Kapitel 6

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„Ist es wahr?“ Strich sich Samu durch die Haare. Er sah beinahe hilflos aus. Seit einer Woche, war Samu wieder Zuhause. Jetzt sass er bei Mikko im Wohnzimmer. „Was weiss ich. Riku denkt es zumindest. Ich habe versucht ihm ins Gewissen zu reden, nach dem ich diesen Artikel gesehen habe. Er liess sich jedoch nicht wirklich darauf ein. Oder sagen wir es anders, er reagierte nicht darauf. Wie es in Riku aussieht, kann ich dir nicht sagen. Er war für mich schon immer der von euch, den ich am wenigsten durchschauen konnte. Seit er dich verlassen hat, zieht sich Riku immer mehr in sein Schneckenhaus und von uns zurück.“ Das konnte sich Samu lebhaft vorstellen. „Warum hast du nicht einfach gemacht, was sich Riku so sehr gewünscht hat?“ Kam Liisa, nach dem sie Samu eine Weile beobachtet hatte, nach unten zu den Männern. „Weil...“ – „Es war doch nicht nur, weil du damit alles aufs Spiel gesetzt hättest. Oder etwa doch? Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass dir Riku so egal geworden ist.“ Samu sah zwischen Liisa und Mikko hin und her. „Riku war mir niemals egal. Und ist es auch jetzt nicht. Ich war einfach ein Idiot.“ Vergrub Samu das Gesicht hinter seinen Händen. „Da hast du Recht. Aber das bekommst du wieder hin.“ – „Wie denn? Er hat jetzt Mia.“ Schnaubte Samu. „Ihr Männer seit unglaublich. Kaum wird es kompliziert, zieht ihr den Schwanz ein.“ Stand Liisa energisch auf und ging in die Küche. „Mal ganz ehrlich, Samu. Glaubst du wirklich, dass Riku Mia liebt. Da sind bestimmt Gefühle. Aber die selben wie er für dich hat?“ Samu zuckte mit den Schultern. „Dann kämpfe, Samu! Mit allen Mitteln, die dir zur Verfügung stehen. Und du hast das grösste Geschenk mit auf den Weg bekommen, was man dafür einsetzen kann. Die Gabe, deine Gefühle mit Musik auszudrücken.“ Kam Liisa mit Getränken aus der Küche zurück. „Das wollte ich ja. Riku kam mir mit seiner Trennung zuvor.“ Erstaunte und fragende Gesichter, sahen ihn an. Samu seufzte. „Riku hätte nur noch ein kleines Bisschen Geduld haben müssen. Bis ich, bei der Plattenfirma, endlich die Freiheiten durch gerungen hatte, die ich mir schon so lange wünsche. Ja, es war ein Fehler, dass ich Riku nichts davon erzählt hatte. Doch sollte das, was danach hätte folgen sollen, eine Überraschung sein.“ – „Verrätst du uns auch was?“ Rutschte Liisa schon ganz ungeduldig auf dem Sofa herum. Sie ahnte, dass es sicher total romantisch gewesen wäre. „In meinem Kopf, hatte ich eine Akustik Tour geplant. Mit Liedern, die alle etwas mit Riku und mir zu tun hatten. Bei einem dieser Konzerte, vorzugsweise bei dem in Berlin, hätte ich die Bombe, bei unserem Song, platzen lassen. Vor all unseren Fans und den grossen Bossen. Es wäre der Super Gau gewesen. Doch statt dessen, hat Riku mir den Todesstoss verpasst und sich von mir getrennt. Woran ich auch selber Schuld bin.