124. Erste Lektion

113 8 0
                                    

Vorsichtig stieg Eragon Stufe um Stufe zum "Krähennest" seiner Tochter hinauf. Als Marlena sich ihr eigenes Zimmer gewünscht hatte war sie, trotz der Tatsache, dass sie noch sehr jung gewesen war, sehr genau in ihren Vorstellungen gewesen.
Ursprünglich hatte sie das Zimmer bewohnt, dass die Elfen einst für ihre Mutter an Eragons Haus angefügt hatten. Schließlich war es ihr jedoch zu klein geworden und ihre Eltern hatten ihr beim Bau eines eigenen Raums für sich geholfen.
Aus irgend einem Grund hatte sie auf ein Dachzimmer bestanden. Eragon wusste bis heute nicht warum.
-"Vielleicht liegt es deinem Kücken einfach im Blut hoch hinaus zu wollen."- vermutete Saphira.
-"Da könntest du recht haben."- murmelte Eragon und verharrte einen Augenblick auf der Treppe.
Noch einmal rief er sich die jüngsten ereignisse ins Gedächtnis. Seine Tochter, sein kleines Mädchen, war nun eine Drachenreiterin!
Unwillkürlich erinnerte er sich an etwas den Brom in der Erinnerung zu ihm gesagt hatte die er Saphira mit auf den Weg gegeben hatte:
.......Du bist nun ein Drachenreiter! Das habe ich mir für dich nie gewünscht aber wenn ich dich mit Saphira sehe, weiß ich das es das Richtige ist..........
Eragon hatte das lange Zeit nicht begriffen. Warum hatte sich Brom, der doch selbst ein Reiter gewesen war, sich dieses Leben für seinen Sohn nicht gewünscht?
Jetzt, jetz da seine eigene Tochter zur Reiterin berufen worden war verstand er es, denn er fühlte genau so.
"Du alter Fuchs!" flüsterte Eragon leise und dachte an Brom.
Ein Klirren aus dem Zimmer seiner Tochter riss den Anführer der Reiter aus seinen Gedanken. Ohne zu klopfen hob er den Deckel der Luke an über die man Marlenas Zimmer betreten konnte und blickte sich um. Was er sah ließ ihn schmunzeln.
Von Marlenas Bett aus zog sich eine Spur der Verwüstung über ein Bücherregal, den Schreibtisch seiner Tochter bis zu ihrer Frisierkommode.
Dort, zwischen einer Waschschüssel, einer Haarbürste und einem Stück Seife hockte Marlenas kleines, weißes Drachenmädchen. Es war mit seiner Reiterin in ein höchst ungewöhnliches Tauziehen verstricht:
Zwischen seinen Zähnen hielt das Drachenmädchen eines von Marlenas Haarbändern während Eragons Tochter am anderen Ende zog um es aus dem Biss des jungen Drachens zu befreihen.
"Junge Drachen haben viel Energie oder?" fragte Eragon, nachdem er das Schauspiel einige Augenblicke verfolgt hatte.
"Vater!"
Überrascht blickte Marlena sich um und ließ damit ihr Drachenmädchen außer acht. Ein großer Fehler! Just in diesem Augenblick entschied sich die kleine Weiße ihre hart umkämpfte Beute frei zu geben.
Mit einem überraschten Aufschrei stolperte Marlena nach hinten. Zwar war sie dem Drachenküken an Kraft zu jedem Zeitpunkt überlegen gewesen aber weder hatte sie ihr Haarband zerreißen wollen, noch die kleine Weiße verletzen wollen. die Überraschung tat nun ihr übriges.
Marlena taumelte durch den Raum und nur einem stützenden Arm ihres Vaters hatte sie es zu verdanken, dass sie nicht auf dem Hosenboden gelandet war.
Zornig funkelte sie den kleinen Drachen an.
"Das hat sie mit Absicht gemacht!" sagte Marlena zu Eragon als wolle sie sich bei ihrem Vater Rückendeckung verschaffen.
