179. Völkerspiele Teil 3

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Mit kräftigen Flügelschlägen strebte der Donner nun seinem Ziel zu.
Saphira führte die Formation an und als die ankommenden Drachen ihr Ziel fast erreicht hatten legte sich die blaue Drachendame in eine Kurve und begann den Hügel auf dem die rote Halle lag zu umkreisen.
Schon bald hörte Garath bewundernde Rufe die von dem begeisternden Volk am Boden stammten zu sich aufsteigen.
-"Sind wir wieder etwas selbstsüchtig meine Schöne?"- erkundigte sich der Arget Un.
Gespannt verfolgte Garath das Gespräch seiner Lehrer.
-"Wieso selbstsüchtig?"- erwiderte Meisterin Schimmerschuppe betont unschuldig.
-"Saphira, sag mir nicht, dass du es nicht genießt dich vom Volk da untern bewundern zu lassen!"-
Die blaue Drachendame stieß ein verlegenes Brummen aus.
Zu Garaths Überraschung jedoch sprang aurelia für ihrer geflügelte Lehrerin in die Bresche:
-"Ich finde das seht ihr falsch Meister Eragon. Wir geben den Zweibeinern doch nur die Gelegenheit etwas Schönes in all seiner Pracht zu bewundern. Das ist nicht selbstsüchtig sondern vielmehr selbstlos!"-
-"So ist es!"- bestätigte Saphira und zwinkerte Aurelia dankbar zu. -"Da siehst du es Kleiner! Das Küken versteht es!"-
Garath verfolgte wie Arget Un Eragon die Augen verdrehte, lachte und seiner Drachendame versöhnlich den Hals kraulte.
Inzwischen hatte der Donner den Hügel auf dem die Rote Halle der Urgalgra erbaut war zur hälfte umrundet und Garath erkannte, dass die Seite der Erhebung, die er nun einsehen konnte, bei weitem nicht so sanft abfiel wie die, die sie während ihres Anfluges gesehen hatten.
Unwillkürlich fühlte der junge Fischersohn sich an seine Kindheit an der Küste erinnert.
Der Hügel auf der die rote Halle lag war wie eine zu stein erstarrte Welle.
Die Ostseite war ein sanft ansteigender Hügel. Auf dieser, mit saftigem Gras bewachsenen Seite waren einige Gebäude errichtet und eine breite Straße führte in sanft geschwungenen Bögen bis zur roten Halle empor.
Ein Verteidigungswall am Fuße des Hügels verwandelte die Siedlung in ein Bollwerk und man hätte diesen Ort für eine kleine Stadt halten können wären die Nebengebäude nicht etwas merkwürdig gewesen.
Es waren keine Wohnhäuser die einzelnen Familien gehörten. Statt dessen waren es lang gezogene, mit Reisig gedeckte Hütten die den jungen Reiter an Ställe oder Lagerhäuser erinnerten.
-"Das sind Gemeinschaftshäuser."- erklärte der Arget Un seinem Schüler auf dessen Nachfrage hin. -"Ich habe euch ja schon erklärt, dass die Gehörnten nicht an ein Leben an einem festen Ort glauben. Die rote Halle ist nur so etwas wie ein zentraler Treffpunkt den alle Clans auf ihren Wanderungen immer wieder ansteuern.
In den Gemeinschaftshäusern finden die Krieger Unterkunft. Sie werden auch als Lagerhallen genutzt, Werkstätten sind darin untergebracht und Vorräte mit denen sich die Urgalgra neu verproviantieren können bevor ihre Wanderung erneut beginnt."-
Garath nickte verstehend und beobachtete weiterhin interessiert den Hügel unter ihm.
Die Westseite offenbarte sich als das genaue Gegenteil des Osthangs.
Wenn der Hügel eine zu Stein gewordene Welle war, dann stand die rote Halle auf der Krone.
Direkt hinter der Welle fiel der Hügel in einer steilen Felswand ab. Ein Wasserfall brach aus der "Wellenkrone" heraus und sammelte sich in einem kleinen Gewässer am Fuß der Felswand.
-"Kein Wunder, dass die Urgalgra sich diesen Ort ausgesucht haben um zu siedeln."- befand Aurelia. -" Es ist gut zu verteidigen. Ein Feind kann nur von Osten aus kommen und dort haben sie starke Verteidigungsanlagen. Außerdem muss ein Feind, der nicht den Himmel beherrscht wie wir Drachen ständig bergauf stürmen. Das begünstigt die Verteidiger."-
-"Stimmt."- meinte Garath. -"Ich weiß, dass ihr Drachen nicht viel von Städten haltet aber die meisten unserer Siedlungen sind aus gutem Grund da wo sie sind. Wir bauen unsere Häuser nicht einfach irgendwo. Das hat schon seine Gründe!"-
Aurelia schnaubte zustimmend, beeilte sich dann aber zu Meisterin Saphira aufzuschließen. Die blaue Drachendame hatte beigeedreht und hielt nun auf den offenen platz vor der Roten Halle zu.
Der Landeanflug der Drachen blieb nicht ohne Wirkung. Sofort räumten einige Kull die Fläche, damit die Gäste vom Orden der Reiter aufsetzen konnten.
Saphira war die erste, die zur Landung ansetzte. Erst als die blaue Drachendame ihre mächtigen Schwingen angelegt hatte konnten auch Nyx und Aurelia aufsetzen.
Garath folgte dem Beispiel seines Meisters und löste seine Beinriemen. Als er vom Rücken seiner Drachendame glitt wurde die breite, schwere Doppeltür der Roten Halle aufgestoßen und ein mächtiger junger Kull schritt heraus ins Tageslicht.
Garath musste schwer schlucken. Der Kull bot ein mehr als einschüchterndes Bild. Selbst für einen Urgalgra dem das alte Blut inne wohnte war er groß.
Der junge Reiter konnte einen direkten Vergleich mit den Gehörnten anstellen die die Fläche für die Landung der Drachen geräumt hatten.
Der Kull der nun auf sie zuschritt überragte sie alle um einen Kopf.
Verstärkt wurde der einschüchternde Anblick des Gehörnten noch dadurch, dass er in ein fein abgezogenes Bärenfell gehüllt war.
Ganz offensichtlich hatte man beim Häuten des erlegten Tieres darauf geachtet, dass man noch genau erkennen konnte von welchem Tier es stammte und welche Fellstücke den Körper wo bedeckt hatten.
Das Fell stammte, da war Garath sich sicher, von einem Urzhaden! Einem der riesigen Höhlenbären die man im Reich der Zwerge fand.
Das Fell der Vorderpranken hatte sich der Kull um die Schultern geschlungen und vor der Brust verknotet. Am äußersten Ende der Fellstücke erkannte man noch die mächtigen Krallen des Bären.
Das Kopfstück des Bärenfells trug der Kull wie eine Kapuze über dem Kopf. Die Dolchartigen Reißzähne des Bären waren noch gut sichtbar und wirkten wie ein grausame Krone.
Mit jedem Schritt den der Kull auf sie zukam wuchs in Garath der Wunsch davonzulaufen oder zumindest sein von Elfenhand gefertigtes Übungsschwert zu ziehen. Doch er beherrschte sich eisern.
Als der Kull schließlich vor Arget Un Eragon stehen blieb sah er sich der Anführer der Reiter und der gewaltige Gehörnte kurz in die Augen, dann präsentierten sie dem Gegenüber gleichzeitig die verwundbare Kehle.
Einige Sekunden verharrten die beiden so.
Garath fiel auf, dass es während dieser Begrüßung auf dem Vorplatz der roten Halle fast totenstill geworden war.
Schließlich blickten sich der Kull und der Arget Un wieder an.
Wieder vergingen einige Augenblicke, dann verzog sich das furchteinflößende Gesicht des Gehörnten zu einem warmen Lächeln. Er breitete die Arme aus um legte sie Meister Eragon freundschaftlich auf die Schultern.
"Meister Feuerschwert und Saphira Flammenzunge. Es ist mir eine Ehre euch zu begrüßen." verkündete der Kull mit tiefer volltönender Stimme.
"Es ist mir eine Ehre von euch begrüßt zu werden Nar Garzhenog, Großnar der Urgalgra. Möge eure Herrschaft golden sein und ihr im Blut eurer erschlagenen Feinde baden!"
Die beiden mächtigen Männer hatten laut gesprochen, so das jeder auf dem Platz sie hören konnte. Nun brachen die umstehenden in Jubel aus.
Arget Un Eragon ließ das Volk einige Minuten der Freunde, dann winkte er Garath zu sich heran.
Der junge Fischersohn musste schwer schlucken aber aurelia schickte ihm einen zuversichtlichen Gedanken und erinnerte ihren Reiter an das warme Lächeln, das noch immer auf Nar Garzhenog Gesicht zu sehen war.
Garath bemühte sich aus der Zuversicht seiner Drachendame Kraft zu schöpfen und trat an die Seite des Arget Uns.
"Nar Garzhenvog, darf ich euch vorstellen? Dies ist Garath unser jüngster Novize und zur Zeit mein Schüler."
Als der Blick des Kull sich auf ihn richtete wusste Garath was er zu tun hatte. Seine Lehrer hatten es im erklärt und er hatte nicht vor sie zu enttäuschen.
Auch er präsentierte dem hochgewachsenen Kull nun seine Kehle und sagte dann:
"Es ist uns eine Ehre bei euch Gast zu sein Großnar Garzhenog."
Garath drehte sich zu Aurelia um und wies auf seine Drachendame. Als ihr erwählter Reiter war es seine Aufgabe ihren Namen zu nennen und das Drachenfräulein vorzustellen. so war es Brauch im Orden!
"Ich darf euch meine Drachendame vorstellen, Aurelia!"
"Ich begrüße euch beide in Frieden!" erwiderte der Kull. "Möge euer Leben lang und von Siegen erfüllt sein!"
Es entging Garath nicht, dass der Großnar wenn es um ihn selbst und Aurelia ging nicht von einer Ehre im Bezug auf ihren Besuch sprach.
-"Denk dran was uns Meisterin Schimmerschuppe beigebracht hat."- erinnerte Aurelia ihren Reiter. -"Titel und Abstammung gelten bei den Urgalgra nicht viel. Nur Leistungen und errungene Siege. Und da haben wir noch nicht wirklich etwas vorzuweisen."-
Garath konnte spüren, dass Aurelia mit ihrem Stolz kämpfte aber anerkannte, dass sie und ihr Reiter immer noch am Anfang standen.
"Und das hier ist Nyx." verkündete Eragon und wies auf den nachtfarbenen jungen Drachen. "Er ist ein wilder Sohn des Drachenvolkes und interessiert sich für die Spiele."
"Oho!" rief Nar Garzhenog aus. "Will er es etwa euch gleichtun ehrenwerte Flammenzunge und an den Wettkämpfen teilnehmen?"
Garath konnte es Aurelia nachfühlen als er ihre Überraschung spürte.
-"Ihr habt an den Spielen teilgenommen Meisterin?!"- wollte das rote Drachenmädchen wissen.
-"Später ihr Küken!"- bestimmte die blaue Drachendame gütig.
An den Großnar gewandt fügte sie hinzu:
-"Nyx hat nicht den Wunsch teilzunehmen aber er möchte erleben was nicht einmal seine Mutter, die silberne Drachendame der alten Zeit je erlebt hat. Ein Fest dass alle Völker Alagaesias in Freundschaft vereint. Eine große Schöpfung der Gehörnten!"-
Mit einem zufriedenen Lächeln auf dem Gesicht präsentierte der Großnar der blauen Drachendame seine Kehle in einer Geste der Dankbarkeit.
"Nun Meister Feuerschwert!"- sagte der Kull dann. "Darf ich euch hereinbitten? Abgesannte der Völker möchten euch begrüßen und wir können den weiteren Ablauf besprechen."
"Sehr gern!" versicherte der Arget Un, drehte sich aber, bevor er dem Kull folgte, noch einmal zu seinen Schülern um.
"Das hier dürfte euch nicht interessieren." schmunzelte er. "Seht euch ruhig ein wenig auf dem Fest um."
Garath blieb etwas unsicher zurück. Wäre es als Mitglied des Ordens nicht seine Pflicht den Arget Un zu begleiten.
Saphira, die die Gedanken des jungen Schülers verfolgt hatte lachte gütig.
-"Ach ihr Küken!"- gluckste sie. -"Mein Reiter hat euch gerade ein Geschenk gemacht!"-
Garath empfing einen Strom von Gedanken. Es waren Bilder die Eragon bei Empfängen aller Art zeigten. Ein bleiernes Gefühl überlagerte all diese Bilder. Eine alles lähmende Langeweile!
