Veröffentlicht am 30.12.2020
TABEA
Es ist Anfang Januar.Ich kann es immer noch nicht wirklich glauben, dass ich schwanger bin. Ich habe damit überhaupt nicht gerechnet. Schließlich dachte ich, dass die Spirale sicher ist. Wäre ich doch nur zu den Kontrolluntersuchungen gegangen, dann hätte man bemerkt, dass sie sich verschoben hat. Ich habe es nicht getan und die Folge ist eine Schwangerschaft.
Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, dass ich bald einen dicken Bauch haben soll und dass ich Ende Juli ein Kind gebähren soll. Die Vorstellung daran jagt mir eher Angst als Freude ein. Ich bin als Kinderärztin schon bei mehreren Geburten dabei gewesen und habe mit anhören müssen, wie die werdenden Mütter vor Schmerzen schreien. Ich war da immer froh, dass ich nicht in deren Situation bin und noch glücklicher, wenn das Baby da war und die Mütter nicht mehr schrien. Und jetzt soll ich das bald durchmachen?FREDERIK
Seit Heilig Abend weiß ich, dass ich nochmal Vater werde. Anfangs war es ein Schock, welcher schnell in Freude umschwang.
Ich werde mit dann 46 nochmal Vater. Lisa wird mit 21 und Emma mit 9 nochmal große Schwester.Klara ist 4, doch sie ist nicht bei uns. Ich hoffe, dass es ihr gut geht. Mein Gefühl sagt mir, dass es ihr gut geht.
Charlotte hat damals, als Lisa noch weg war, zu mir gesagt, dass sie spürt, dass sie lebt. Ich glaube auch, dass Klara noch lebt. Ich frage mich oft, wo sie ist. Und wenn ich bedenke, dass sie jetzt große Schwester wird, es aber nicht weiß und nicht miterleben kann, macht es mich traurig. Wo ist mein Kind?
-Charlotte=Dr. Charlotte Engel-Wie werden Lisa und Emma auf die Schwangerschaft reagieren? Beide wohnen nicht mehr zuhause. Lisa studiert Medizin im 5.Semester in Düsseldorf. Emma besucht die 5.Klasse auf Schloss Torgelow. Nur manchmal am Wochenende und in den Ferien sind sie in Köln.
TABEA
Die 12. Woche ist um und das Baby noch in meinem Bauch. Ich weiß, dass ein später Abbort selten ist. Einerseits beruhigt es mich, andererseits habe ich bei Miriam miterlebt, wie es anders ausgehen kann.Mit Frederik habe ich abgesprochen, dass ich den Zeitpunkt bestimmen werde, wo ich die Schwangerschaft bekannt gebe. Ihm wäre es lieber wenn ich es sofort bei Prof. Filou gemeldet hätte, doch er lässt mich den Zeitpunkt bestimmen.
Von der Radiologie halte ich mich so gut es geht fern, von OPs ebenso. Ich bin erstaunt darüber wie gut etwas geht, wenn man ein wenig die Dienste hin und her tauscht. Spät- und Nachtdienst mach ich noch.Ich sitze mit Frederik, Dr. Oliver Dreyer, Dr. Miriam Dietz, Dr. Debbie Fischer, Dr. Paula Martinson und Dr. Catharina Engel im Aufenthaltsraum.
Es klopft an der Tür und Dr. Viola Greve kommt mit einem Kinderwagen reingeschoben.
Viola:"Hallo alle zusammen."
Alle:"Hallo."
Debbie:"Das ist ja eine Überraschung. Wie geht es euch?"
Viola:"Uns geht es gut." und schaut in den Kinderwagen, aus dem ein Quiecken zu hören ist.
Oliver:"Setz dich zu uns. Möchtest du einen Kaffee?"
Viola grinst:"Nein danke."
Oliver:"Du stillst bestimmt. Dann ist das auch nicht gut."
Viola:"Genau."
Sie nimmt ihr Baby aus dem Wagen auf ihren Arm und setzt sich neben Paula hin.
Alle schauen zum Baby.
Paula:"Das ist so süß. Wie alt ist es?"
Viola:"4 Wochen."
Cati:"Noch so klein. Ich erinner mich noch daran, wie zuletzt Carlotta so winzig war und jetzt ist sie schon 3 Jahre."
Viola:"Die Zeit rennt einem davon. Ich denke auch oft, du warst doch noch in meinem Bauch und schon halte ich es auf meinem Arm." und schaut zum Baby
Frederik:"Die Zeit vergeht so schnell. Ich sehe es bei mir. Emma ist schon 8."
Viola:"Oh ja. Ich weiß noch, wie sie geboren wurde."
Debbie:"Wie war denn die Geburts von deinem Baby?"
Viola:"Zwar nur 6 Stunden Wehen, aber heftig. Ich dachte zwischendrin, ich halte das nicht aus. Ich war so froh als es endlich da war."
Debbie:"Das glaub ich, aber wenn es da ist, ist alles vergessen."
Viola nickt.Miriams Pieper geht. Sie verlässt den Raum.
