Nicht nur Sami hatte heute ein leichtes Herz. Es war das erste Mal seit langem, dass Samu, ohne Party oder ausgelasteten Tag, völlig befreit und befriedigt, ins Bett fiel. Einfach nur, weil er ein paar nette Stunden mit seinem besten Freund verbracht hatte.
Nach all der Arbeit, den Partys und Bootstouren, kehrte um Weihnachten herum, Ruhe ein. Die Ruhe, die Samu, seit Monaten und mit aller Macht versuchte zu verhindern. Zeit. Er hatte auf einen Schlag, massenhaft Zeit zur Verfügung. Wusste Samu jedoch nicht, was er damit anfangen sollte. Also fing er an, wieder etwas mehr Sport zu treiben, als auch schon. Dennoch füllte es nicht seine Freizeit aus. Nach Musik machen, war ihm nicht. Obschon Samu sich wieder einmal um neue Songs Gedanken machen sollte. Seit Riku weg war, hatte Samu seine Gitarre nicht mehr angefasst. Sein Kopf war genau so leer, wie sein Herz. Ausserdem, was hatte es für einen Sinn, sich über etwas Gedanken zu machen, was ohnehin in Scherben zerbrach, als Riku sich von ihm getrennt und die Band verlassen hatte?
Es war Heilig Abend. Morgen war Samu bei seiner Mama eingeladen. Heute war er allein. Gefangen in der Stille, die in seinem Leben auf einmal herrschte. Er hatte sich etwas Leckeres gekocht und dazu etwas Wein getrunken. Jetzt sass Samu, mit dem Rest des Weins, auf dem Sofa. „Frohe Weihnachten, Hapa.“ Prostete er sich sarkastisch zu. Alle waren jetzt bei ihren Familien. Feierten mit ihren Liebsten zusammen. So wie er es letztes Jahr mit Riku auch noch tat. Das letzte Mal und bereits mit einem gewaltigen Bruch in ihrer Beziehung. Nicht so, wie die Jahre davor. Samu sah es vor sich, als wäre es eben erst gewesen, wie er für Riku, weil er sich so sehr richtige Weihnachten mit einem Baum gewünscht hatte, einen Baum im Wald fällen ging. Ein riesiges Teil. Niemals würde Samu Rikus erstaunten Blick und die strahlenden Augen vergessen. Allein dafür, hatte es sich gelohnt. Ebenso die Einkaufstour, da sie keinen Schmuck für den Baum hatten. Es war das schönste Weihnachten überhaupt. Samu strich über die Kette, die er immer noch trug. Riku hatte sie ihm an genau dieser Weihnachten geschenkt. ‘Damals als es dir noch wichtig war, wie es Riku geht und du ihm jeden Wunsch erfüllt hast', stichelte Samus Teufel in ihm. Der Splitter in seinem Herzen schmerzte. Seit er sich dort hinein gebohrt hatte, das erste Mal. Heisse Tränen rannen über Samus Wangen und hinterliessen in seinem Innern, weitere Schmerzen und Wunden. Er wollte das nicht. Am liebsten würde Samu gar nichts fühlen. Doch dafür, hatte die Trennung und Rikus Auszug, zu tiefe Wunden hinterlassen. Schliesslich hatte Samu sein Herz an Riku vergeben. Es ihm geschenkt. Als Riku ging, fühlte es sich an, als hätte er es ihm aus der Brust gerissen und dort ein Loch hinterlassen, welches niemals ganz verheilen würde. Damit musste Samu jetzt leben. Klar kommen. Oder aber etwas dagegen tun. „Ich hasse dich, Rajamaa!