101. Wollen, dass zugehört wird

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Veröffentlicht am 11.02.2020

FREDERIK
Es ist Montagmorgen, 8 Uhr, und ich komme im Aufenthaltsraum an, wo ich auf Dr. Oliver Dreyer, Dr. Jannik Pfeil und Dr.Tabea Rohde treffe.
Ich:"Gutenmorgen."
Oliver:"Morgen.", sitzt am Tisch und schaut zu mir.
Tabea steht an der Küchenzeile, schaut mich an und lächelt. "Gutenmorgen. Möchtest du auch einen Kaffee?"
Ich:"Gerne."
Oliver:"Was machst du anders wie ich?"
Ich schaue ihn irritiert an.
Oliver:"Die hat den ganzen morgen noch nicht gelacht. Du betrittst den Raum und schon lächelt sie."
Ich zucke mit den Schultern.
Oliver:"Ich hätte den Retter spielen müssen. Dann würde ich angelächelt und hätte zudem noch fast eine Woche zuhause dazu bekommen."
Jannik:"Klingt gut. Nur glaub mir, es wollte keiner Retter spielen. Die Situation war ernst und hätte auch anders ausgehen können."
Oliver:"Ja, du hast Recht. Ich bin froh, dass es so ausgegangen ist. Konntest du dich zuhause erholen?"
Ich:"Ja."
Oliver:"Und gebe zu, vermisst hast du uns auch?"
Ich grinse. "Euch als Person, aber die Arbeit nicht. Ich habe gerne ein paar Tage mit Emma verbracht."
Oliver:"Das glaub ich dir." und schaut in seine Autozeitschrift.

Tabea hält mir eine Tassee mit Kaffee entgegen. Wir unterhalten uns leise.
Tabea:"Noch schwarz."
Ich:"Geht auch."
Tabea:"Milch, Zucker?"
Ich:"Beides. Je 1 Teelöffel."
Tabea schiebt mir die Sachen hin. Ich mache sie in den Kaffee.
Ich:"Und du? Trinkst du ihn schwarz?"
Tabea:"Nee. Genauso wie du. Nur ich hab schon alles drin."
Ich:"Da warst du schneller wie ich." stocke,  "wie geht es dir?"
Tabea schaut kurz zur Seite und dann wieder zu mir. "Ganz ok."
Ich:"Das klingt nicht gut."
Tabea:"Es geht mir besser als vor einer Woche. Alles andere bringt die Zeit."
Ich schaue sie ernst an. "Wie meinst du das?"
Tabea:"Den Umgang mit den Patienten habe ich nur hier und das Vertrauen darin, dass ich nicht angegriffen werden bekomme ich auch nur hier."
Ich:"Das stimmt, wobei du die erste Zeit auch mit einem Kollegen zusammen behandeln kannst. Prof. Filou hat da bestimmt nichts gegen."
Tabea:"Das möchte ich nicht. Ich schaff das alleine." und stellt ihre Tasse auf die Küchenzeile. "Ich muss zur Station." Sie geht.

Ich gehe weiter Kaffee bis mein Pieper geht und ich in die Notaufnahme muss. Von dort aus geht es in den OP, dann wieder Notaufnahme, zwischendrin nochmal auf Station. Es ist ein normaler Tag in der Klinik mit nur minutenweise Pause.

Um 16:15 Uhr habe ich frei und das sogar mal pünktlich. Vor mir läuft Tabea.
Ich:"Überstunden gemacht?"
Erschrocken dreht sie sich um und bleibt stehen. Ich gehe zu ihr.
Ich:"Entschuldige, ich wollte dich nicht erschrecken."
Tabea:"Schon ok. Und ja, Überstunden."
Ich:"Und gerade in Gedanken woanders gewesen als schon zuhause?"
Tabea:"Kann sein."
Ich:"Wie war dein Dienst?"
Tabea:"Wie immer. Viel zu tun und kein pünktlicher Feierabend."
Ich:"Und mit den Patienten? Ging das?"
Tabea nickt.
Ich:"Wirklich?"
Tabea sagt genervt:"Ja."
Ich:"Ok. Ich will dich nicht nerven. Ich möchte dir nur sagen, dass du jederzeit mit mir reden kannst, über alles."
Tabea:"Du nervst nicht. Ich möchte einfach nur nach Hause."
Ich:"Dann halte ich dich nicht weiter auf. Bis morgen."
Tabea:"Bis morgen."
Jeder geht zu seinem Auto.

Ich fahre zum Hort und hole Emma ab. Danach fahren wir einkaufen, nach Hause, spielen zusammen, essen was und um 19 Uhr geht sie ins Bett.

Ich setze mich aufs Sofa und schau auf mein Handy. Ich sehe, dass Tabea versucht hat mich anzurufen. Ich rufe zurück.
Tabea:"Hallo."
Ich:"Hallo Tabea. Frederik hier. Ich hab gerade erst gesehen, dass du angerufen hat. Was gibt's?"
Tabea:"Ähm nichts. Also doch. Ich wollte mich für mein Verhalten entschuldigen. Das war nicht nett von mir."
Ich:"Das bist du und ich finde Menschen, welche auch mal genervt sind, ok. Lieber so, als welche die sich verstellen."
Tabea:"Mm."
Ich:"Aber du hast nicht nur deshalb angerufen?"
Tabea sagt mit etwas Pause:"Doch."
Ich:"Dir kannst du was vorspielen. Ob es dir am Ende wirklich hilft weißt nur du. Wenn du mit jemanden reden möchtest, ob am Telefon oder persönlich, du weißt wo du mich findest."
Tabea:"Ok."
Ich:"Ich will auch nicht weiter stören. Ich wünsche dir noch einen schönen Abend."
Tabea:"Den wünsch ich dir auch."
Ich lege auf.

Das verlorene KindWo Geschichten leben. Entdecke jetzt