Viola:"Vielleicht sollte ich nicht so davon erzählen."
Paula:"Sie muss damit umgehen. Dein Kind wird es jetzt immer in deinem Leben geben."
Viola:"Das stimmt."
Oliver:"Warum bist du überhaupt hier?"
Viola:"Ich war beim Professor wegen meiner Elternzeit."
Oliver:"Und, wie lange bist du weg?"
Debbie schaut ihn ernst an.
Oliver:"Ich muss das wissen, um planen zu können."
Debbie:"Sicher um planen zu können" und rollt mit den Augen.
Viola:"Ich möchte im Juli in Teilzeit wieder anfangen. Wenn möglich nachts."
Debbie:"Das sollte doch klappen."
Viola:"Das meinte der Professor auch."Frederik flüstert zu mir:"Alles ok?"
Ich nicke. "Ich muss zur Station.", stehe auf und verlasse den Raum.FREDERIK
Viola:"Tabea war so still. Ist alles ok bei ihr?"
Ich:"Alles bestens."
Viola:"Und euch geht es gut?"
Ich lächel:"Sehr gut geht es uns."
Viola:"Hab ich irgendwas verpasst?"
Ich schaue sie fragend an.
Viola:"Du strahlst so. Wenn Hochzeiten anstehen möchte ich dabei sein."
Oliver:"Wer heiratet denn?"
Cati:"Ich glaube, dass wüsste ich, wenn sowas bei den ansteht oder?" und schaut mich an.
Ich:"Ich hoffe sehr, dass ich es dann auch wüsste."TABEA
Ich gehe in einen Behandlungsraum auf der Kinderstation und setze mich am Schreibtisch auf den Stuhl.
Wenn selbst Viola Schmerzen hatte, wie soll ich das dann überstehen? Sie ist diejenige, die viel aushält.
Sie hat sich verändert. Werde ich mich auch verändern?Die Tür öffnet sich. Miriam kommt rein. Als sie mich sieht möchte sie wieder gehen.
Ich:"Warte." und gehe zu ihr.
Sie steht bei der offenen Tür und schaut zu mir.
Ich:"Komm mal rein" und mache die Tür zu. "Keine Lust auf das Zusammensein im Aufenthaltsraum?"
Miriam:"Keine Zeit dafür. Ich muss arbeiten."
Ich:"Auf der Kinderstation und ohne Patient?"
Miriam schaut zur Decke und dann wieder zu mir.
Ich: "Ich kann es gut verstehen, dass dir das da zu viel wird."
Miriam:"Du ja, aber die anderen nicht. Und letztlich wird es das Baby immer geben und damit muss ich umgehen können. Ich werde wieder mit Viola als Kollegin zusammen arbeiten und sie wird von ihrem Kind sprechen."
Ich:"Ja das wirst du und ja sie wird auch davon sprechen, aber willst du dann jedes Mal abhauen?"
Miriam:"Ich bin nicht abgehauen. Mein Pieper ging."
Ich:"Diesmal ging dein Pieper und du konntest gehen. Gerne warst du aber auch nicht da."
Sie schaut zum Boden.
Ich:"Hast du mal daran gedacht mit jemanden Professionelles darüber zu sprechen?"
Miriam schaut zu mir. "Du meinst mkt einen Psychologen? Nein. Warum auch? Mir geht es doch gut."
Ich:"Körperlich, aber was sagt deine Seele?"
Miriam:"Die sagt, dass ich es so hinkriegen muss."
Ich:"Kannst du das?"
Miriam:"Ich muss.", stockt, "Irgendwann werde ich auch ein Baby haben."
Ich:"Man kann sich den Moment leider nicht aussuchen."
Miriam:"Leider nein. Sonst wäre ich schon längst wieder schwanger. Aber wer weiß, das Jahr hat gerade erst angefangen. Vielleicht sind wir beim nächsten Jahreswechsel schon zu dritt."
Ich:"Ja, wer weiß das schon."
Miriam:"Ich bin froh so eine gute Freundin wie dich zu haben, die genau weiß was sie will und mit mir hofft und sich freuen wird, wenn es soweit ist. Und das obwohl du selbst keine Kinder willst."
Ich:"Mmh."
Miriams Pieper geht. Sie schaut darauf. "Ich muss zur Station. Danke fürs Zuhören."
Ich:"Gerne."
Sie verlässt den Raum.Ich gehe zum Schreibtisch und setze mich auf den Stuhl.
Wenn Miriam wüsste, dass ich schwanger bin. Wie würde sie damit umgehen? Sie wünscht sich so sehr ein Baby und ich, die das gar nicht geplant hat, ist schwanger? Das ist doch ungerecht.

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Das verlorene Kind
FanfictionDr. Charlotte Engel ist 32 Jahre, Ärztin und arbeitet in der Klinik am Südring. Sie ist eine gute, beliebte Ärztin. Von ihren Kollegen wird sie sehr geschätzt, u.a. für ihre einfühlsame Art, wie auch ihrer Hilfsbereitschaft. Sie versucht jeden Fall...