“ Riss Samu die Kette von seinem Hals und schleuderte sie durch das Wohnzimmer. Nahm darauf einen weiteren, grossen Schluck Wein. ‘Alkohol und Wut, sind nicht die Lösung und auch nicht das, was du tun solltest’, redete sein Gewissen mit Samu, als er eine weitere Flasche Wein holte. Auf dieses, hörte er schon lange nicht mehr. Samu wollte nur, dass es aufhörte. Und Alkohol, war im Moment die beste Lösung. Bis er wieder etwas zu tun hatte. Bis er, nach den Feiertagen, nach Australien reiste, um dort weiter zu vergessen. Weiter sein Leben mit Nonsens vollstopfen konnte. Vivi würde auch für ein paar Tage runter kommen, da sie Termine hatte. Das waren gute Aussichten, die Samu hoffnungsvoll stimmten. Vielleicht würden sie beide ja doch wieder irgendwie zusammen kommen. Sie waren ein gutes Team. Keiner konnte dem anderen Vorwürfe machen, dass er zu wenig zuhause war. Mit Vivi konnte er sich ohne Probleme in der Öffentlichkeit zeigen. Kein Versteckspiel. Es hatten ja alle so oder so das Gefühl, sie seien ein Paar. Warum also nicht eine Tatsache daraus werden lassen? ‘Und was ist mit der Liebe?’, fragte sein Herz zaghaft. Liebe. Samu schnaubte. Wer brauchte die schon? Sie brachte nichts als Ärger, Kummer und Schmerzen. Die Menschheit war besser dran, ohne dieses leidige Etwas, was sich Liebe nannte. Freundschaften reichten vollkommen aus. Das sich Samu damit gerade selber, nach Strich und Faden belog, wusste er, tief in seinem Innern selber. Samu spürte es, als all die schönen Erinnerungen, an Weihnachten mit Riku, durch seinen Körper strömten. Verdrängen war jedoch leichter und weniger schmerzhaft, als sich darauf einlassen, die Gefühle zu lassen und einfach mal so richtig zu leiden.
„Mein Junge, schön dich auch mal wieder zu sehen!“ Samus Rollen mit den Augen, sagte Eve, dass der Herr schlechte Laune hatte. Er sah nicht aus, als wollte er hier sein. Und grundsätzlich, sah er schon mal besser aus. Die Haare wurden immer länger, was ihn älter und müder aussehen liess. Die Ringe unter den Augen, zeugten davon, dass er wohl schon lange nicht mehr sehr viel Schlaf bekam. Wusste Eve ja, dass Samu sich, seit Riku weg war, nur noch in die Arbeit und den Spass stürzte. Es schien, als würde Samu eine verfrühte Midlife Crises durch leben. Ausgelöst von dem Schmerz, der Rikus Trennung bei ihm hinterlassen hatte. „Wie geht es dir?“ – „Bestens! Es ging mir noch nie so gut wie die letzten Wochen und Monate.“ Kam sarkastisch von Samu. Eve musste sich beherrschen, um nicht einen ebenso sarkastischen Spruch liegen zu lassen. Es hätte nur zu Streit geführt und das Samu wieder gegangen wäre. Da waren sie sich einfach zu ähnlich. Ärger hing ohnehin schon in der Luft. Eve spürte es. „Setz dich doch schon mal hin. Sanna und die Kinder, sind leider kurz vor dir gegangen. Die Kinder waren müde.“ Schob Eve ihren Sohn ins Wohnzimmer. „Ja, tut mir leid. Ich hatte keinen Bock auf dieses Friede - Freude - Eierkuchen - heile Welt - Familien Ding. Eigentlich will ich gar nicht hier sein.“ Verliessen die Worte schneller Samus Mund, als dass er darüber nach gedacht hatte. „Warum bist du dann hier, wenn wir dir doch alle so zu wider sind?“ Konnte Eve es nicht mehr zurück halten. Es tat ihr im Herzen weh. Samu und seine Worte. Sie wusste, dass er litt. Aber er musste das ja nicht an ihr auslassen. „Ich halte dich nicht auf. Du darfst gerne wieder gehen. Denn deine schlechte Laune, brauchst du nicht an mir auslassen. Denn ich, kann nichts für deine momentane Situation. Du allein, bist für dein Leben verantwortlich. Ich kann einfach nur für dich da sein. Aber nicht als Blitzableiter, Samu. Sondern als deine Mutter, die sich deine Sorgen anhört und wenn angebracht, einen Rat dazu gibt. Nicht mehr und nicht weniger.