147. Nebel

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Nachdenklich blickte Marlena auf Cosaria. Die Stadt zog unter Alonvy vorbei. Auf warmen Luftströmungen glitt die weiße Drachendame über die Stadt.
-"Woran denkst du kleine Halbling?"- erkundigte sich die Drachendame.
-"An alles und nichts."- brummte Eragons Tochter.
-"Gut, dann fang mit "Alles " an und hör mit "Nichts" auf."- neckte Alonvy.
Marlena schmunzelte.
-"Du wirst mir sagen, dass es nichts bringt sich darüber den Kopf zu zerbrechen und ich meine Zeit verschwende."- orakelte die junge Halbling.
-"Elena?"- erkundigte sich Alonvy wissend.
-"Sie, ihr Verhalten alles......"-
-"Du hast recht kleine Halbling. du verschwendest deine Zeit und es bring wirklich nichts darüber nachzudenken."- erwiderte Alonvy trocken.
-"Vor allem aber denke ich an ihre Tochter, Reanna."- beharrte Marlena. -"Elena stielt ihr das Leben! Sie ist fast so alt wie Garath. eine junge Frau! Wie soll sie denn....."-
-"Indem....."- Alonvy unterbrach ihre aufgebrachte Reiterin sanft aber bestimmt. -"Indem sie ihre Flügel aufspannt."-
Alonvy lachte leise als sie Marlenas Verwirrung spürte.
-"Du hast doch den Vergleich mit dem Vogelnest angestellt kleine Halbling. Und du hast völlig recht! Jeder junge Vogel muss einmal das Nest verlassen aber das Küken muss das auch wollen! Sicher, Elena hält ihre Kinder zurück aber Garath hat auch die Kraft gefunden seine Fesseln abzustreifen. Die Kraft muss von innen heraus kommen kleine Halbling! Wenn Garaths Schwester nicht lernt für sich selbst einzustehen, kannst du nichts tun! Kann eine Vogelmutter für ihr Kind mit den Flügeln schlagen? Nein! Die Kraft und der Wunsch müssen aus dem Küken selbst kommen!"-
-"Aber du hast doch selbst gesagt, dass Elena Macht über ihre Kinder hat. Sie nutzt die Liebe ihrer Tochter, ihr Pflichtgefühl gegen sie!"- hielt Marlena dagegen.
-"Und Reanna lässt es zu! Denk an das was Garath uns erzählt hat! Sie wollte ihn nicht begleiten als er beschloss, dass die Zeit für ihn gekommen war zu fliegen!"-
Marlena kämpfte mit sich selbst. Alonvys Haltung erschien ihr sehr hart aber sie konnte auch nicht verleugnen, dass ihren worten eine gewisse Wahrheit inne wohnte.
-"Vielleicht ist sie nicht stark genug."- versuchte die junge Reiterin einen Widerspruch.
-"Der Wunsch muss von ihr kommen. "- beharrte Alonvy. -"Beantworte mir dies kleine Halbling: Der Orden der Reiter hat schon oft Wesen geholfen die sich ein neues Leben aufbauen wollten oder mussten. Wesen die ihre Lebensgrundlage verloren hatten, durch eine Katastrophe oder einen sonstigen Schicksalsschlag. Wir haben all den Leuten, die du da unter dir siehst geholfen sich hier, in diesen unbekannten Gefilden ein Leben aufzubauen. Wenn Reanna zu dir käme und und dich bitten würde ihr zu Helfen sich eine Existenz aufzubauen in der sie nicht mehr von ihrer Mutter abhängig, würdest du ihr die Hilfe verweigern? Die Hilfe die wir all den anderen Wesen dort zu deinen Füßen angedeihen lassen?"-
-"Natürlich nicht. Aber...."-
-"Gut!"- Alonvy ließ sich nicht beirren. -"Nun sage mir: Warum lässt der Orden zu, dass sich die Wesen dort unten, zu deinen Füßen so plagen? Auf ihren Feldern zum Beispiel? Tag ein Tag aus schuften sie dort. Oder die Holzfäller! Ist es nicht schrecklich wie die sich quälen müssen. Wir könnten ihnen doch helfen. Magie würde ihren Feldern reiche Ernte bescheren. Wir könnten diese Ernte dann auch für sie einbringen. wir können das viel Schneller und besser ....."-
-"Das wäre keine Hilfe meine Süße."-
-"Wieso?"-
Marlena überlegte kurz.
