160. Das Heiligtum Teil 1

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Genießerisch schob sich Eragon eine der Trauben in den Mund die an seinen Rebstöcken prächtig reiften. Mit der Zunge presste er die Frucht gegen seinen Gaumen, zerdrückte sie und ließ sich den Saft über die Zunge fließen.
-"Was denkst du Saphira?"- erkundigte er sich bei seiner Drachendame.
Von jenseits der mannshohen Hecke, die Eragons "Heiligtum" vom Rest der ehemaligen Schlüpflingswiese trennte, erklang ein Laut der bei einem Drachen wohl ein schicksalsergebenes Seufzen war.
Saphiras Kopf erschien über der Krone der Hecke.
-"Kleine, wie oft muss ich dir noch sagen, dass ich von solchen Dingen nichts verstehe?!"-
Eragon schmunzelte.
-"Das nehme ich dir nicht ab. Ich habe dich in jedem Jahr an meinen Eindrücken teilhaben lassen wenn es um meine Ernte ging. Und du willst mir sagen, dass du noch immer nicht genug von den Dingen verstehst die ich hier anbaue um ein Urteil abzugeben?"-
-"Ich merke mir eben nur wichtige Dinge."- schoss Saphira zurück.
Eragon spürte allerdings sofort, dass sie die Worte sogleich bereute. Durch ihre Verbindung spürte die blaue Drachendame deutlich, dass sie über das Ziel hinausgeschossen war. Eragon nannte diesen Garten nicht ohne Grund sein "Heiligtum". Das Haus der Arget Un stand Bittstellern stehts offen. Jeder wusste das.
Eragons Garten jedoch war ein völlig anderes Kapitel. Hier hatte nur seine Familie wirklich unbegrenzten Zutritt. Selbst andere Reiter durften diesen Bereich nur auf Einladung des ersten Reiters betreten.
Der Garten war Eragons ganzer Stolz und seit er ihn vor so vielen Sommern angelegt hatte war er sogar noch gewachsen.
Ursprünglich hatte sich Saphiras Reiter auf die klassischen Feldfrüchte konzentriert, die er aus seiner Heimat kannte. Doch als die Zeit verging hatte er weitere Beete und weitere Pflanzen hinzugefügt.
Oft waren es die neuen Bewohner der Ostmark gewesen die den Anführer des Ordens dazu gebracht hatten sich auch an der Aufzucht von Pflanzen zu versuchen die er noch nicht kannte.
Seine letzte Neuerung waren einige duzend Weinreben gewesen. Er hatte es genossen das Handwerk des Winzers zu lernen und inzwischen gelang ihm ein ganz annehmbarer Wein. Selbstverständlich stellte Eragon nur Dinge für sich selbst und seine Familie her. Daher genügte es Saphiras Reiter eine überschaubare Anzahl von Nutzpflanzen zu unterhalten. Seine Weinstöcke bescherten ihm in einem guten Jahr nur etwa drei duzend Flaschen Wein. Genug für den Hausgebrauch.
Eragon erinnerte sich, das Helena, Jeods inzwischen verstorbene Frau dies immer sehr bedauert hatte. Zu ihren Lebzeiten hatte die fähige Geschäftsfrau mehr als einmal darauf hingewiesen, dass der Apfelwein aus der persönlichen Reserve des Schattentöters sicherlich hohe Preise erzielen würde.
Eragon hatte die Früchte seiner Obstbäume schonh seit seinen ersten Tagen hier im Osten verarbeitet doch auch hier galt: Nur für den Hausgebrauch.
Größere Felder hätten ihn dazu gezwungen sich bei Ernte und Verarbeitung entweder helfen zu lassen oder Magie zu gebrauchen.
Beides wollte der Arget Un nicht! Er kam an diesen Ort um seiner Wurzeln zu gedenken, seinen Geist dadurch zu befreien und sicher zu stellen, dass er den Idealen treu blieb auf denen er den neuen Orden aufgebaut hatte.
Er sprach nur mit sehr ausgewählten Personen über sein "Heiligtum". Das Eragon sie um ihre Meinung bat war für ihn ein Weg um zu sagen, dass Saphira ein Teil seiner Familie war.
Deutlich spürte der Anführer der Reiter jedoch, dass seine Seelenschwester ihn nicht hatte kränken wollen. Ackerbau war den Drachen fremde. Das wusste er.
Umso mehr wusste er es zu schätzen, dass Saphira sich nun auf seine Sinneseindrücke konzentrierte und schließlich sagte:
-"Ich denke du solltest sie noch eine Woche reifen lassen. Sie haben schon viel Süße aber der Abgang ist noch etwas sauer."-
-"Das denke ich auch."- lächelte Eragon.
Er kehrte den Weinstöcken den Rücken und überlegte gerade, welche seiner "Schützlinge" noch der Zuwendung bedurfte als Saphira seinen Geist anstieß.
-"Kleiner, hier ist jemand für dich. Sie haben eine Botschaft von Arya."-
Durch die Augen seiner Drachendame erkannte Eragon, dass Kuratrek, ein junger Reiter des Ordens der gemeinsam mit Marlena in die Lehre gegangen war, gemeinsam mit seinem Drachen Inferno vor dem Durchgang wartete der Einlass in Eragons Gärten gab.
Kurz überlegte Saphiras Reiter. Nicht jeder wusste was sich in seinem Heiligtum verbarg. dieser Garten war etwas sehr persönliches und es war ein Vertrauensbeweis von Eragons Seite wenn ein Ordensmitglied erfuhr was jenseits der schützenden Hecken lag. Außerhalb der Reihen der Drachenreiter war die Anzahl der "Eingeweihten" noch geringer. Jeod und seine Frau hatten dazu gehört, sowie Bloedgram und einige andere Mitglieder von Eragons ehemaliger Leibwache.
-"Ich denke Kuratrek und Inferno habe sich dein Vertrauen verdient Kleiner."- meinte Saphira. -"Wenn man von dem jugendlichen Gezänk absieht, das es am Anfang zwischen ihm und deinem Küken gegeben hat, war seine Ausbildungszeit vorbildlich. Außerdem hat er bisher jeden Auftrag den du ihm erteilt hast zu unserer vollen Zufriedenheit ausgeführt."-
-"Du hast recht meine Schöne. Sag ihm er soll eintreten aber in der Nähe des Eingangs warten. Wenn Arya sie geschickt hat gibt es wohl etwas das meine Aufmerksamkeit erfordert. Daher bleibt mir wohl keine Zeit für eine Führung."-
Mit gezielten Schritten durchquerte nun seinen Garten und war schon bald in Sichtweite des Eingangs. Was er dort erblickte ließ ihn schmunzeln. Ein stolzer Drachenreiter der Urgalgra stand dort. Seine mächtigen Hörner hatten sich den Schuppen seines Drachens angepasst. Flammend rote Adern durchzogen sie und verliehen Kuratrek eine Aura von Macht und Gefährlichkeit. Untermauert wurde dies noch durch das mächtige Breitschwert das der Besitzer auf den Rücken geschnallt trug.
All dies jedoch wirkte völlig deplatziert wenn man zwischen einem Beet mit Schnittlauch und einer Anpflanzung von Karotten stand!
Der verwirrte, um nicht zu sagen fassungslose Ausdruck auf Kuratreks Gesicht besorgte das Übrige.
-"Du genießt es doch, wenn die Schüler deinen Garten sehen und plötzlich einen Ausdruck auf dem Gesicht haben wie ein Kaninchen wenn es blitzt!"- vermutete Saphira.
Eragon lachte leise in sich hinein. Dies war in der Tat eine der versteckten Freuden seines Gartens. Viele junge Reiter konnten nicht verstehen warum der Arget Un Gemüsebeete als ein Heiligtum bezeichnete. Kuratrek bildete da wohl keine Ausnahme.
Lächelnd trat Eragon zu dem jungen Urgal der ihn scheinbar noch nicht bemerkt hatte.
"Es entspricht nicht ganz deinen Erwartungen oder junger Reiter?"
Der Urgal fuhr herum.
"Meister, nein, ich meine doch aber.....?"
Eragon hob die Hand um jede Frage im Keim zu ersticken.
"Ich weiß, du willst mich fragen warum ich all dies....." Eragon machte eine ausladende Geste. "All dies als ein Heiligtum bezeichne, nicht wahr?"
"Ja, Meister. Es ist nicht was ich erwartet habe." gab der junge Urgal zurück.
"Gut, das heißt, dass wir dir schon einmal eine wichtige Sache beigebracht haben: Das Fragen stellen. Nun wollen wir sehen ob du auch die zweite Lektion begriffen hast. Nämlich: Durch Nachdenken die richtigen Antworten zu finden. Ich möchte , dass du über das nachdenkst was du hier gesehen hast und mir morgen das Ergenbnis deiner Überlegungen mitteilst. Dann werden wir sehen und was immer du dann noch nicht verstehst werde ich dir und deinem Seelenbruder erklären."
"Ist das eine art Prüfung Meister?" fragte der Urgal unsicher.
Schmunzelnd klopfte Eragon dem Gehörnten auf die Schulter.
"Kuratrek, das ganze Leben ist eine Prüfung. Eine Große oder viele kleine in jdem Augenblick unseres Seins. Je nach dem was dir davon lieber ist.
Also: Saphira sagte mir, das du eine Nachricht von Argetlam Arya für mich. Was gibt es ?"
Kuratrek brauchte einen Augenblick um sich zu fangen, dann sagte er:
"Argetlam Narie hat sich aus Cosaria gemeldet. Es geht um einen der jungen Novizen dort offenbar gibt es Probleme mit seiner Ausbildung."
Eragon nickte:
"Gut, ich gehe gleich zu ihr. Ist sie in unserem Arbeitszimmer?"
"Ja, ich habe ihr gerade meinen Bericht über die letzte Mission gegeben auf die Inferno und ich gegangen sind als uns der Ruf erreichte."
"Gut!" Eragon warf einen letzten Blick durch seinen Garten und wandte sich dann erneut an Kuratrek. "Ich erwarte dich also morgen, hier um die gleiche Zeit. Ich freue mich auf ein interessantes Gespräch."
Mit dem verwirrten Kuratrek verließ Eragon seinen Garten.
-"Das macht dir Spaß oder?"- fragte Saphira als sie Inferno nachblickten der mit seinem Reiter auf dem Rücken in Richtung der Reiterfestung davon flog. -"Diese Jungspunde mit deinem Grünzeug ein wenig aus der Bahn zu werfen?"-
-"Saphira, welchen Sinn macht es denn alt zu werden, wenn man nicht von Zeit zu Zeit etwas Spaß mit der Jugend haben darf."-
Saphiras heiseres Lachen begleitete Eragon als er sein Haus betrat.
Schon wenige Augenblicke später betrat Eragon sein Arbeitszimmer. Arya erwartete ihn bereits vor dem großen Spiegel aus dessen Oberfläche ihn Narie anblickte.
Es war Eragon nicht entgangen, dass die beiden Elfenfrauen in ein Gespräch vertieft gewesen waren als er begann die Schiebetür zu öffnen. Beide verstummten als er eintrat.
-"Aha!"- übermittelte er Saphira. -"Auch unter weiblichen Elfen gibt es also Gespräche die nur von Frau zu Frau geführt werden."-
-"Kleiner, diese Art von Gesprächen gibt es bei allen Völkern und das aus gutem Grund."- erwiderte Saphira spitz.
Eragon ließ es dabei bewenden und zog sich einen Stuhl heran um neben Arya platz zu nehmen. Da es Narie war, die das Gespräch mit ihnen suchte erlaubte es sich der Elfe an seiner Seite einen Kuss zu stehlen.
Normalerweise legte Arya wert darauf vor anderen Reitern die Form zu wahren aber Narie gehörte zur Familie.
"Also Narie...." hob Eragon schließlich an. "Was gibt es?"






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