Kapitel 4

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«Dich kann man auch nirgends mehr alleine hin lassen. Ich wusste, es war ein Fehler.» Maja traute ihren Augen nicht, als Mia ihr, nach Silvester freudig eine Nachricht schickte. «Du brauchst gar nicht mit den Augen zu rollen. Es liegt doch auf der Hand. Du bist blind, weil dein Herz sich an Riku gehängt hat und er ist gekränkt und verletzt. Beide seit ihr einsam. Das ist die beste Mischung und Voraussetzung, um einen solchen Scheiss zu machen.» Maja liess ihre Freundin gar nicht zu Wort kommen. «Mia ehrlich. Er wird dich nie so lieben, wie Samu. Auch wenn er es, im Moment, möchte. Riku kann nicht. Weil sein Herz Samu gehört. Früher oder später, wird er dich unglücklich machen.» - «Wird er nicht. Riku ist so liebevoll und einfühlsam und...» - «Ihr habt doch nicht etwa miteinander geschlafen?" Fiel Maja ihr panisch ins Wort. «Nein, haben wir nicht.» Antwortete Mia genervt. «Dann lass es. Danach ist zurück ziehen, nur noch schwieriger. Am besten kommst du nachhause und suchst dir einen Mann, dessen Herz frei ist.» - «Mein Urlaub ist noch nicht zu Ende. Und so lange bleibe ich hier.» Maja atmete tief durch. «Dann mach, was du nicht lassen kannst. Aber sag nicht, ich hätte dich nicht gewarnt. Das kann nie und nimmer gut gehen. Ich weiss es ist verlockend. Es ist jedoch nicht fair. Keinem von euch beiden gegenüber. Doch es wird dein Herz sein, welches schlussendlich leiden wird. Denk darüber nach, Süsse.» - «Wir sehen uns, wenn ich wieder Zuhause bin. Riku kommt gleich heim.» Beendete Mia das Telefonat. Allein der letzte Satz, löste bei Maja ein Kopfschütteln aus. Mia war doch immer die Vernünftige von ihnen beiden. Überlegt und sich nicht Hals über Kopf in etwas stürzen. Riku hatte ihr schon mehr als es gut war, den Kopf verdreht.

„Hey Süsse!" Kam Riku lächelnd ins Wohnzimmer und gab Mia einen sanften Kuss auf die Lippen. Wie konnte man bei diesem Lächeln standhaft bleiben. Maja hatte gut reden. Sie hatte alles, was sie wollte. Mann, Kind, Haus. War ihr denn das nicht auch gegönnt? 'Natürlich. Aber nicht mit einem Mann, der vor kurzem noch mit einem Mann zusammen war und diesen immer noch liebt', redete einmal mehr die Vernunft mit Mia. Doch wer wollte schon vernünftig sein, wenn man endlich das bekam, wovon man kaum zu träumen gewagt hatte? Kein Mensch. Sie zumindest nicht. Weshalb Mia den Kuss in die Länge zog. Mehr forderte. Ihre Hände unter Rikus Pulli schickte, um die warme Haut und die gut definierten Muskeln, endlich zu spüren. Nie hätte Mia gedacht, dass es sich so gut anfühlt. Ein Seufzen entwich beiden. Dennoch umfasste Riku Mias Handgelenke und zog sie unter seinem Pulli hervor. „Nicht so stürmisch, Kleines. Lass es uns langsam an gehen. Wir haben Zeit." Küsste Riku Mias Stirn. Zeit. Hatten sie die wirklich? 'Und wenn nicht, solltet ihr schleunigst damit aufhören, diese Zeit mit Küssen und noch intimeren Dingen zu füllen', waren da wieder die Stimmen in ihren Köpfen. Konnten die nicht einfach mal Ruhe geben? „Lass uns einen Spaziergang machen." Zog Riku Mia mit sich hoch. Er musste aus dieser Situation. Zu lange bekam Riku all das nicht mehr, weshalb sein Körper prompt darauf reagierte. Die Kälte würde ihm gut tun.