"Ja," antwortete Saphiras Reiter trocken. "Ich glaube das hat sie."
Das weiße Drachenmädchen zwinkerte schelmisch und legte den Kopf schief. Sie sah aus als könnte sie kein Wässerchen trüben.
"Ich denke sie hat Hunger." murmelte Marlena während sie ihr Haarband aufwickelte.
"Da kann ich Abhilfe schaffen!" erklärte Eragon und erhob vielsagend eine Holz Schüssel in der zartes Fleisch in wohl zurechtgeschnittenen Happen ruhte.
Der Anblick entlockte dem weißen Drachenmädchen ein freudiges Quicken! Ohne die Schale auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen hopste die Kleine über den Schreibtisch und das Regal zurück zu Marlenas Bett. Dort erwartete sie die beiden Zweibeiner ungeduldig.
eragon wollte die Schale vor der Kleinen abstellen doch er kam nicht dazu. Auf halbem Weg erwischte das kleine Drachenmädchen den Rand der Schüssel mit den Vorderpfoten. Die Schale kippte nach vorn, der Inhalt landete auf Marlenas Deckbett und Die Schale landete nach einer halben Umdrehung wie ein viel zu großer Hut auf dem kleinen Drachen. Die kleine Weiße bfreite sich jedoch schnell von der unvorteilhaften Kopfbedeckung und blickte verzückt auf die Leckerbissen die um sie verstreut lagen.
Misstrauisch beobachtete der Schlüpfling als Marlena und ihr Vater sich zu ihr auf die Bettkannte setzten.
"Keine Sorge." versicherte Marlena gönnerhaft und verschränkte die arme vor der Brust. "Keiner von uns isst dir was weg."
So beruhigt begann der Schlüpfling glücklich zu fressen. Marlena begutachtete indessen das Chaos auf ihren Möbeln.
"Ich nehme nicht an, dass du mir helfen wirst das wieder aufzuräumen." fragte sie die kleine Weiße.
Diese reagierte nicht und fraß weiter, zufrieden mit sich und der Welt.
Eragon beugte sich zu seiner Tochter herüber und flüsterte: "Du bist nicht wirklich böse auf sie, oder?"
Marlena blickte ihren Vater an, dann lachte sie.
"Nein, nicht wirklich."
Liebevoll blickte sie den kleinen Drachen an.
"Es ist wie du gesagt hast." murmelte sie und blickte dann ihren Vater direkt an. "Sie versteht mich. Das weiß ich einfach."
Eragons Antwort war im gleichen Maß an seinen verstobenen Vater, wie auch an seine Tochter gerichtet: "Und deshalb freue ich mich für dich."
Marlena lächelte und umarmte dankbar ihren Vater. Dann sah sie wieder ihrem Schlüpfling zu wie dieser die Matratze nach weiteren Fleischstücken absuchte.
"Hat sie eigentlich schon einen Namen?" erkundigte sich Eragon nach einem Augenblick der Stille die nur von genüsslichen Schmatz lauten unterbrochen wurde.
Marlena nickte.
"Alonvy!" erklärte sie stolz. "Der Name gefällt ihr. Das habe ich genau gespürt."
Der Schlüpfling unterbrach kurz sein Mal und fiepte zustimmend.
"Stimmt, dass bin ich!" schien sie sagen zu wollen
"Na dann Gute Nacht ihr Zwei." schmunzelte Eragon und verließ das Zimmer seiner Tochter. Er durchquerte den Flur und betrat sein eigenes Schlafzimmer.
Arya saß vor ihrem Spiegel und bürstete sich das Haar. Sie trug bereits ihr Nachtgewand und lächelte ihrem Gefährten zu.
Etwas im Blick seiner Gefährtin verriet dem Anführer der Reiter, dass sie noch etwas mit ihm besprechen wollte.
