118. Notfall III

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Veröffentlicht am 04.03.2020

TABEA
Ich bleibe kurz bei Frederik. Danach gehe ich auf der Kinderstation in einen Behandlungsraum und schreibe Berichte. Ich wollte nicht länger bei ihm bleiben. Ich möchte nicht, dass die Kollegen da was falsch verstehen. Er ist ein guter Freund von mir. Ich bleibe in der Klinik, weil ich es Lisa versprochen habe. So konnte ich sie beruhigen und dazu bewegen nach Hause zu gehen. Hätte ich nicht gesagt, dass ich bleibe, wäre vermutlich sie geblieben. Und wenn ich jetzt gehe und Lisa findet das raus, dann habe ich mich nicht an mein Gesagtes gehalten. Also bleibe ich.

Um Mitternacht gehe ich in einen Bereitschaftsraum. Ein kleiner Raum mit einem Bett drin und Waschbecken. Sporadisch eingerichtet. Zum Ausruhen reicht es. Nur selten wird dort wirklich geschlafen, weil meistens die Patienten einen brauchen.
Ich ziehe meine Schuhe und Arztkittel aus, lege mich hin und decke mich zu. Ich versuche zu schlafen, was nur zeitweise klappt. Es ist so als wenn ich Nachtschicht oder 24-Stunden-Dienst habe. Da döse ich mehr als dass ich schlafe, denn jederzeit kann der Pieper gehen und dann muss man los.

Um 6 Uhr stehe ich auf und gehe zur Intensivstation. Ich schaue durchs Flurfenster in Frederiks Zimmer. Er liegt genauso da wie am Abend zuvor.
Ich gehe ins Schwesternzimmer, wo ich auf Dr. Birgit Maß treffe.
Birgit:"Gutenmorgen Tabea. Was machst du schon hier?"
Ich:"Gutenmorgen Birgit. Ich konnte nicht schlafen. Meine Gedanken kreisen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Frederik Drogen nimmt."
Birgit:"Ich auch nicht, aber wir stecken im Mensch nicht drin. Überforderung kann zu sowas führen."
Ich:"Wie geht es ihm denn?"
Birgit:"Seine Werte sind stabil. So wie es aussieht wird er durchkommen."
Ich:"Wird oder kommt durch?"
Birgit:"Rein nach seinen Werten kommt er durch. Wenn er jetzt noch aufwacht ist es sehr gut. Alles andere bzgl. der Drogen und Therapie klärt sich dann."
Ich:"Dann werde ich das Cati schreiben. Ich habe Lisa zugesagt, dass ich mich melde wenn ich was Neues weiß. Da ich ihre Nummer nicht habe schreibe ich Cati."
Birgit:"Mach das. Das beruhigt die beiden."
Ich:"Ok. Wir sehen uns später."
Ich verlasse die ITS.
-Cati=Dr.Catharina Engel-

Ich freue mich, dass Frederik durchkommen wird.

Im Gang nehme ich mein Handy und schicke Cati eine Whatsappnachricht.
>>Hallo Catharina. Frederik wird durchkommen. Wach ist er noch nicht. Tabea.<<

Kurze Zeit später antwortet sie mir. >>Danke für die Nachricht. Wir werden gleich vorbei kommen. Cati.<<

CATI
Um 8 Uhr sind Lisa und ich in der Klinik. Kurze Zeit später kommen auch seine Eltern.
Frederiks Zustand ist stabil. Er wird extubiert. Er atmet selber. Jetzt muss er nur noch aufwachen. Ich hoffe, dass das nicht wieder so lange dauert wie vor sechs Jahren als er seinen Herzinfarkt hatte.
Ich weiß, dass ein schwerer Weg für ihn kommen wird. Wegen der Drogen wird er schriftlich abgemahnt, wenn nicht sogar gekündigt. Er muss eine Therapie machen, damit ihm Emma nicht entzogen wird. Wenn das Jugendamt davon erfährt könnte das passieren. Ich hoffe, dass Frederik einsichtig ist und sich helfen lässt.
Ich werde ihm helfen wo ich nur kann.
Ich kann mir nicht erklären warum er Drogen nimmt. Nimmt er sie schon länger? Hat er eine Überdosis genommen? Wollte er sterben? War es ein Suzidversuch? Warum?
Irgendwie kann ich mir nicht vorstellen, dass er Drogen nimmt. Er ist so vernünftig. Er weiß, dass Drogen schädlich sind. Er weiß, dass er herzkrank ist und dass Drogen darauf tödlich reagieren können. Er ist ein liebevoller Vater welcher niemals ohne seine Tochter sein möchte. Er würde ohne Partnerin leben, aber nicht ohne seine Tochter. Somit erklärt es sich mich nicht, dass er Drogen genommen haben soll.

TABEA
Mittags gehe ich wieder zur ITS und schaue durchs Flurfenster zu Frederik. Er wurde extubiert. Er sieht aus als würde er schlafen.
Seine Eltern, seine Brüder Silas und Michel, Lisa und Cati sind bei ihm.

Das verlorene KindWo Geschichten leben. Entdecke jetzt