“ Samu wischte sich übers Gesicht. Heisse Tränen rollten über seine Wangen. Die Erinnerungen an diesen Tag und die Tatsache, die gleichzeitig eine Ungewissheit war, dass er Riku für immer verloren hatte, taten verdammt weh. Immer wieder sah er die Bilder von Riku mit Mia vor sich. Dabei könnten sie jetzt schon, wenn alles nach Plan gelaufen wäre, ihre Zweisamkeit öffentlich und in vollen Zügen geniessen. Samu würde Riku wieder weiterhin jeden Wunsch von den Lippen und Augen ablesen. Ihn auf Händen tragen. Mit ihm all die Dinge nach holen, die sie nie konnten. Samu sah noch heute Rikus sehnsüchtiger Blick, als sie gemeinsam über den Weihnachtsmarkt schlenderten und all die verliebten Pärchen sah. Das alles, würde Samu Riku jetzt schenken. Sie könnten sogar gemeinsam als Paar, an Samis Hochzeit. All dies, zerplatzte wie eine Seifenblase. Hemmungslos, liess Samu seinen Gefühlen freien Laufen. So fest er sie lange Zeit in Schach gehalten hatte, desto heftiger, überrollten sie Samu immer wieder, seit er diesen Song in Neuseeland geschrieben hatte. Die Einsamkeit und Leere in seinem Herzen, die Samu zu diesem Getriebenen machte, schlug ihm immer wieder mit voller Wucht ins Gesicht. Statt die anderen in seinen Plan einzuweihen, damit sie ihm mit Riku helfen konnten, hatte Samu das Gefühl, alles selber stemmen zu können. Verhielt sich wie ein Arschloch. Das nannte man dann wohl Karma. „Und warum hast du nichts gesagt?“ Drang Mikkos Stimme nur leise zu Samus Unterbewusstsein. Liisa hielt ihn fest im Arm, damit er nicht vollends unter ging und an seinem Schmerz zerbrach. Samu löste sich von Liisa und sah Mikko erstaunt an.„Himmel, Samu. Wie oft muss ich dir noch sagen, dass ich hinter dir stehe. Egal was du machst. Also zumindest was das mit dir und Riku angeht. Wir hätten dir alle geholfen. Statt, dass wir uns auf Rikus Seite geschlagen hätten.“ Mikkos Blick wurde entschuldigend. Samu entwich ein erneutes Schluchzen. „Dann mach es doch jetzt?“ Samus Blick ging von Mikko zu Liisa. „Ohne Gitarristen?“ Liisa biss sich auf die Lippe, während sie überlegte. „Dann warte mal die Hochzeit von Sami und Liina ab. Fühl ihm ein bisschen auf den Zahn. Ich werde das Selbe tun.“ Grinste Liisa schelmisch. „Vielleicht ergibt sich auch ein kleines Gespräch unter vier Augen.“ –„Falls er überhaupt noch mit mir spricht.“ Liisa verdrehte die Augen. „Riku wird sich doch wohl kaum so kindisch aufführen. Er hat mit dir Schluss gemacht. Mit nachvollziehbaren Gründen. Doch sich gleich darauf ins Verderben zu stürzen, kann ich nicht verstehen.“ Das Gequängel aus dem Babyphone, liess Liisa nicht mehr weiter sprechen. „Liisa hat recht, Samu. Lass es erst einmal auf dich zu kommen. Vielleicht wenn er dich sieht...“ Zuckte Mikko mit den Schultern. „Ich weiss wie dreckig es Riku ging, nach seiner Trennung von dir. Überstürze nichts. Aber verkrieche dich auch nicht. Du musst kämpfen, wenn du Riku zurück willst.“ Samu nickte. Er wusste, dass Mikko und Liisa Recht hatten. War es jedoch einfacher, sich gehen zu lassen statt auf zu stehen und zu kämpfen. „Du hast doch immer schon für das gekämpft, was dir am Herzen lag.“ Holte Mikko Samu aus seinen Gedanken. „Irgendwann, hat man aber keine Kraft mehr dazu. Ich will nicht mehr immer für alles in meinem Leben kämpfen. Ich möchte mein Leben endlich einfach leben. Ohne Kampf.“ Strich sich Samu über seine müden und brennenden Augen. „Diesen einen Kampf, wirst du wohl noch kämpfen müssen, wenn du das Glück wieder in deinem Leben haben willst. Ohne es, wirst du ohnehin nicht wirklich leben.“ – „Das wird bestimmt nicht der einzige Kampf bleiben. Falls es soweit kommt und ich Riku zurück erkämpft habe, wird der nächste Kampf kommen. Und zwar der um die Existenz der Band.