Er zog sich eine Stuhl heran und nahm neben Arya platz.
"Wie geht es Marlena? Und ihrem Drachen?" wollte die Elfe schließlich wissen.
"Soweit gut. Unser Familienzuwachs trägt jetzt übrigens den Namen Alonvy"
"Ach?"
Ein besonderer Galans lag in Aryas Blick als sie Eragon anblickte. Saphiras Reiter war sich nicht sicher ob er durch den Namen des jungen Drachens oder durch das Wort "Familienzuwachs" ausgelöst worden war. Er war sich jedoch sicher, dass Arya weder gegen das eine noch das andere etwas einzuwenden hatte.
Einen Augenblick sahen die beiden Gefährten sich an, dann wanden sich arya wieder dem Spiegel zu.
"Wir dürfen sie nicht anders behandeln als jeden anderen Novizen des Ordens." sagte die Elfe bestimmt.
"Unmöglich." widersprach Eragon sanft.
Allein an der Tatsache das Arya das gleichmäßige auf und Ab ihrer Haarbürste unterbrach verriet Eragon, dass sie ihn gehört hatte. Da seine Gefährtin nichts sagte wusste er, dass sie eine Erklärung von ihm erwartete.
"Du hast recht, dass wir die selben Anforderungen an sie stellen müssen wie an jeden anderen jungen Reiter. Wir würden ihr keinen Gefallen tun wenn wir sie schonen. sie muss bereit sein für die Anforderungen die das Leben eines Reiters an sie stellen wird aber.....Mein Stern machen wir uns nichts vor: Sie wird weder für dich noch für mich jemals eine Reiterin wie alle anderen sein."
Arya blickte ihn an.
"Sie wird immer unsere Tochter sein." flüsterte sie schließlich.
Eragon nickte nur.
Für einen Augenblick herrschte Stille zwischen den Gefährten, dann ergriff Eragon das Wort:
"Morgen müssen wir uns einen Lehrplan für sie überlegen."
Arya nickte.
"Ich denke die größte Herausforderung wird es sein Gleichgewicht sicher zu stellen. Marlena hat bereits viel gelernt."
Dem konnte sich Eragon nur anschließen. Nach dem Anschlag auf ihr Leben hatten die beiden Drachenreiter damit begonnen ihre Tochter in der Magie zu unterweisen. Am Anfang war es nur um das errichten von magischen Schutzwellen gegangen doch schnell hatte sich bei Marlena großes Talent gezeigt und weiteres Wissen war hinzu gekommen.
als Kind von elfischem Blut hatte Malena ohnehin die alte Sprache von Kindesbeinen an gelernt. Arya hatte darauf bestanden. Durch den Segen des Herrscherpaares von Ellesméra war marlena Teil des Volkes der Elfen geworden. Es wäre nicht angemessen gewesen ihr die Sprache ihres Volkes vorzuenthalten.
Auch mit dem Schwert und dem bogen hatte Marlena bereits einige Erfahrungen gesammelt.
"Ich denke wir sollten sie die ersten Wochen nur damit beauftragen sich um Alonvy zu kümmern und eine starke Beziehung zu ihr zu entwickeln. Das ist eine wichtige Grundlage für einen guten Reiter."
"Das denke ich auch." stimmte Arya zu. "Sie hat solide Grundkenntnisse. Wir können ihr diese Zeit geben. Danach sollten wir sie gemeinsam mit den übrigen Novizen unterrichten. einige Lektionen wird sie dabei zwar zum zweiten Mal durchnehmen aber es ist wichtig das sie Kontakt zu anderen Ordensmitgliedern bekommt. Denkst du sie sollte in eine Schülerunterkunft umziehen?"
Eragon dachte kurz über die Frage nach. Die Anfänge hier in der Ostmark kamen ihm in den Sinn. Damals hatten sich die Unterkünfte für die jungen Reiter unweit seines eigenen Hauses auf der Schlüpflingswiese befunden. Mit der zunehmenden Größe des Ordens war diese bequeme Lösung allerdings unmöglich geworden. Man hatte sich den Gegebenheiten anpassen müssen. Es gab nun Unterkünfte für die Novizen in der Festung der Reiter.
