Veröffentlicht am 22.06.2024
DR. TABEA ROHDE
12.05.
In der Nacht habe ich mehrfach Schmerzmittel genommen. Jetzt geht es mir gerade gut. Nachdem ich geduscht habe checke ich aus und fahre mit dem Auto weiter. Wohin, das weiß ich nicht. Ich lasse mich vom Gefühl leiten.Nach mehreren Stunden halte ich auf einem Supermarktparplatz an. Meine Brüste Schmerzen sehr. Bei meinem Unterleib geht es. Ich nehme zwei Ibuprofen ein. Nach kurzer Zeit werden die Schmerzen im Unterleib weniger. Die in der Brust bleiben. Ich weiß, dass nur ausstreichen zur Milderung führt. Ich gehe in den Supermarkt. Auf der Kundentoilette streiche ich ein bisschen Milch aus meinen Brüsten. Es soll nicht zu viel sein, denn keinesfalls möchte ich die Produktion anregen. Es soll aufhören. Ich sehe, dass meine Brustwarzen leicht geöffnet sind und ein wenig Blut in der Muttermilch ist. Vermutlich von den offenen Stellen. Ich weiß, dass das nicht gut ist und zur Infektion führen kann. Erstmals kommt in mir der Gedanke, dass ich ein abstillendes Medikament brauche. Da das verschreibungspflichtig ist muss ich zum Arzt, was ich nicht will.
Nachdem ich wieder im Auto bin schaue mich um und stelle fest, dass ich in München bin. Ich spüre die Schmerzen in der Brust. Ich weiß, dass ich stärkere Schmerzmittel brauche und ein abstillendes Medikament. Es wird mir nichts anderes übrig bleiben als zum Arzt zu gehen. Da mich in München keiner kennt werde ich das machen, auch wenn ich es nicht will.
Ich stelle mein Handy an und sehe, dass Cati und Miriam mich angerufen und geschrieben. Sie wissen jetzt, dass ich weg bin.
Ich googel wo der nächste Gynäkologe ist. Nur 5 Minuten entfernt gibt es einen. Ich schaue auf meine Armbanduhr und stelle fest, dass es fast 12:45 Uhr ist. Um 13 Uhr schließt die Praxis. Vielleicht gut für mich um eine Untersuchung zu umgehen. Schließlich weiß ich als Ärztin was ich brauche.
Es ist 12:55 Uhr als ich dort ankomme. Bevor ich reingehe stelle ich mein Handy wieder aus.
Ich gehe in die Praxis rein. Am Tresen werde ich von einer Mitarbeiterin begrüßt.
Frau: „Gutentag. Was ich kann ich für sie tun?"
Ich: „Entschuldigen Sie, dass ich ohne Termin komme, aber ich habe meine Medikamente zu Hause vergessen und müsste die jetzt neu verschrieben haben."
Frau: „Ok. Waren Sie schon mal bei uns in der Praxis?"
Ich: „Nein."
Frau: „Um welche Medikamente handelt es sich?"
Ich: „Novalgin und ein Medikament zum abstillen. Ich weiß den Namen gerade nicht."
Frau: „Haben Sie einen Arztbericht dabei wo die Medikamente drin stehen?"
Ich: „Nein."
Frau: „So können wir kein Rezept dafür ausstellen. Dafür müssen Sie untersucht werden. Ich bitte da um Ihr Verständnis. Sonst könnte jeder einfach irgendwelche Medikamente haben wollen."
Ich: „Ok. Dann lass ich mich untersuchen."
Frau: „Welche Beschwerden haben Sie denn?"
Ich: „Ich habe Schmerzen in den Brüsten."
Frau: „Ich sehe ja, dass es ihnen nicht gut geht. Deshalb würde ich sagen setzen sie sich ins Wartezimmer. Sie kommen dann vor der Mittagspause noch ran. Allerdings müssen sie Wartezeit mitbringen."
Ich: „Ok. Darf ich nochmal ihre Toilette nutzen?"
Frau: „Selbstverständlich. Sie ist um die Ecke" und zeigt dahin.
Ich gehe dahin und schließe mich ein. Jetzt muss ich mich doch untersuchen lassen. Ich dachte, ich kann das umgehen. Nachdem ich zur Toilette war setze ich mich ins Wartezimmer.Das Wartezimmer leert sich. Eine Mitarbeiterin ruft mich auf und bringt mich in ein Behandlungszimmer. Dort nehme ich auf einem Stuhl Platz und warte auf den Arzt.
5 Minuten später öffnet sich die Tür. Eine Ärztin und eine Mitarbeiterin kommen herein. Die Ärztin und ich schauen uns überrascht an.
Ärztin: „Hallo Tabea. Das ist ja eine Überraschung dich hier zu treffen."
Ich: „Ja, das finde ich auch. Ich habe mit einem Arzt gerechnet."
Ärztin: „Der musste weg. Wenn du lieber von ihm behandelt werden möchtest musst du morgen wieder kommen."
Ich: „Nee, es passt schon. Es geht auch schnell. Ich brauche nur ein Rezept für Medikamente."
Ärztin: „Davon habe ich gehört. Allerdings müsste ich genauer wissen warum du das brauchst. Ich habe von Schmerzen in den Brüsten gehört."
Ich nicke.
Ärztin: „Seit wann hast du die Schmerzen?"
Ich: „Seit ein paar Tagen, wobei sie zugenommen haben. Ibuprofen hilft nicht mehr."
Ärztin: „Ok. Gibt es einen Grund für die Schmerzen?"
Ich schüttele meinen Kopf.
Ärztin: „Du möchtest auch ein abstillendes Medikament. Warum?"
Ich: „Weil ich nicht mehr stille und deshalb die Schmerzen habe."
Ärztin: „Herzlichen Glückwunsch zur Geburt. Wie alt ist das Baby?"
Ich: „Es ist eine Totgeburt."
Ärztin: „Mein Beileid. Wann ist das Kind geboren?"
Ich: „Am 3."
Ärztin: „Also vor 9 Tagen. Hast du in der Klinik ein abstillendes Medikament bekommen?"
Ich: „Ja. Ich hab es allerdings zu Hause vergessen und jetzt ein paar Tage nicht genommen. Ich dachte, es geht so vorbei."
Ärztin: „Das scheint nicht der Fall zu sein. Ich würde mir das jetzt anschauen. Machst du bitte deinen Oberkörper frei?"
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Das verlorene Kind
Fiksi PenggemarDr. Charlotte Engel ist 32 Jahre, Ärztin und arbeitet in der Klinik am Südring. Sie ist eine gute, beliebte Ärztin. Von ihren Kollegen wird sie sehr geschätzt, u.a. für ihre einfühlsame Art, wie auch ihrer Hilfsbereitschaft. Sie versucht jeden Fall...