Hand in Hand, schlenderten sie zum Hafen und von dort weiter zum Meer und zur Insel Uunisaari. Es war ein herrlicher Tag. Die Sonne schien von einem stahlblauen Himmel und wärmte ein bisschen die kalten Gesichter. Von Schnee war keine Spur zu sehen. Der würde bestimmt wieder dann kommen, wenn alle anderen Länder in Europa, schon beinahe wieder Frühling hatten. Sie genossen das bisschen Stille, das teilweise herrschte und das Plätschern des Wassers. Riku zog Mia fest an sich, um ihr etwas warm zu geben. Ausgerechnet er, der immer kalt hatte und selber jemanden brauchte, der ihn wärmte. Sein persönlicher Ofen, hatte Riku in die Wüste geschickt. Riku seufzte und vergrub sein Gesicht an Mias Mütze. „Was ist los, hmm?" Legte Mia den Kopf in den Nacken, um Riku ansehen zu können. „Nichts. Es ist einfach nur schön hier mit dir!" Lächelte Riku sein schiefes Lächeln. Mia drehte sich in Rikus Armen um und legte ihre Arme um seinen Hals. „Das finde ich auch!" Zog sie Riku, ohne Druck, zu sich runter. „Darf ich dich hier küssen?", fragte Mia, als ihre Lippen sich beinahe schon berührten. Riku nickte nur und überbrückte die Distanz zwischen ihnen, damit ihre Lippen miteinander verschmelzen konnten.

Zwischen dürfen und machen, liegt bekanntlich viel Spielraum. Dies musste auch Riku wieder erfahren, als Mikko eine Woche später vor der Tür stand. „Müsst ihr einen solchen Rosenkrieg abziehen?" Stand Mikko in der Wohnung, kaum hatte Riku ihm geöffnet. „Auch schön dich zu sehen. Komm doch rein." Schloss Riku mit sarkastischem Unterton in den Worten, die Tür. „Ist sie da?" Sah sich Mikko fragend um. „Wer?" - „Die Kleine." Knallte Mikko ein Heft auf den Esstisch. Wie bekannt Riku diese Situation gerade vor kam. Es knallte schon einmal einer, mit einem heftigen Wutanfall, ein Heft auf den Tisch. Was folgte, war ihre erste Trennung. Ein Riss in ihrer Beziehung. Erneut waren Mia und er abgebildet. Dieses Mal in einem finnischen Heft. Letztes Mal beteuerte Riku, dass die Bilder nicht das waren, was sie zeigten. Dies konnte er jetzt nicht mehr sagen. Es war offensichtlich. Ein Kuss war schliesslich ein Kuss. „Und?" Sah Mikko ihn herausfordernd an. „Mia ist oben. Du kannst dennoch reden. Sie versteht kein Finnisch." Ging Riku gleichgültig an Mikko vorbei. „Was zu trinke?" Mikko schüttelte den Kopf. Wie konnte Riku nur so ruhig reagieren? Er, dem es das Herz zerriss, als er den Schritt machte, Samu und die Band zu verlassen. „Musste das sein?" - „Denkst du, ich hab das mit Absicht gemacht?" Riku konnte es nicht fassen. „Genau so wenig wie die Bilder damals von Samu und mir, mit denen der ganze Schlamassel erst angefangen hat. Alles was ich will, ist leben wie jeder andere Mensch auch." - „Du bist aber nicht jeder andere." Antworteten Mikko darauf ruhig. „Ja leider. Hätte ich mich doch damals bloss anders entschieden und wäre nicht zum Vorspielen gekommen." Brummte Riku. „Das meinst du nicht wirklich so?" Natürlich nicht. Riku war nur einfach so wütend auf sich und die Presse. Ausserdem jagten die Emotionen wild durch seinen Körper, seit Mikko mit diesem Heft aufgetaucht war. Was wenn der ganze Scheiss online geht und Samu es sieht? Riku wurde es heiss und kalt. 