30. Teil 3: Dem Tod nah

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Veröffentlicht am 25.04.2019

CHARLOTTE:
Es ist der 1.August und ich gehe wieder zur Arbeit.

Mit Prof. Filou habe ich besprochen, dass ich ab sofort 30 Stunden Teilzeit in Elternzeit arbeite und das kann ich bis Emma 3 Jahre ist. Mir bringt das Entlastung, weil ich Gleitzeit machen kann und somit schauen kann wann ich zwischen 7:30-15:30 Uhr arbeiten möchte. Ich habe mehr Zeit mit Emma.

Emma, meine Prinzessin. Seit ein paar Tagen krabbelt sie. Jetzt ist sie noch schneller wie vorher. Sie ist so süß wenn sie lacht und vor Freude gluckst.
Die letzten drei Wochen hatte die Krippe Ferien und ich war Vollzeitmama.
Nach Absprache haben Helga, Inka oder Catharina auf sie aufgepasst. So konnte ich zu Frederik.

Frederik; seit 5 Monaten liegt er jetzt im künstlichen Koma mit Werten, welche immer wieder schwanken. Die CCTs sind unauffällig. Aber was bringt einem das wenn der Patient mit Herzproblemen zu kämpfen hat.

Seinen 38. Geburtstag hat er "verschlafen". Wie sehr habe ich mir da gewünscht, dass er aufwacht.
Ich frage mich öfter, ob Frederik das Leben so gewollt hätte oder ob er gewollt hätte, dass die Maschinen abgestellt werden. Dss würde sein Tot bedeuten. Allerdings auch weniger Leid. Denn niemand weiß ob er wieder aufwacht und vor allem in welchem Zustand.
Davor habe ich Angst. Wenn Frederik aufwacht; in welchem Zustand wird das sein? Wird er sich an alles erinnern können? Wie wird er damit ungehen zu wissen, dass er monatelang geschlafen hat? Welche Folgen wird das Koma haben? Welche Therapien gibt es dafür? Wird er ein Pflegefall sein? Wird er überhaupt wieder aufwachen? Was ist es denn für ein Leben nur zu "schlafen" und alles läuft an einem vorbei. Ich stelle es mir furchtbar vor.

Seitdem Herzinfarkt hat Emma ihren Papa nicht gesehen. Kinder dürfen nicht als Besuch auf die Intensivstation. Somit Emma leider auch nicht.
Ich frage mich, ob Emma sich noch an ihren Papa erinnert. Sie ist doch noch so klein.  Frederik war so liebevoll zu ihr.

Unterstützung vom Jugendamt habe ich bekommen. Allerdings versuche ich es erstmal mit Stundenreduzierung und Unterstützung durch Familie. Ich muss lernen Hilfe anzunehmen.

Und so gehe ich heute wieder arbeiten. Ich stehe um 5:30 Uhr auf, style mich und wecke dann Emma und kuschel mit ihr. Danach frühstücken wir. Emma isst seit ein paar Tagen auch Brot. Die Breizeit ist vorbei. Danach ziehe ich Emma an und bringe sie zur Krippe. Ein vor Freude glucksendes Kind gebe ich da ab.

Um 7:45 Uhr bin ich bei der Arbeit und ziehe mich ganz in Ruhe um und gehe dann in den Aufenthaltsraum. Dr. Oliver Dreyer, Dr. Debbie Fischer, Dr. Miriam Dietz und Dr. Catharina Engel sind da.
Ich:"Gutenmorgen."
Alle schauen mich an, lächeln und begrüßen mich.
Catharina kommt auf mich zu und umarmt mich.
Catharina:"Gutenmorgen und Willkommen zurück."
Oliver steht auf und kommt auch auf mich zu und umarmt mich.
Oliver:"Schön, dass du wieder da bist. Ohne dich war es hier auch echt langweilig."
Ich:"Warum denn das?"
Oliver:"Die waren alle so streng zu mir. Ich durfte gar nichts mehr machen. Ich wurde voll bewacht."
Ich sehe in Olivers Blick, dass es ein Scherz ist.
Ich:"Gar nichts mehr machen? Das ist ja furchtbar. Was hast du denn den ganzen Tag über hier gemacht?"
Oliver:"Nur gearbeitet. Freizeit durfte ich nicht haben."
Debbie sitzt noch und sagt:"Freizeit durfte er nicht haben. Wie hast du es denn dann geschafft die Autozeitschrift zu lesen? Wohl kaum neben den Patienten."
Ich schaue zu Oliver.
Oliver:"Ja, also. Ach Debbie. Musst du mich verraten?"
Debbie:"Ja. Du glaubst doch wohl nicht, dass ich noch mehr chillen dulde."
Oliver geht zurück zum Stuhl.
Oliver:"Dann nuss ich jetzt ja doch noch arbeiten" und nimmt seine Autozeitschrift.
Ich gehe zu ihm und schiebe die Zeitschrift zur Seite.
Ich:"Ja, das ist auch sehr schwere Arbeit" und grinse.
Catharina:"Bin ich froh, dass du wieder >>shakerst<<. Das habe ich so vermisst."
Miriam kommt auf mich zu und stellt mir eine Tasse Kaffe hin, während ich auf den Dienstplan schaue was ansteht.
Miriam:"Für dich. Damit du nicht verdurstet. So was passiert hier ja auch ab und zu" und schaut zu Oliver. Dieser schaut kurz über seine Zeitschrift hinweg.
Oliver:"Ja. Das Leben hier ist schwer."
Ich schaue zu Miriam.
Ich:"Danke. Aber ich glaube, der Filou findet das nicht so toll wenn ich nach einer Auszeit zurück komme und erstmal Kaffee trinke."

Das verlorene KindWo Geschichten leben. Entdecke jetzt