Eragon-OS-Sammlung

122. Eisen und Glut

Naja war nervös als sie von Tanis Rücken glitt und an Geoffs Seite trat. Vor ihnen lag die Schmiede der Elfe Rhunön.
Hierher zu kommen war für jeden Reiter ein besonderer Schritt. Nur die ersten Reiter der neuen Zeit, die Meister Tar, Narie und Marek hatten ihre Waffen am Anfang der Ausbildung erhalten. Dann war man zu den alten Bräuchen zurückgekehrt. Mit einigen wenigen Ausnahmen, man konnte sie an einer Hand abzählen, erhielt jeder Reiter erst nach bestandener Ausbildung seine Reiterklinge.
Zusammen mit dem Schwert erhielt man von der alten elfischen Meisterin eine Chronik die die Geschichte der Waffe erzählte. Der junge Reiter übernahm die Aufgabe diese Chronik fortzuführen. So wollte Rhunön sicherstellen, dass ihre Waffen nicht missbraucht wurden. Jeder der sie führte musste die Verantwortung für das Erbe der Klinge übernehmen.
Eigentlich hatten Naja und Geoff den Besuch bei Rhunön längst machen wollen aber die Ereignisse um Lumaja, Darus und Harkor hatten ihre Pläne über den Haufen geworfen. Doch jetzt war es soweit.
Eigentlich hatte Naja es nicht mehr für möglich gehalten. Sie war fest überzeugt gewesen keine Reiterklinge zu verdienen und hatte es Arget Un Eragon und seiner Gefährtin angeboten darauf zu verzichten.
Der Anführer des Ordens hatte sie verständnislos angesehen und nach dem Grund gefragt. Naja war der Meinung gewesen, dass die ganze Angelegenheit, der Verrat des alten Reiters doch eigentlich ihre Schuld gewesen sei. Immerhin hatten sie und Geoff Darus zur Ostmark gebracht.
Eragon hatte nur sanft gelächelt und die beiden jungen Reiter in sein Haus zu einem Abendessen eingeladen.
Naja und Geoff waren völlig verunsichert gewesen. Sie hatten mit allem gerechnet, einer Maßregelung durch den Ältestenrat, einer Strafe.....mit allem! Aber nicht damit freundschaftlich eingeladen zu werden, in das Haus des Schattentöters, um gemeinsam mit ihm und seiner Familie zu essen.!
Bei diesem Mahl hatten Eragon, Arya und auch Marlena den beiden jungen Reitern klar gemacht, dass ihnen nicht nur niemand die Schuld gab sondern das sie auch weiterhin absolutes Vertrauen genossen.
-"Und recht haben sie!"- Tanis hatte die Gedanken seiner Reiterin verfolgt. -"Was hätten wir denn tun sollen als wir Darus und Harkor trafen? Niemand konnte wissen, das ein Reiter und sein Drache sich so schändlich verhalten würden! Außerdem Kleines: Wer hat Harkor und seinem Reiter denn von Anfang an misstraut? DU! Du hast alle gewarnt und gesagt, dass man sie im Auge behalten muss. Was hättest du denn noch tun sollen? Sie für ein Verbrechen bestrafen, dass sie noch gar nicht begangen haben?"-
-"Ja, ja. Ich habe es ja begriffen."- räumte Naja ein. -"Trotzdem darf ich doch wohl ein bisschen nervös sein oder?"-
-"Von mir aus."- gab Tanis gönnerhaft zurück.
Naja versuchte sich gerade eine schlagfertige Antwort einfallen zu lassen als sie bemerkte, dass Geoff neben ihr ins wanken geriet und ein paar Schritte vorwärts taumelte.
Ein schneller Blick verriet ihr, dass Varus seinen Reiter mit der Schnauzte ein wenig dazu ermutigt hatte etwas schneller zu gehen.
Die beiden Reiter blickten sich an. Beide erkannten sie beim anderen die selbe Unsicherheit und beide mussten sie gleichzeitig über sich selbst lachen.
-"Jetzt stehen sie hier herum und kichern!"- knurrte Tanis ungeduldig.
