Mit kräftigen Flügelschlägen näherte sich Kira dem Herrenhaus ihrer Reiterin. Gedankenverloren betrachtete Garath seine junge Seelenschwester Aurelia. Flink wie ein Spatz tollte das Drachenmädchen um seine ältere Artgenossin herum.
Trotz all der Dinge die er heute über das Volk der Drachen gelernt hatte verblüffte ihn Aurelias Ausgelassenheit.
Nachdem Ester und die übrigen Mitglieder des rollenden Donners ihn, den Reiter ihrer jungen Verwandten, inspiziert hatten war Aurelia ganz und gar ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt.
Kira hatte Garath unter ihre Fittiche genommen und erklärt was vor sich ging.
Fast eine Stunde waren die Drachen in einem Kreis gesessen und hatten einander angeblickt. Garath hatte am Rande seines Bewusstseins gespürt wie mächtige, tiefe Gefühle und Erinnerungen zwischen den einzelnen Geistern hin und her glitten wie Wolken am Himmel.
......Sie studieren einander!....... hatte Kira ihm erklärt......Sie betrachten die Seele des Anderen. Jeden Teil seiner Persönlichkeit damit sie, wenn sie einander wiedersehen, jede Veränderung des Anderen erkennen und seine Entwicklung zu würdigen wissen......
Anschließend hatte sich der rollende Donner zum Abflug bereit gemacht. Es hatte keine langen Worte des Abschieds gegeben, doch Garath hatte auch nicht das Gefühl gehabt, dass dies nötig sei noch irgend etwas zu sagen. Die Drachen hatten, auf ihre ganz eigene Art, alles übermittelt was wichtig war.
Als der rollende Donner sich dann in den Himmel erhob hatten Kira, Garath und Aurelia sie noch ein Stück begleitet. Dann jedoch hatten die wilden Drachen sich nach Norden gewandt. Donnerndes Brüllen von Kira und Aurelia hatte den Abschied begleitet. Kurz hatte Garath gespürt wie Abschiedsschmerz bei Aurelia aufflammte aber er war bereits vergangen, noch bevor das Echo des Abschieds verklungen war. Nun, das spürte Garath ganz genau, war Aurelia so fröhlich und unbekümmert wie eh und je.
Da es seiner Seelenschwester offenbar gut ging beschloss Garath sich an ihr ein Beispiel zu nehmen und sich ebenso auf die Zukunft zu konzentrieren.
-"Entschuldigt Meisterin aber darf ich euch eine Frage stellen?"-
-"Aber natürlich mein Junge. Nur so lernst du."- gab Kira zurück.
-"Werden Aurelia und ich unsere gesamte Ausbildung hier in Cosaria absolvieren?"-
Kira schnaubte überrascht. Aurelia indes stellte ihre waghalsigen Flugmanöver ein und glitt nun aufmerksam neben der älteren Drachendame durch den Himmel. Dieses Thema interessierte sie offenbar.
-"Warum stellst du diese Frage junger Garath. Bist du mit meinem Unterricht oder dem meiner Reiterin nicht zufrieden."-
Garath hatte deutlich gespürt, dass seine Lehrerin nicht wirklich beleidigt war und antwortete daher ruhig und sachlich.
-"Das ist es nicht Meisterin. Ich bin mit dem Unterricht zufrieden und fühle mich auch im Haus eurer Reiterin sehr wohl. Es ist nur......."-
Der junge Reiter geriet ins Stocken. Aurelias Unverblümtheit half ihm jedoch aus der Verlegenheit.
-"Es ist deine Mutter, nicht wahr Garath?"-
Der junge Reiter lachte in sich hinein.
-"Ja, so ist es."- gestand er. -"Wisst ihr Meisterin......Sie hat erst neulich wieder den Unterricht gestört und ich werde das Gefühl nicht los, dass das nicht das Letzte mal gewesen ist."-
-"Und das bekümmert dich?"- fragte die ältere Drachendame sanft.
-"Ja!"- räumte Garath schließlich ein und fügte hinzu: -"Jedes mal wenn ich gerade anfange mich sicher zu fühlen, jedes mal wenn ich gerade......."-
Wieder zögerte er. Es war nicht leicht über diese Dinge zu sprechen aber er musste an den Abschied von Aurelias Familie denken. Die Art der Drachen war so direkt gewesen. So ehrlich! Sie hielten nichts von sich zurück. Kein Stolz und auch keine falsche Scheu.
Kurz blickte er zu Aurelia. Er hatte am heutigen Tag viel über die tiefe der Bindung gelernt die er mit der kleinen Drachendame teilte. Sie hatte ihn gewählt! Ihn, mit all seinen Stärken und Schwächen. War es vor diesem Hintergrund nicht dumm etwas zu verschweigen oder zu beschönigen?