'Worüber regst du dich so auf? Du wolltest ein solches Leben. Hast Samu deswegen den Laufpass gegeben. Jetzt hast du das, was du immer wolltest', stichelte der Teufel auf Rikus Schulter. Er wollte dieses freie Leben, ja. Doch musste das nicht in die Zeitung und Magazine. „Nein, tue ich nicht. Es war das Beste, was ich jemals getan habe. Und ich würde es immer wieder tun." Antwortete Riku auf Mikkos Frage. Weil er dadurch den tollsten Menschen überhaupt kennen lernen durfte, mit dem er die schönste Zeit seines Lebens verbrachte. Doch es wird Zeit für weitere schöne Zeiten. „Ist es schon online?" Mikko zuckte mit den Schultern. Er musterte Riku. „Und wenn, musst da jetzt durch. Du kannst nicht ein neues Leben beginnen, was ich ohnehin alles nicht ganz nachvollziehen und verstehen kann. So tun, als hätte es das davor nie gegeben und dann erstaunt sein, wenn du immer noch interessant bist für die Presse. Mehr denn je, da schon Trennungsgerüchte die Runde machen. Wie schon letztes Jahr." - „Das musst du auch nicht verstehen. Keiner muss es verstehen." Wurde Riku aufbrausend. „Was stimmt nicht mit euch beiden? Der eine vergräbt seine Gefühle hinter Bergen von Nonsens und Mist, den er postet. Denkt er könne in Australien alles vergessen. Und du, der in seinen Gefühlen beinahe ertrank, hast das Gefühl, dass die Gegenwart einer Frau, alles kompensiert was dir eigentlich fehlt und den Schmerz beiseite räumt. Das funktioniert nicht. Beides nicht. Ihr werdet noch elendig auf die Schnauze fallen. Du vielleicht schon früher, als Samu." Verschaffte sich Mikko Luft. Er hätte die beiden am liebsten geschüttelt, damit der Verstand oder was auch immer sie brauchten, um zur Vernunft zu kommen, wieder zurecht gerückt wird. „Es ist mein verdammtes Leben. Und nicht deines." Erhob nun auch Riku seine Stimme. „Wieso soll ich etwas nachtrauern, was vorbei ist. Samu tut es ja auch nicht. Aber Herr Haber darf ja alles, was andere nicht dürfen. Es hat nicht sollen sein mit uns. Ende." - „Diesen ganzen Schwachsinn, glaubst du ja selber nicht, Riku. Hast du dir jemals einen von Samus Post angesehen?" Hatte er. Jeden Einzelnen davon. „Das ist Samus Art, mit dem Verlust und den Schmerzen, die die Selben sind wie deine, um zu gehen. Ein Schutz, um seine Gefühle nicht Realität werden zu lassen, damit er nicht daran kaputt geht. Du kennst ihn, Riku. Besser als sonst jemand von uns. Gerade du, solltest es also besser wissen. Samu geht es verschissen. Und früher oder später, wird sein freier Fall zu Ende sein und er ungebremst in der harten und kalten Realität ankommen." Mikkos Worte brannten sich unter Rikus Haut. Eine Gänsehaut überzog sie. „Ich hoffe für ihn, für dich und für euch beide, dass es bald so weit ist. Vielleicht helfen die Bilder. Also hoffe ich, dass sie online und für etwas gut sind." Mikko versuchte etwas in Rikus Gesicht zu lesen. „Bring das mit Mia in Ordnung. Bevor ihr noch tiefer da hinein rutscht und es kein Zurück mehr gibt. Bevor du sie und dich unglücklich machst." Liess Mikko die Worte und Riku im Raum stehen.

I am living in the AfterglowWo Geschichten leben. Entdecke jetzt