-"Weil wir die Menschen von uns abhängig machen würden. Mein Vater hat mir einmal gesagt, ein Helfer wäre jemand der einen anderen auffängt wenn er fällt. ein Tyrann jemand der......"-
Marlena unterbrach sich. Nun erkannte sie was Alonvy bezweckte.
Es war die weiße Drachendame die den Satz vollendete:
-"Ein Tyrann ist jemand der versucht einen anderen durch sein Leben zu tragen. Wie Galbatorix. Der Schlächter wollte sogar das Denken für die Wesen übernehmen die er beherrschte!
Kleine Halbling, du lässt Garaths Schwester nicht im Stich! Du hast es selbst gesagt: Würde sie dich um Hilfe bitten, würdest du ihr helfen aber wenn du ihr deine Hilfe aufzwingen würdest, was wäre dann der Unterschied zwischen dir und Elena?"-
Einige Augenblicke verbrachten die beiden Seelenschwestern schweigend. Marlena spürte wie sich tief in ihr etwas löste. Die Situation mit Garath und seiner Familie war so schwierig gewesen, es hatte sich für Eragons Tochter so angefühlt, als ob Nebel ihren Geist erfüllen würde. Eine undurchdringliche Wand gegen die sie mit all ihrer Kraft nichts ausrichten konnte weil sie sich nicht fassen ließ.
Nun lichtete sich der Nebel und der einzige Weg den Marlena im Augenblick beschreiten konnte wurde sichtbar. Er war nicht perfekt, er offenbarte keine schnelle Lösung, doch im Augenblick war es alles was sie tun konnte.
-"Nun kleine Halbling?"-
Ein verspielter Unterton hatte sich in Alonvys Stimme geschlichen.
-"Ich werde unseren neuen Freund Theoderich bitten Garaths Schwester bei seinem nächsten Besuch eine Nachricht zukommen zu lassen."-
-"Eine Nachricht?"-
Nun war die Verspieltheit nicht mehr zu überhören.
Marlena ging darauf ein. Mit betonter Unschuld in der Stimme antwortete die junge Reiterin.
-"Naja, ich werde ihr sagen, dass ihr Bruder nun ein Drachenreiter ist. Der Orden hat ja schon oft Angehörigen von Reitern gehofen hat ein Teil des Lebens ihrer Angehörigen zu bleiben."-
-"Ja genau!"- gab Alonvy zurück. -"So wie bei diesem glücklosen Bauern der mit dem Herzstern deiner Cousine Ismira verwandt ist."-
-"Cale , richtig! Sein Onkel hat sein glück gefunden in der Ostmark."- gab Marlena zurück.
-"Ein Vogel muss fliegen wollen kleine Halbling."-
-"Aber wir können dem Vogel ja vielleicht sagen wohin es sich lohnt zu fliegen."-
-"Wer wüsste das besser als wir kleine Halbling."- schmunzelte Alonvy zufrieden.
Mit kräftigen Flügelschlägen strebte die weiße Drachendame nun dem Anwesen von Narie und Marek zu.
Als sie dem Haus näher kamen erkannte Marlena sofort, dass sich ein Ganzer Donner vor dem Gebäude versammelt hatte. Sie erkannte Kira Morgenröte, Mareks gelbe Begleitern Laorie aber auch noch zwei ältere Drachen. Einer war rot wie ein in Blut getauchter Rubin, der zweite glänzte wie blankes Kupfer.
-"Na sieh mal einer an."- summte Alonvy mit sichtlicher Vorfreude. -"Scheint als hätte der Tag noch einige Überraschungen für uns bereit."-







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