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Eva war zu Hause. Seit dem Überfall redete sie mit niemanden außer Violet. Sie ging in die Schule. Zog sich zu Hause aber nur in ihr Zimmer zurück. Niemand kam an sie ran. Michelle saß im Büro, Violet kam gerade rein. "Hey", sagte sie und setzte sich neben Michelle aufs Sofa. "Hey", Michelle sah ihre Freundin und Therapeutin an. "Ich hatte gerade einen Termin mit Eva", erzählte Violet. "Und?", fragte Michelle. "Sie hat Angst mit dir zu reden, wegen deiner Vergewaltigung damals", erklärte Violet. Michelle wusch sich mit den Händen durchs Gesicht. "Ich hab es ihr damals erzählt, als sie versucht hat sich umzubringen", sagte Michelle. "Sie kann doch über alles mit mir reden", Michelle sah Violet an. "Gib mir noch Zeit. Und ihr. Wir bekommen das hin", war Violet sich sicher. Michelle nickte, sie stützte die Hände auf die Knie. Violet griff nach ihren Händen. "Es wird alles gut. Sie ist 14, sie hat schon so viel durchgemacht. Ihre Kinderseele wurde gebrochen. Aber wir können das schaffen. Du weiß genau so gut wie ich, dass sowas einen das ganze Leben lang begleitet. Aber auch, dass man damit leben kann. Du selbst ziehst das Kind des Mannes groß, der es dir angetan hat. Du wirst auch ein Kind großziehen, welchem es angetan wurde. Wenn es jemand schafft, dann du. Dann wir", war Violet sich sicher. "Danke, Violet. Ich hab solche Angst, dass sie ... dass sie es nochmal versucht", gab Michelle zu. "Sie hat diese Gedanken, aber sie würde es dir nicht antun. Sie hat mit mir darüber geredet. Und sie hat ganz, ganz sicher gesagt, dass sie dir das niemals antun würde. Sie weiß, was du und Teddy für sie tun und sie weiß das zu schätzen. Sie ist ein bisschen wie du... sie will dich nicht noch mehr verletzen". Violet lächelte, Michelle weinte etwas. "Gib ihr Zeit. Die Zeit, die du auch immer gebraucht hast", ergötzte sie. Michelle nickte. "Wenn was ist kannst du immer zu mir kommen", Violet stand auf und verließ Michelles Büro.
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Michelle kam nach Hause. Eva saß im Wohnzimmer. "Hey mein Schatz, nicht erschrecken", sagte Michelle, als sie durch kam. Sie setzte sich neben Eva, die sich kaum regte. "Es tut mir leid", sagte Eva leise, kaum hörbar. "Meine süße, dir muss nichts leid tun. Es ist alles okay", sagte Michelle. Eva fing an zu weinen. "Ich hatte ... ich habe Angst mit dir zu reden. Ich hab Angst alte Wunden aufzureißen und dir noch mehr weh zu tun", gab Eva leise zu. "Das wirst du nicht. Du kannst mit mir über alles reden, über wirklich alles. Ja, es tut weh und ja, es wird alte Wunden aufreißen. Aber ich bin da. Ich werde immer da sein. Das hab ich dir versprochen und ich breche meine Versprechen nicht. Es ist furchtbar, was geschehen ist. Aber du wirst es verkraften und auch, wenn es dir jetzt nicht so vorkommen mag, wirst du gestärkt daraus gehen. Du bist ein unglaublich starker Mensch. Und ich bin stolz auf dich, ich liebe dich, Eva.", sagte Michelle. Eva sah Michelle jetzt das erste mal an. "Du schaffst das. Du bist eine Kämpferin", sagte sie. Eva rutschte näher an Michelle ran und ließ sich angespannt in ihre Arme sinken. Michelle umschloss sie nicht ganz, um ihr die Möglichkeit zu geben sich zu lösen, wenn es zu viel werden würde. Minute für Minute wurde Eva entspannter, sie weinte noch immer und konnte nicht ganz loslassen, aber sie entspannte immer mehr. "Es wird besser werden", sagte Michelle. Eva nickte nur.

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