Varus antwortete seinem Artgenossen mit einem Bild das den Schwarzen und ihn selbst zeigte wie sie ihre Reiter mit den Mäulern am Kragen ihrer Wamses fasten und wie junge Katzen in den Hof der Schmiede trugen.
Um diesem Schicksal zu entkommen brachten Geoff und Naja sich selbst wieder unter Kontrolle und betraten den Hof der Schmiede.
Rhunön erwartete sie bereits. Die Alte Elfe saß vor dem Eingang zu ihrer Werkstatt und kaute an einem Grashalm.
Die beiden jungen Reiter wollten gerade zum elfischen Gruß ansetzen als die Schmiedin ihnen das Wort abschnitt.
"Lasst den Firlefanz! Dazu bin ich zu alt und meine Zeit ist zu kostbar."
Sie blickte erst Naja an, dann Geoff.
"So, da seid ihr zwei also."
Keiner der beiden Reiter wusste recht was sie antworten sollten aber die Aufmerksamkeit der alten Elfe hatte sich bereits zu Tanis und Varus verlagert.
"Schwarz!" brummte sie resigniert.
Ihr Blick wanderte zu Geoffs Begleiter.
"Braun!"
Rhunön seufzte.
"Nun, das Horn Werk rette einiges. Das Silber und das Grün....Ja, damit lässt sich was machen."
-"RETTET!"- Tanis fauchte empört und auch aus Varus Nüstern stiegen dunkle Rauchfahnen.
Naja schickte schnell einen beruhigenden Gedanken an ihren Seelenbruder. Dieser antwortete nicht, offenbar fest entschlossen ein wenig zu schmollen.
Zu Najas Überraschung begann Rhunön heiser zu lachen.
"Eine der Freuden meines Berufs Mädchen." erklärte sie der verdutzten Reiterin. "Stolzen jungen Drachen einen kleinen Dämpfer zu verpassen ist ein Vergnügen, dass mir das Schicksal lange vorenthalten hat."
Die Schmiedin erhob sich und trat auf die jungen Reiter zu. Ihre Miene war wieder ernst geworden.
"Habt ihr es bei euch?"
Naja wusste sofort wovon die Rede war. Flink eilte sie an Tanis Seite und begann in einer seiner Satteltaschen zu kramen. Der Schwarze Drache hielt still, würdigte die Elfe die vor ihm stand allerdings keines Blickes mehr.
Naja brauchte nicht lange zu suchen. Schnell entnahm sie das längliche Paket der Satteltasche und reichte es Rhunön.
Schnell vielen die Stoffstreifen und enthüllten Darus grünbraune Klinge.
Einige Augenblicke sah die alte Elfe die Waffe nur an, Dann zog sie die Klinge blank und hielt sie aufrecht vor ihrer Brust. Ihr Blick wanderte über die Waffe und Naja hatte das Gefühl als ob eine tiefe Trauer von der Schmiedin Besitz ergriffen hätte.
Rhunöns geflüsterte Worte bestätigten diese Meinung.
"Auch du bist auf Abwege geraten Mautomier."
Naja begriff das Mautomier wohl der Name der Klinge sein musste. Schnell ging sie die alte Sprache durch doch Geoff war wohl schneller. Er gab einen spöttischen Laut von sich.
Rhunöns Aufmerksamkeit war geweckt. Eine ihrer Augenbrauen schoss in die Höhe und ihr Blick ruhte auf Geoff.
Dieser räusperte sich:
"Ich wollte eure Arbeit nicht beleidigen Rhunön-Elda aber Mautomier? Das heißt doch "Streithammer" in der alten Sprache. Ich finde das ist ein lächerlicher Name für ein Schwert. Ich meine, Ein Schwert ist ein Schwert und ein Streithammer ein Streithammer! Ich nenne doch meine Stiefel auch nicht plötzlich Hut!"
Rhunön blieb einen Augenblick still, dann lachte sie.
"Recht hast du Junge!"
Sie schob die Waffe zurück in die Scheide.
"Ich hab das selbe zu Darus gesagt als er diesen lächerlichen Namen ausgesucht hat aber er wusste es natürlich besser."
"Da fällt mir noch ein Meistern Rhunön." unterbrach Naja. "Arget Un Eragon hat mir eine Nachricht für euch mitgegeben als er mir das Schwert gab."
Rhunön nickte auffordernd.
"Er sagte: Alles wie gewünscht." wiederholte Naja pflichtbewusst.
"Gut!" antwortete Rhunön schlicht, drehte sich um und schritt auf ihre Werkstatt zu. Mit einer stummen Geste bedeutete sie den beiden Reitern ihr zu folgen.
Neugierig blickte sich Naja in der Werkstatt um. Etwas, dass wie ein großer Kessel aussah, war über dem Feuer aufgestellt. Der Boden des großen Gefäßes glühte bereits rot.
Rhunön trat an ihren Amboss, griff sich einen kleinen Hammer und führte einige gut platzierte Schläge auf den Knauf von Mautomier aus.
Augenblicke später hatte sie den Edelstein aus dem Griff gebrochen und verstaute ihn in einer kleinen Schatulle.
"Ich hätte nicht gedacht, dass das bei einem Reiterschwert möglich ist." flüsterte Geoff Naja zu.
"Ist es eigentlich auch nicht!" Rhunön griff die Frage auf ohne die jungen Reiter anzusehen. Sie trat an den Kessel heran. Die rote Glut der Flammen strahlte ihr Gesicht an und malte mit den Falten der Haut tiefe Schatten.
Die alte Elfe verharrte einen Augenblick und blickte auf das Schwert in ihrer Hand.
Ein Schauer lief Naja über den Rücken. Sie fühlte sich plötzlich wie auf einem Begräbnis. Es war als Gäbe Rhunön einem verstobenen Verwandten das letzte Geleit als sie das Schwert in den großen Kessel warf. Jetzt erkannte Naja um was es sich wirklich handelte: Einen Schmelztiegel!
"Ihr schmelzt es ein?" fragte sie vorsichtig.
Rhunön nickte langsam. Ihr Blick ruhte in den Flammen der Glut. Sie sprach langsam, wie in Trance:
"Dank Eragon kann ich das tun. Als er meine Meisterwerke in SEINER Festung gefunden hat waren auch IHRE Schwerter darunter. Die seiner Verräter. Seiner Mörder! Kein junger Reiter sollte je wieder diese Waffen führen. Sie hatten zu viel unschuldiges Blut getrunken. Ich wollte sie sicher verstecken aber Eragon sagte mir er könne die Zauber aufheben die meine Klingen unzerstörbar machen. Wie er das vollbringt weiß ich nicht und ich will es auch nicht wissen! Ich bin zu alt um noch neue Dinge zu lernen. Ich habe ihre Waffen eingeschmolzen. Ihre Schlachtwerkzeuge! Die Ausnahmen sind "Insilabeth" und "Zar Roc". "Insilabeth" wird nie wieder jemandem schaden und "Zar Roc",.....nun Eragon und Murtagh haben sein Schicksal gewendet. Durza stab durch die Klinge und zu Murtagh passt sie. Er wird Gutes damit tun. Deshalb gebe ich dieser Klinge noch eine Chance aber Darus Waffe verdient dieses Schicksal."
Langsam und bedächtig hob Rhunön einen Deckel auf den Schmelztiegel. Sie verharrte mit der Hand am Griff des Deckels......
Fast zärtlich löste sie die Finger, dann jedoch straffte sich ihre Gestallt und sie drehte sich zu den beiden jungen Reitern um.
"Na dann kommt mal mit ihr zwei. Zeit das wir die Klingen finden die euch auf eurem Weg als Drachenreiter begleiten werden."
Rhunön wand sich zu einer großen Tür an der Rückwand ihrer Schmiede. Als Naja ihr mit Geoff folgte spürte sie warme, freudige Aufregung in sich aufsteigen. Es war ein seltsames Gefühl. Ein Gefühl, als ob man nach einer Langen Reise an dem Ort angekommen war an den man gehörte. Welche Farbe oder Form ihre Klinge haben würde wusste Naja nicht. Auch nicht welchen Namen das Schwert tragen würde. Doch das war nicht wichtig. Sie spürte: Sie war eine Drachenreiterin. Sie war zu Hause.

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