Garath atmete tief durch bevor er weitersprach:
-"Jedes mal wenn ich mein neues Leben annehme, wenn ich beginne mich wohl darin zu fühlen.....es genieße dann taucht sie auf. Und dann ist alles wieder da! Die Schuldgefühle, die Unsicherheit! Einfach alles! Und ich denke, dass das nicht gut ist. Für mich nicht und auch nicht für Aurelia."-
-"Gut."- brummte Kira.
-"Gut?"- fragte Garath unsicher.
-"Gut das du heute etwas gelernt hast."- schmunzelte Kira. -"Ich kenne Zweibeiner die länger gebraucht haben als du um zu begreifen, dass man sich nur selbst schadet wenn man sich selbst belügt."-
-"....und, dass es sinnlos ist Drachen zu belügen."- steuerte Aurelia vorwitzig bei.
-"Ja, das auch!"- lachte Kira. -"doch wenden wir uns dem Problem deines Reiters zu. Wenn ich dich richtig verstehe junger Garath glaubst du also, dass es besser wäre wenn ihr beide zu einem anderen Ort reisen würdet um eure Ausbildung zu durchlaufen. Vorzugsweise an einem Ort wo deine Mutter sich nicht ständig in dein Leben drängen kann."-
-"Ja, das denke ich."- räumte Garath ein. Es fiel ihm nicht leicht dies zu sagen, aber so fühlte er.
-"Ich möchte nicht vor meinen Problemen davonlaufen Meisterin aber......"-
-"Aber man muss jungen Schultern auch nicht mehr aufladen als sie tragen können."- vollendete Kira.
Garath konnte deutlich spüren, dass er nun nichts mehr sagen musste. Seine Lehrerin hatte ihn verstanden und dachte nun über das Problem nachdachte.
-"Vielleicht hast du recht."- räumte die rote Drachendame schließlich, nach einem Augenblick der Stille ein. -"Diese Zeit des gemeinsamen Wachsens ist wichtig für Drache und Reiter. Hier wird der Grundstein für einen gemeinsamen Lebensweg gelegt, der sich über die Abgründe der Zeit erstrecken wird. Es ist nicht gut für euch wenn diese Phase ständig gestört wird."-
-"Ich denke auch nicht, dass Garath davonlaufen würde Meisterin."- steuerte Aurelia bei. -"Ich meine, "Davonlaufen". dass ist doch wenn man vor einem Problem flieht, das man eigentlich lösen kann. Mit Klugheit, Anstrengung oder mit Feuer und Klauen! Aber nichts von all dem wird dein Problem lösen oder Garath?"-
-"Nein. Mit Klugheit ist meiner Mutter nicht bei zu kommen. Sie lässt kein Argument gelten! Anstrengungen werden uns da auch nicht weiter bringen. Es ist ja keine Frage der Kraft und Feuer und Krallen? Trotz allem ist sie meine Mutter. Ich will nicht, dass sie verletzt wird. Es.....Oh nein!"-
Inzwischen kreiste Kira über dem Hof des Herrenhauses und Garath hatte vom Rücken seiner Lehrmeisterin aus seine Mutter entdeckt die dort auf ihn wartete.
-"Vielleicht sollten wir....."- setzte Aurelia an, doch eine Welle der Strenge aus Kiras Geist brachte das Drachenmädchen sofort zum verstummen.
-"So weit kommt es noch du Küken! Dass ich mich von einer mageren Menschen Frau aus meinem Jagdgrund vertreibt!"-
Garath konnte die Einstellung seiner Lehrerin zwar verstehen aber er musste sich eingestehen, das Aurelias Vorschlag verführerisch war. Als Kira in den Sinkflug ging spürte der junge Reiter wie das Gewicht der ganzen Welt auf ihn einstürzte.
Garath hielt sich selbst nicht für wehleidig doch er spürte wie ihm Tränen in die Augen stiegen. Er wusste was nun folgen würde. Seine Mutter würde wieder betteln, drohen, schreien und beleidigen. Er schämte sich! Er schämte sich dafür, dass Elena ihn vor seinem Mitschüler, Kenai, in Verlegenheit brachte! Er schämte sich für die Unannehmlichkeiten die seine Mutter seinen Lehrmeistern bereitete. Narie und Marek hatten ihn, ihren Schüler, in ihr Haus aufgenommen und wie wurde es ihnen gedankt? Immer wieder wurde der Frieden ihres Hauses gestört! Und wessen Schuld war es?! Seine!