“ Wandte sich Eve von Samu ab. Kurz bevor sie jedoch in der Küche verschwand, drehte sie sich noch einmal zu ihm um. „Vergiss nur eines nicht, während du den Schmerz begraben willst und dabei in deinem Selbstmitleid badest. Die Familie und Freunde, sind das was dir bleiben, wenn alles andere den Bach runter geht.“ Die Worte blieben so im Raum stehen. Samu raufte sich genervt die Haare. Er wollte sich zusammen reissen. Doch im Moment war es schwierig, sein Temperament, gegenüber den Menschen, die ihm am wichtigsten sind, in Schach zu halten. Weshalb er sie auch mied. Was Samu leid tat. Im Grunde, hasste er sich selber, momentan am allermeisten, von allen anderen, die gerade nicht so gut auf ihn zu sprechen waren. „Es tut mir leid, Mum! Ich habe dich lieb!“ Legte Samu von hinten seine Hände an Eves Arme und drückte ihr einen Kuss in die Haare. Mit diesen Worten verschwand er auch schon wieder. Ohne es auch nur eine Stunde hier ausgehalten zu haben. Zu sehr steckte auch hier überall Riku.
Das war auch der Grund, weshalb sich Samu schon einige Wohnungen anschaute. Er hielt es in ihrem gemeinsamen Haus einfach nicht mehr aus. Weil es sich anfühlte, als würde Rikus Geist, noch immer durch die Räume wandern. Was Samu teilweise beinahe wahnsinnig machte. Er konnte Riku spüren und riechen. Manchmal sogar hören. Seine Stimme und was noch viel schmerzhafter war, sein Lachen. In jedem Detail in ihrem Haus, welches ihre Zukunft bedeutete, war Riku. Er hatte daraus eine wahre Oase gezaubert. Weshalb es für Samu besonders schwer war, vor allem in letzter, dieser ruhigen Zeit, sich dort auf zu halten. Was er jedoch nicht übers Herz brachte, war das Haus zu verkaufen. Es war das Letzte, was ihnen, von ihrer gemeinsamen Zeit, geblieben war. Vielleicht eine letzte Verbindung zwischen ihnen beiden. Samu seufzte, als er die Tür hinter sich ins Schloss fallen liess. Mit dem Rücken daran gelehnt, liess er seinen Blick schweifen. Samu musste hier weg. Sonst würde er nie damit abschliessen können. Schweren Herzens, ging Samu nach oben, um seine Sachen zu packen. Er hatte einen Freund, in dessen Apartment er wohnen konnte, bis dieser von seiner Weltreise zurück war. Dieses Angebot, würde Samu jetzt annehmen. Der Schlüssel lag schon lange in der Kommode im Eingangsbereich. Nach einer Stunde, hatte er das Wichtigste zusammen gepackt und sah sich noch einmal um. Sein Blick blieb auf dem Bild von ihm und Riku hängen. „Ich habe dich wirklich geliebt, Rajamaa. Ich liebe dich noch immer!“ Schnell wischte Samu sich mit dem Ärmel übers Gesicht und verliess den Raum. Die Terrasse war leer. Die Storen waren überall unten, was das Haus in Dunkelheit hüllte. Dennoch schwebte noch immer der Geist ihrer Liebe durch die Räume. Fest entschlossen, dort zu bleiben. Voller Hoffnung. Die, die Samu abhanden gekommen ist, als Riku die Tür hinter sich ins Schloss zog. Dies tat nun auch Samu. Das Klicken der Tür, als diese im Schloss einrastete, löste erneut Tränen aus Samus Augen. Er schloss sein altes Leben damit ab. Nicht bereit, ein Neues anzufangen.
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I am living in the Afterglow
FanfikceFortsetzung von 'Leave the past behinde' Riku hat sich, am Ende von 'Leave the past behinde', von Samu getrennt. Weil zu viel vorgefallen war, dass auch die tiefste Liebe, irgendwann nicht mehr ausreichte, um stark zu sein und so weiter zu machen. S...