Veröffentlicht am 09.01.2020
Es ist Anfang März.
CHARLOTTE
Seit 4 Monaten ist Papa tot. Ich habe es inzwischen realisiert, auch wenn ich manchmal noch hoffe, dass es doch nur ein Albtraum ist und ich aufwache. Doch dann merke ich, dass die Zeit weiter läuft und es kein Traum ist.
Den Hof hat Jochen gemietet. Er macht das super. Nach Papas Tot war ich noch einmal im Januar da um das Ganze schriftlich festzuhalten. Schließlich haben Mama und ich den Hof geerbt.Mama, mit ihren 69 Jahren ist sie jetzt alleine. Papa war ihre große Liebe. 47 Jahre waren sie zusammen; 44 davon verheiratet. Und jetzt ist sie alleine. Auf dem Hof hilft sie weiter mit, weil sie es gerne möchte. Sie darf kostenlos da wohnen und mit der Witwenrente kommt sie gut aus. Von Weihnachten bis Silvester war sie bei uns. Ich hatte das Gefühl, das tat ihr gut und sie ist aufgeblüht. Entlastend ist es natürlich auch wenn die Oma mit ihren Enkeln unterwegs ist oder mal kocht. Anfang Februar war sie auch fast zwei Wochen da. Sie schläft in Lisas Zimmer, welches nun Gästezimmer geworden ist.
Lisa (17); sie war 4 Wochen in der Psychiatrie und ist kurz vor Weihnachten ins betreute Wohnen in Köln gekommen. Weihnachten hat sie bei uns verbracht und auf dem Sofa geschlafen. Das tat mir schon Leid, aber sie wollte, dass Oma im Bett schläft. Mithilfe vom Jugendamt durfte zu Februar ins betreute Wohnen nach Düsseldorf. Düsseldorf, da wollte sie gerne wieder hin und jetzt ist sie wieder da. Sie wohnt dort in einer WG mit drei weiteren Jugendlichen im Alter von 17-19 Jahren. Die drei gehen zur Schule bzw. machen eine Ausbildung. Lisa hat ihre Schule aus gesundheitlichen Gründen in Erfstadt unterbrochen. Im Sommer stände ihr Abitur an, nach G8. Dieses wird sie jetzt nicht machen und in Düsseldorf Abitur nach G9 machen. Sie ist zurück in ihre alte Schule und Klasse gekommen, hat schnell wieder Anschluss gefunden und es wirkt so, als sei sie nie weg gewesen. Und dabei war sie ein halbes Jahr nicht da. Kontakt gab es immer per Whatsapp, Skype, usw.. Ich habe sie Mitte Februar besucht und das Gefühl, es geht ihr richtig gut. Sie bekommt dort das was sie möchte und auch wenn ich sie gerne bei mir hätte, wichtiger ist mir, dass es ihr gut geht.
Emma (4) ist weiterhin in der Kita. Beim Sozialpädagogischen Dienst sind wir im November nicht gewesen. Der Tot von Papa und dann Alles mit Lisa, da hatte ich keine Zeit dafür. Zudem glaube ich, dass ihr die Ruhe um ihre Person, wo es sich mal nicht um sie gedreht hat, gut getan hat. Sie spricht deutlicher. Die Windel und den Schnuller hat sie immer noch. Irgendwann wird sie ihn schon abgeben, auch wenn ich weiß, dass ich mich da jetzt mal drum kümmern muss. Schließlich ist sie schon 4,5 Jahre.
Klara (6 Monate) hat sich gut entwickelt. Sie robbt bereits, brabbelt vor sich an, und isst püriertes. Wenn ich bedenke, dass Emma das alles viel später getan hat. Irgendwie ist man beim nächsten Kind doch anders und vielleicht gelassener.
Frederik (41) arbeitet seit Dezember wieder. Sein Monat Elternzeit war da vorbei. Ich bin so froh, dass er in der schweren Zeit nach Papas Tot und wo es Lisa so schlecht ging für mich da war. Er hat mir den Halt gegeben, den ich gebraucht habe. Er ist das Beste, was mir in meinem Leben passiert ist.
Mir geht es gut. Ich habe alles im Griff, genieße meine Elternzeit, wobei ich die Arbeit schon vermisse. Wenn ich bedenke, dass ich in einem halben Jahr wieder arbeiten gehen werde, dann wirkt es einerseits so weit weg und ich möchte die Zeit verkürzen. Andererseits denke ich, dass ich dann schon wieder los muss. Ein halbes Jahr vergeht so schnell. Immerhin ist Klara schon 6 Monate und ich frage mich, wo die Zeit geblieben ist.
Und dann ist da noch Carina, welche Ende März ihr Baby bekommen soll. Niemand weiß wer der Vater ist. Ich weiß auch nicht wie es sein wird wenn Frederik der Vater ist. Wir haben schon darüber gesprochen und er möchte dann für sein Kind da sein. Das kann ich verstehen und somit werde ich auch für das Kind da sein. Für das was passiert ist kann das Kind nichts. Carina und ich verstehen uns inzwischen gut. Wir sind Nachbarn und sehen uns da öfter. Ich glaube, dass die Situation für die anderen Nachbarn teils schwierig zu verstehen ist und diese mit Streit und Distanz gerechnet haben und nicht mit Harmonie. Aber was bringt mir Streit und Distanz? Carina und ich bleiben Nachbarn. Und das wichtigste ist: Ich weiß, dass Frederik mich liebt. Und somit kann ich mit der Situation umgehen.
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Das verlorene Kind
FanfictionDr. Charlotte Engel ist 32 Jahre, Ärztin und arbeitet in der Klinik am Südring. Sie ist eine gute, beliebte Ärztin. Von ihren Kollegen wird sie sehr geschätzt, u.a. für ihre einfühlsame Art, wie auch ihrer Hilfsbereitschaft. Sie versucht jeden Fall...