-"Du bist nicht schuld!"- widersprach Aurelia. -"Du gibst dir nur die Schuld!"-
-"Das mag sein Kleines."- gab Garath niedergeschlagen zurück. -"Aber gerade wünschte ich mir wir wären weit weg von hier!"-
Unerschütterlich jedoch setzte Kira zur Landung an. Die Krallen der mächtigen Drachendame hatten den Sand des Hofes kaum berührt als Elena bereits auf sie zugestürmt kam. Geradezu panisch begann sie nach Garaths Knöchel zu tasten und schien bemüht ihn ohne Rücksicht vom Rücken der Roten zu zerren.
Der fiebrige Ausdruck in den Augen seiner Mutter erschreckte Garath regelrecht.
"Garath, bist du verrückt!"
Elenas Stimme überschlug sich fast!
"Wie kannst du nur! Das ist gefährlich! Du kannst dich doch nicht einfach auf dieses wilde Tier...."
Jedes weitere Wort ging in dem Donner unter der aus Kiras Kehle drang. Mit der Geschwindigkeit einer zuschlagenden Schlange schwang der Kopf der Drachendame herum. Knapp neben Elena schnappten ihre Kiefer krachend zu.
Garaths Mutter machte einen Satz rückwärts.
-"Nenn mich noch einmal ein Tier Menschenweib und ich vergesse mich!"-
Kiras Stimme fegte wie ein heißer Wind durch den Geist aller Anwesenden. Fassungslos starrte Elena die rote Drachendame an während die Sie mit einem ihrer mächtigen Flügel von ihrer Flanke fort drängte und auf Abstand hielt.
-"Steig ab junger Garath."- wies die rote Drachendame ihren Schüler an. -"Und bleib an meiner Seite. Du auch Aurelia! Um diese Frau wird sich jemand anderes kümmern."-
Zwar brachte die Stimme der roten Drachendame zum Ausdruck, dass sich ihr Zorn nicht gegen ihre Schützlinge richtete aber sie duldete auch keinen Widerspruch von ihren Schülern.
Gerade als Garath sich jedoch fragte wie es nun mit seiner Mutter weitergehen sollte schallte eine Stimme über den Hof. Klar wie Bergkristall und doch kraftvoll wie der Blitz eines aufziehenden Gewitters.
"Elena!"
Vom Eingang des Herrenhauses her Schritt Meisterin Narie über den Hof. Rechts hinter der Elfe folgte ihre Nichte Marlena. Garath mochte diese junge Reiterin. Sie war die erste gewesen die seit langer Zeit freundlich gewesen war. Ganz im Gegensatz zu dem anderen Schüler Kenai.
Die anfängliche Ablehnung des anderen Novizen war allerdings schnell verflogen als der junge Mann begriffen hatte, das Garath kein Konkurrent war wenn es um die junge Marlena ging.
Und das war Aurelias Reiter wirklich nicht! Er mochte die Reiterin der weißen Alonvy aber mehr auch nicht. Das Letzte was der junge Reiter wollte war eine weitere Bindung. Seine Mutter hatte ihm gezeigt wie erdrückend sie sein konnten.
Beeindruckt war Garath aber nach wie vor von der Autorität die seine elfische Lehrerin Narie ausstrahlte.
-"Und Meisterin Alonvy hat mir erzählt, dass das noch gar nichts ist." kicherte Aurelia. "Meisterin Naries Cousine, die Reiterin Arya, soll das noch besser können."
Garath musste schlucken. Das konnte er sich in diesem augenblick wirklich nicht vorstellen.
Inzwischen hatte Narie die Gruppe erreicht und baute sich vor Elena.
"Elena, ich habe euch schon mehrfach gesagt, dass ihr in meinem Heim nicht wilkommen seit solange ihr seinen Frieden stört! Und erst recht nicht wenn ihr mein Haus und die umgebenden Ländereien ohne meine Erlaubnis betretet!"
Das spöttische Auflachen seiner Mutter traf Garath wie ein Peitschenschlag. Warum konnte sie nicht einfach gehen!
"Ich werde euch nicht um Erlaubnis anflehen um meinen Sohn zu sehen. Er gehört zu mir! Hört ihr? Mir! Und wie könnt ihr ihn überhaupt allein und ohne Aufsicht mit diesem....."
"Ich unterbreche euch zu eurem eigenen Wohl!"
Garath erschauderte beim Klang von Naries Stimme. Sie war nicht übermäßig kalt oder aggressiv. Es war ihre Ruhe! Diese eiserne, disziplinierte Ruhe die in so krassem Gegensatz zu dem fiebrigen Ausbruch seiner Mutter stand die Narie geradezu unüberwindlich klingen ließ. Sie war wie eine Klippe gegen die die Brandung schlug. So sehr das Meer auch tobte: Es hatte keine Chance!
"Inzwischen sollte es auch dem dümmsten unter den Menschen klar sein" fuhr die Elfe fort. "...das Drachen so klug sind wie jeder Zweibeiner. Kira ist ebenso Garaths Lehrerin wie ich es bin. Und wir werden beide nicht länger dulden das ihr seine Ausbildung stört!"
"Und was wollt ihr dagegen tun?" höhte Elena. "Ich werde solange weitermachen bis mein Sohn einsieht wo sein Platz ist!"
Meisterin Narie setzte zu einer Antwort an, verharrte dann aber kurz. Ihr Blick wanderte zu Kira.
Offensichtlich tauschten die beiden sich aus.
"Vielleicht ist das die Lösung" murmelte Narie schließlich in Richtung ihrer Seelenschwester. "Argumente fruchten nicht. vielleicht müssen wir Fakten schaffen an denen kein Weg mehr vorbei führt."
Kira schnaubte zustimmend.
"Was redet ihr da?" fragte Elena unsicher doch 'Narie blickte sie gar nicht an. Die Elfe fing, sehr zur Überraschung des Schülers, Garaths Blick ein.
"Kira hat mir erzählt, dass du sehr darunter leidest, dass deine Mutter ständig deinen Unterricht stört Garath, ist das richtig?"
"Leidet!" ereiferte sich Elena noch bevor Garath antworten konnte. "Mein Sohn leidet nur wegen euch! Weil ihr ihn von mir fern haltet, weil ihr ihn....."
"Beantworte bitte meine Frage Garath!"
Garath schluckte. Der Blick seiner Lehrerin hielt den seinen Fest und verhinderte, dass er auf ihren Zwischenruf einging.
"Ja, das ist richtig Meisterin." antwortete er.
"Garath, mein Schatz was redest du denn da. Du weißt nicht was du sagst."
Garath hasste diesen Tonfall den seine Mutter nun anschlug. Sie sprach mit ihm als sei er ein dummer Junge von fünf Jahren!
Doch bevor er darauf eingehen konnte fragte Narie weiter:
"Sie hat mir auch gesagt, dass du darüber nachgedacht hast ob es vielleicht besser wäre wenn du deine Studien an einem anderen Ort fortsetzen würdest. Ist das richtig?"
"Was?" Elena klang nun fassungslos. "Das ist eine Lüge. Garath, das würdest du nie sagen! Ihr redet ihm das ein Elfe! Garath du gehst nirgendwo hin. Ich verbiete es hörst du?! Hörst du?!"
Garath spürte wie etwas in ihm brach. ein Damm, der eine heiße, alles mit sich reißende Flut zurückgehalten hatte.
"Ja das ist richtig Meisterin." sagte er an Narie gewandt. Dann blickte Garath zu seiner Mutter. Zum ersten mal seit sie aufgetaucht war blickte er sie direkt an. Als er sprach betonte er jedes Wort:
"Ich.....will......das.....hier .....nicht.....mehr!"
Fassungslos starrte Elena ihren Sohn an.
"Nein...." ihre Stimme begann als ein Flüstern, schwoll dann aber zu einem hysterischen Kreischen an. "Nein!"
Elena wirkte nun wie ein wütender Geist dem man einen Bannfluch entgegen geschleudert hatte.
"NEIN!"
Sie presste die Hände an die Schläfen, griff sich in die Haare, riss zwei Büschel heraus.
Es kostete Garath all seine Kraft, doch er blieb stehen wo er war.
"NEIN!" kreischte Elena noch einmal, drehte sich dann jedoch um und stürmte davon.
Als Garath ihr nachblickte litt er wie ein Tier. Es tat ihm weh seine Mutter so leiden zu sehen. Gleichzeitig jedoch hatte er das Gefühl, dass die Last auf seinen Schultern leichter wurde.
Plötzlich spürte er wie sich eine Hand auf seine Schulter legte.
Meisterin Narie war neben ihn getreten. Ihr Blick hatte sich verändert. Mitgefühl hatte die Härte abgelöst.
"Ich spreche noch heute mit der Ostmark." versicherte die Elfe ihm. "Jeder junge Reiter tritt irgendwann die Reise zur Heimat der Reiter an. Normalerweise warten wir bis die Drachen der Schüler ihre Partner tragen können aber ich denke hier liegen besondere Umstände vor. Wenn Arget Un Eragon zustimmt kannst du mit dem nächsten Handelsschiff zu ihm reisen."
Garath nickte dankbar. Sagen konnte er im Augenblick nichts, doch er fühlte sich erleichtert.
Abstimmen nicht vergessen;)
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Eragon-OS-Sammlung
FantasyDiese One-shot Sammlung von Eragon gehört nicht mir. Ich habe sie nur auf ff.de gefunden der eigentliche Autor heißt auf ff.de Traeumer. Die One-shots beziehen sich auf seine Eragon Fortsetzungen. (Man kann die Geschichte auch auf Fanfaction.de lese...