Anders als die Quartiere der Vollwertigen Reiter befanden sie sich auf ebener Erde.
Es war für die Novizen ein erster erhabener Moment wenn ihre Drachen alt genug waren um sie zu tragen. Dann wurde ihnen gestattet sich ein Reiterquatier in der Wohnkuppel der Festung zu suchen. Ein erster Schritt auf ihrem langen Weg zur Meisterschaft.
"Ich denke wir sollten diese Wahl Marlena überlassen." schlug Eragon vor. "Wir sagen ihr, dass wir es ihr gestatten aber zwingen möchte ich sie nicht."
"Ich auch nicht." stimmte Arya zu.
Noch bevor die beiden Reiter ihre Unterhaltung fortsetzen konnten wurde die Tür zu ihrem Zimmer aufgerissen und Marlena stürmte herein.
"Mutter, Vater! bitte kommt. Ich brauche eure Hilfe!"
Unsicher worum es ging folgten die beiden Reiter ihrem Sprössling. Marlena führte sie zurück in ihr Zimmer.
"Da, sehr nur!" sagte die junge Reiterin verzweifelt, kaum das ihre Eltern das Zimmer betreten hatten.
Eragon musste mit sich ringen um nicht loszulachen. Er wollte Marlena nicht verspotten. Sie war offensichtlich verzweifelt ob ihrer "Notlage" doch der Anblick war zu komisch.
Die kleine Alonvy lag ausgestreckt auf Marlenas Kopfkissen und schlummerte seelig. Ihr Bauch wölbte sich gut gefüllt. Unglücklicherweise beanspruchte das Drachenmädchen das Bett fast in seiner gesamten Breite.
"Es ist kein Platz mehr für mich auf meinem Kopfkissen!" beschwerte sich Marlena verzweifelt. "Und Alonvy lässt nicht mit sich reden ich meine sie....."
"Ich verstehe schon." unterbrach Eragon bemüht ernst zu klingen.
Er ging zu Marlenas Schrank, öffnete ihn und entnahm ein Ersatzkopfkissen. Dieses platzierte er am fußende von Marlenas Bett und trat zurück an die Seite seiner Tochter die ihn mit einer Mischung aus Verwirrung und gespannter Erwartung ansah.
"Wenn du deine Füße zwischen Alonvys Schwanz und die Wand schiebst solltest du einigermaßen bequem die Nacht verbringen können."
Ungläubig starrte Marlena ihre Vater an.
"Du meinst es gibt keinen Weg sie dazu zu bringen...."
"Nein!"
"Aber Vater es muss doch......"
"Nein!"
"Man muss doch mit seinem Drachen......"
"Nein!"
Hilfesuchend sah Marlena ihre Mutter an doch auch Arya hob nur die Schultern. Dann trat sie vor und strich ihrer Tochter sanft eine Haarstränge hinter das Ohr.
"Sieh es als deine erste Lektion als Drachenreiterin an, Liebes. Niemals versuchen mit deinem Drachen zu streiten. Du kannst nur verlieren."
Unter den ungläubigen Blicken ihrer Tochter traten Eragon und Arya den Rückzug an. Vom Treppenabsatz aus verfolgte Saphiras Reiter noch Wie Marlena sich seufzend ans Fußende ihres Bettes setzte und damit begann ihre Füße zwischen die Wand und den Schwanz ihrer Drachendame einzufädeln um dann, mit dem Kopf am Fußende, versuchte eine bequeme Schlafposition zu finden.
Alonvy indes schmatzte genüsslich im Schlaf und streckte genießerisch alle viere von sich.





Abstimmen nicht vergessen;)

Eragon-OS-SammlungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt