erkannt hatte. Später hatte sie gemeinsam mit Alonvy den Seelenhort der schwarzen Drachendame entdeckt und festgestellt, dass Aragna begonnen hatte ihre Seele mit der ihrer Reiterin zu verschmelzen. Beide hatten überlebt und waren nun im Begriff als ein Wesen wiedergeboren zu werden. Ein Bewusstsein das ebenso Togra war wie auch Aragna.
"Ein paar neue Entwicklungen gibt es schon." antwortete Eragon. "Die Phase der Verschmelzung ist wohl abgeschlossen. Togra und Aragna sind nun eins aber bisher haben sie wenig Interesse an der Welt gezeigt. Im Augenblick ist dieses neue Wesen noch ganz auf sich konzentriert. Glaedr und Umaroth sagen das sei normal. Sie werden mit uns sprechen wenn sie bereit sind."
"Wirst du ihnen dann auch die Möglichkeit geben sich einen Lichtkörper zu erschaffen?" wollte Marlena wissen.
Ihr Vater nickte.
"Natürlich! Aber das wird keine leichte Aufgabe werden."
"Warum?"
"Weil dieses neue Wesen weder Drache noch Urgal ist Kind." erwiderte Eragon auf die Frage seiner Tochter hin. " Wir müssen warten bis sich dieses neue Geschöpf ausdrücken und selbst Bennen kann. Deshalb ist es auch so wichtig dieser Verschmelzung Zeit zu lassen. Bedenke Marlena: Zwei völlig unterschiedliche Wesen werden zu Einem! Im Augenblick könnte diese Verschmelzung noch nicht einmal sagen wie viele Gliedmaßen ihr Lichtkörper haben soll. Zwei Arme und zwei Beine wie ein Urgal oder vier Beine und zwei Flügel wie ein Drache? Und was ist mit dem Schwanz? Togra kennt das Fliegen nur durch die Verbindung mit Aragna aber sie hat nie die Körperteile besessen die man braucht um sich in den Himmel zu erheben. Würde Aragna auf der anderen Seite in einem Körper leben wollen der ihr dieses vertraute Gefühl nicht bietet?"
"Wohl kaum." räumte Marlena ein. "Die Elfen haben recht wenn sie Drachen als Kinder des Feuers und der Luft bezeichnen. Ein Drache der nicht fliegt......Das gibt es nicht."
"Allerdings." bestätigte Eragon. "Die Phase der Verschmelzung ist vorbei, nun beginnt die der Selbsterkenntnis. Es braucht Zeit."
Marlena nickte. Noch bevor Vater und Tochter ihre Unterhaltung fortführen konnten trat Marlenas Mutter Arya ins Bild. Warm lächelte die Elfe ihre Tochter an.
"Marlena. Es ist schön das du dich meldest. Geht es allen in Cosaria gut?"
Marlena grinste in sich hinein. Sie wusste genau worauf die Frage ihrer Mutter abzielte. Arya und Narie standen sich so nah wie Schwestern und seit "Silberschopf" "Rabenmähne" verkündet hatte, dass sie Nachwuchs erwartete erlebte Marlena ihre Mutter in einem völlig untypischen Gefühlszustand: Erfüllt von nervöser Vorfreude.
ein Umstand der noch dadurch gemehrt wurde, dass Narie und Marek Arya gebeten hatten die Patenschaft für ihr Kind zu übernehmen.
"Tante Narie geht es gut und dem Rest von uns auch." verkündete die junge Halbling daher grinsend.
Ein Anflug von Röte glitt über die Wangen ihrer Mutter.
"Aber wo wir schon gerade beim Thema Nachwuchs sind...." fuhr Marlena voller Begeisterung fort und bemerkte nicht wie ihr Vater leicht blass wurde.
"Du meinst doch nicht......?"
Die junge Halbling brauchte einen Moment um zu begreifen.
"Vater! Nein! Was denkst du denn von mir!?"
Eragon sank mit einem erleichterten Seufzen auf einen Stuhl.
"Ich denke das du deinen alten Vater nicht so erschrecken solltest junge Dame." seufzte er. "Aber wenn es nicht um dich geht, um wen denn dann?"
"Dorn und Lenjara, die Drachendame von Ajescha aus dem Norden. Sie sind hier zu Besuch. Sie haben uns aufgesucht weil Dorn und Lenjara.....Nun, sie sind Nistpartner und Dorn wollte das seine Schwester dabei ist wenn ihr Küken zur Welt kommt und Lenjara wollte das Irucan dabei ist. Er ist ja ihr Ziehsohn. Und letzte Nacht war es soweit!"
Die Neuigkeiten sprudelten nur so aus Marlena heraus.
"Eine weitere wunde heilt." murmelte Eragon glücklich lächelnd als die junge Halbling einen Augenblick Luft holen musste.
Arya nickte sanft und lächelte ebenfalls.
"Nun Tochter " Eragon beugte sich zum Spiegel vor. "Ich bitte um Details!"
Eine Bitte der Marlena nur zu gern nachkam. Sie beschrieb jedes Detail der Geburt, Lenjaras Wunsch sie allein durchzustehen, Dorns Ankunft und das Schlüpfen des goldenen Kükens. Nur den Namen den die stolzen Eltern gewählt hatten verschwieg sie noch.
"Aurelia hat auf jeden Fall mit Begeisterung auf ihren neuen Spielgefährten reagiert. Die beiden sind schon jetzt ein Herz und eine Seele."
"Das glaube ich!" lachte Eragon aus dem Spiegel heraus.
"Ein Sohn also." schmunzelte Arya. "Hat der Schlüpfling denn schon einen Namen?"
Marlena schluckte. Unweigerlich glitt ihr blick zu dem goldenen Seelenhort der bisher still neben dem Weißen geruht hatte. Ein Umstand der nicht ungewöhnlich war. Je länger der Tod des Körpers zurücklag, desto stiller wurde ein Eldunarí. Mehr und mehr zog sich der Geist des Drachen in seine Erinnerungen zurück oder lauschte mit seinen Gedanken dem Lied des Lebens. Irgendwann konnte sogar ein Punkt erreicht werden an dem der Funke im Herzen des Eldunarí erlosch. die Seele wurde eins mit dem Strom des Lebens, der sie umgab.
Von diesem Punkt waren sowohl Glaedr als auch Umaroth zwar noch weit entfernt aber beide nahmen nur noch an Unterhaltungen teil wenn man sie direkt darum bat. Ansonsten ließen sie dem Konzert des Lebens um sie herum freien Lauf.
Marlena schluckte noch einmal, dann verkündete sie: "Glaedr."
Schlagartig leuchtete der goldene Seelenhort auf. Feine Lichtfäden wuchsen aus seiner Oberfläche, wanderten luftig und leicht, wie Spinnweben im wind auf den Spiegel in Eragons Arbeitszimmer zu. dort begannen sie sich zu verknüpfen und eine Gestalt zu bilden.
Aufgrund des Platzmangels in Eragons Arbeitszimmer sah die Seele des alten Drachen davon ab sich einen vollständigen Körper aus licht zu erschaffen. Allein Glaedrs gewaltiges Auge entstand gestochen scharf vor Marlena. Jenseits des Auges verlor sich de Gestallt des alten Drachens in Unschärfe und dann im Nichts. Durch dünne Lichtfäden mit dem Seelenhort verbunden fixierte das Auge des alten Drachen Marlena.
"Warum?" fragte eine alte, kraftvolle Stimme.
Erneut musste Marlena schlucken. Glaedr klang nicht wütend aber auch nicht erfreut. Gerade die kühle Neutralität brachte die junge Halbling etwas aus der Fassung.
Schließlich fasste sie sich und begann zu berichten. Jedes Wort von Dorn gab sie genau wieder und bemühte sich auch die Gefühle zu beschreiben die sie vom roten Begleiter ihres Onkels aufgefangen hatte.
Als sie geendet hatte herrschte Stille. Niemand wagte sie zu durchbrechen.
Schließlich war es Glaedr der als erster das Wort ergriff. Gedankenverloren murmelte der alte Drache, mehr zu sich selbst als zu den Anderen:
"Heilende Wunden.......Schmerz der vergeht....... Der Beginn von Freiheit..... "
Marlena schöpfte Hoffnung. Mit jedem Wort schien Glaedrs Stimme weicher zu werden.
".....Beginn von Freiheit......Wie glücklich kann ich mich schätzen, wenn das das Erbe ist, dass ih hinterlasse."
Erneut richtete sich Glaedrs Blick auf Marlena.
"Sag deinem Onkel und seinem Drachen, dass ich mich für sie freue. Außerdem......"
Der alte Drache zögerte kurz.
"Lass sie wissen, dass der Erbe meines Namens immer willkommen ist mich zu besuchen. Von Besitz alten wir Drachen nicht viel. Als Geschenk gilt es bei uns wenn wir Erfahrungen mit denen teilen die nach uns kommen. Und ich.....ich habe vielleicht ein oder zwei Dinge für den jungen Glaedr. Dinge die ihm helfen werden allseits auf glücklichen Winden zu reiten."
Abstimmen nicht vergessen;)
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Eragon-OS-Sammlung
FantasyDiese One-shot Sammlung von Eragon gehört nicht mir. Ich habe sie nur auf ff.de gefunden der eigentliche Autor heißt auf ff.de Traeumer. Die One-shots beziehen sich auf seine Eragon Fortsetzungen. (Man kann die Geschichte auch auf Fanfaction.de lese...