-"Wollt ihr euch das wirklich antun?"- fragte Saphira lachend. -"Keine Sorge! Das wird euch noch früh genug einholen. Ihr müsst dem nicht nachlaufen. Was für euch interessant ist erwartet euch nicht dort in der Halle sondern dort unten auf der Festwiese!"-
-"Da habt ihr wohl recht Meisterin."- stimmte Garath zu. -"Aber, stimmt das Ihr habt an den spielen teilgenommen."-
Die blaue Drachendame brummte versonnen.
-"Ja das habe ich!"- räumte sie schließlich ein. -"Aber das ist schon einige Jahre her. Ich wollte den Vater des heutigen Großnars unterstützen. Nar Garzhvog. Er hat mit uns im großen Krieg gekämpft und die Urgal-Stämme vereint.
Er war es auch, der die Völkerspiele einführte. Erst standen die Gehörnten ihnen skeptisch gegenüber. Deshalb reisten mein Reiter und ich an um Garzhvog zu unterstützen, so wie heute seinen Sohn."-
-"Und deshalb habt auch ihr teilgenommen Meisterin?"- wollte Aurelia mit vor Neugier zuckender Schwanzspitze wissen.
-"Nur an einem Wettkampf."- beschwichtigte die blaue Drachendame. -"Die Meisten Wettkämpfe dieser Spiele sind für uns Himmelskinder nicht wirklich geeignet. Aber einer hat mich gereizt.
Wenn heute Abend die Feuersäulen entzündet werden, dann macht sich eine Gruppe auf den Weg, die an eben dem Wettkampf teilnehmen werden. Diese Gruppe zieht zum Beor-Gebierge und versucht dort die höchsten Gipfel zu erklimmen. Drei besonders fordernde Berge hat man dafür ausgewählt. Wer den Ersten bezwingt, dem ist ein Eisenring sicher. Ein silberner für den der auch den zweiten bezwingt und ein Goldener für den, der den Dritten schafft.
Mir ist das gelungen!"-
Aurelia und Nyx wollten die blaue Drachendame sogleich mit weiteren Fragen bestürmen aber Saphira gebot Einhalt.
-"Wir suchen uns jetzt ein ruhiges Eckchen wo wir uns ausruhen können und dann erzähle ich euch Küken alles." versicherte sie. "Und du Garath willst sicher den Festplatz erkunden oder?"-
-"Ja gern!" begeisterte sich der junge Reiter. -"Aber willst du nicht mitkommen Aurelia?"-
Das rote Drachenmädchen gluckste.
-"Ich glaube dafür bin ich allmählich etwas groß Garath."- verkündete sie und spreitzte leicht die Flügel. -"Aber keine Sorge. Ich werde alles sehen. Durch deine Augen! So werde ich alles erleben."-
-"So ist es richtig!"- lobte Meisterin Saphira. -"Es ist die größte Stärke von Drache und Reiter, dass euer Geist und eure Seele so eng verbunden ist. Gut das du das erkennst Aurelia. Durch eure Verbindung kann deine Kraft an Orte dringen zu denen nur Garath Zugang hat.
Ebenso ist es umgekehrt mit deiner Kontrolle junger Reiter. Ihr seit eine Einzelheit du und Aurelia."-
-"Außerdem kannst du dich auf diese Weise umsehen ohne das alle vor Ehrfurcht erstarren."- ergänzte Aurelia. -"Wen ich bei dir wäre könntest du nirgendwo auftauchen ohne das man dich sofort als Reiter erkennt. Wir wollen hier doch die Völker erleben wie sie sind und nicht dabei zusehen wie sie sich in Ehrfurcht verneigen!"-
-"Na gut, das sehe ich ein."-
-"Gut!"- brummte Saphira zufrieden. -"Dann kommt ihr Küken. Ich kenne ein Plätzchen wo wir unsere Ruhe haben."-
Garath sah den drei Drachen nach wie sie sich entfernten. Durch das geistige Band spürte er, dass Saphira weitere Fragen zu ihrer Teilnahme beiden Spielen beantworten musste.
Schmunzelnd wandte er sich der Festwiese zu. Aufregung erfasste ihn. Das Abenteuer lag vor ihm.






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