“ Samu nahm einen grossen Schluck Bier. „Darüber müssen wir ohnehin noch einmal sprechen. Riku ist draussen. Nur weiss die Plattenfirma noch nichts davon.“ Samu schluckte schwer. „Und sie sind leicht ungeduldig.“ – „Ich bringe nichts zu Stande. Es ist, als wäre das alles, mit Riku gegangen. Einen Song, habe ich in den letzten Monaten geschrieben.“ Mikko musterte seinen Freund und Schützling. Er konnte ihm wirklich leid tun. Nichts war mehr von diesem Egoisten da, den er die letzten Monate hatte raus hängen lassen. Vor ihm sass ein Häufchen Elend. Verzweifelt, weil er nicht wusste, was aus seiner Zukunft wird. „Mach dir keinen Stress. Ich regle das schon. Das Gespräch wegen diesen Freiheiten, welches ich schon mal angesprochen hatte, steht auch noch aus. Ausserdem wäre Universal Finnland, ganz scharf darauf, uns unter ihren Vertrag zu nehmen. Berlin stellt sich jedoch quer.“ Mikko machte eine Pause und überlegte. Um seine Lippen, zuckte dabei dieses ganz bestimmte Lächeln. „Was geht dir im Kopf vor, Mikko. Ich kenne doch diesen Blick.“ – „Nun ja...Wenn du vielleicht zu sehr quer schiesst, dann ändern sie ihre Meinung vielleicht. Der Vertrag mit Finnland, wäre um einiges besser und grosszügiger, was den Freiraum angeht. So viel ich mich erinnere. Wie du ja weisst, sind wir etwas liberaler.“ Hoffnung keimte in Samu hoch. Es erhellte das trübe Loch, in dem er sass. „Bring du das mit Riku in Ordnung. Ich regle das mit den Plattenfirmen. Wir treffen uns in der Mitte und schauen, was wir damit anfangen können. Ok?“ Samu nickte. „Danke!“ – „Nichts zu danken. Wenn du mir versprichst, keine Alleingänge mehr zu machen.“ – „Versprochen!“ Fiel Samu seinem Manager um den Hals. „Versprichst du mir auch noch etwas?“ Kam Liisa mit Emmi auf dem Arm nach unten. Samus Augen fingen an zu leuchten. Die kleine Maus quietschte freudig und streckte ihre Ärmchen nach Samu aus. Fest drückte dieser Emmi an sich, während Tränen seine Augen verliessen. Er war endlich wieder angekommen. Noch nicht ganz so, wie er es sich wünschte. Doch Samu hatte seine Freunde und Familie wieder um sich. „Was soll ich dir denn versprechen?“ Vergrub Samu seine Nase in Emmis Haaren. „Geh endlich zum Friseur.“ Samus Augenbraue schnellte nach oben und seine Hand landete in den blonden Haaren. „Was stört dich an meiner Frisur?“ – „Ernsthaft? Das ist keine Frisur mehr, Samu. Das ist...einfach nur schrecklich und macht dich alt.“ War Liisa unverblümt ehrlich. „Danke für das Kompliment.“ Lachte Samu auf. „Im Ernst, Samu. So, kannst du nicht auf Samis Hochzeit auftauchen. Und dann noch als Trauzeuge.“ Samus Blick suchte den von Mikko. Dieser schüttelte nur den Kopf. „Schau dich Zuhause mal im Spiegel an und frag dich, ob du wirklich weiter so aussehen willst.“ So Liisa weiter. Samu kaute auf seiner Lippe. Wollte er eigentlich schon lange nicht mehr. Aber Samu konnte sich noch nicht dazu aufraffen. Doch dieser kleine Hoffnungsschimmer am Horizont, gab ihm neuen Aufwind. Weshalb er, bevor er von Mikko direkt nach Hause ging, zuerst noch beim Frisör seines Vertrauens vorbei ging. Raus kam ein neuer Samu. Äusserlich und auch ein bisschen in seinem Innern.

I am living in the AfterglowWo Geschichten leben. Entdecke jetzt