Kapitel 36

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Als sie zum Hotel einbogen, sahen sie schon von weitem eine kleine Hand voll Menschen, unweit davon, stehen.
In mitten von ihnen Sami, Raul, Jukka und Osmo. Samu schloss die Augen und seufzte. Nicht das auch noch. Er konnte heute keine Fotos geben. Nicht bloss weil er scheisse aussah, sondern weil ihm schlichtweg die Kraft fehlte, heute noch einmal so viel Beherrschung an den Tag zu legen, wie die letzten Stunden.
Mike stoppte den Van in einiger Entfernung und sah Mikko fragend an. Dieser sah zu Samu und musterte ihn. „Soll ich es beenden gehen, damit du in Ruhe ins Hotel kannst?“ Langsam schüttelte Samu den Kopf. „Bist du sicher?“ Wieder ein Kopfschütteln. „Was dann?“ Samu zuckte mit den Schultern. „Ich check mal die Lage. Die Jungs stehen auch alle dort.“ Samu riskierte nur einen kurzen Blick durch die Frontschreibe. Tatsächlich. Die Jungs standen ziemlich entspannt dort und plauderten mit den Frauen. Wie früher, schoss es Samu durch den Kopf. Aber dennoch. Er konnte das nicht. „Keine Fotos und Autogramme.“ Mikko nickte und stieg aus.

Er schaute sich kurz um und dann betrachtete er die kleine, ruhige Meute neben dem Hotel. Es schien alles ganz entspannt zu sein. Ihre Ankunft, blieb natürlich nicht unerkannt. Ab und an, warf eine einen Blick zum Wagen, der ihnen nicht entgangen war. Sami bemerkte es und wandte sich in die Richtung. „Hey Mikko, alles klar? Wo ist Samu?“ Mikko machte eine Kopfbewegung in Richtung Van. „Alles gut! Zumindest den Umständen entsprechend.“ - „Wartet Samu so lange, bis sie weg sind oder kommt er vorher raus?“ - „Vorher, war eigentlich seine Zustimmung. Irgendwie...Er wird bloss keine Autogramme und Fotos geben. Sagst du ihnen das mal?“ - „Die sind auch nicht deswegen da.“ Mikko hob erstaunt eine Augenbraue. Fans die das nicht wollten? Das er das noch erleben durfte. „Wie jetzt? Was dann?“ - „Sie wollen ihm etwas sagen. Und ich weiss, dass es Samu gut tun wird, dies zu hören. Das er es quasi braucht. In der jetzigen Situation.“ - „Erklärst du mir das genauer?“ Verstand Mikko noch immer nicht. „Sie waren gestern alle auf dem Konzert und es war ihnen ein Anliegen, uns oder viel mehr Samu und Riku, persönlich etwas zu sagen. Wir haben sie per Zufall, als wir beim Rauchen waren, entdeckt. Sie überlegten hin und her, ob sie es tun sollen oder nicht. Wir wollten sie zuerst weg schicken. Doch dann...Er soll es sich selber anhören. Es tut der geschundenen Seele gut und spendet etwas Hoffnung.“ Mikko überlegte kurz. „Ich gehe ihn holen.“ Er gab Mike ein Zeichen, noch zu warten.
„Hey Samu, kommst du?“ Scheinbar aus tiefen Gedanken geholt, schreckte sein Schützling auf. „Sie möchten dir etwas sagen. Dann sind sie auch wieder weg. Sami hat gesagt, dass es dir gut tun wird.“ Samu atmete tief durch. „Na dann, auf ins Gefecht.“ Die Sonnenbrille liess er in seinen Haaren. Sollten sie doch alle sehen, wie beschissen es ihm ging. Sie hatten ihn sicher gestern auch weinen gesehen. Er war nur ein Mensch wie sie alle. Und auch bei ihm, hinterliess das Gefühlschaos, so seine Spuren.
Etwas erstaunt, sah Mikko ihn an, als der obligate Griff in die Haare zu seiner Brille, ausblieb. „Ich will mich nicht mehr verstecken. Weder hinter einer Sonnenbrille, noch hinter dem Lustigen Vogel aus dem Fernsehen, noch hinter sonst irgendwas.“ Mikko legte ihm die Hand auf die Schulter.
„Hey Blondie!“ Musterte Jukka seinen besten Freund, während er ihn kurz vor den Fans abfing. Er sah, gelinde gesagt, bescheiden aus. „Alles gut?“ - „Frag nicht.“ Wehrte er mit den Händen ab. „Alles was ich will, ist hier unbeschadet vorbei und hoch in mein Zimmer“, sagte Samu darauf matt. „Nur zwei Minuten, Samu. Danach bringe ich dich höchstpersönlich hoch in dein Zimmer und bleibe, bis du endlich mal schläfst.“ Kam von Sami, der gehört hatte, was Samu gesagt hatte. Samu wollte gerade etwas erwidern. „Bitte! Tu ihnen und dir, den Gefallen!“ Jukka nickte unterstützend. „Sie werden dich nicht belagern. Wir haben lange mit ihnen gesprochen. Sie wollen wirklich nur etwas loswerden, was mit gestern Abend und deiner Entscheidung zu tun hat.“ Schob Jukka Samu vor sich her.
Scheinbar hatten sie ein paar tolle Minuten zusammen. Oder wie lange sie auch immer schon da standen, dachte Samu. Ein bisschen, erinnerte es ihn an früher, was ihn wehmütig werden liess. Jetzt bloss nicht anfangen zu heulen, sprach er mit sich selber, als er die Tränen hinter seinen Augen spürte.
Mikko betrachtete das ganze etwas unsicher. Wusste er um Samus Gemütszustand und seinen Ausrastern heute Morgen. Das brauchten sie nicht auch noch vor den Fans.

I am living in the AfterglowWo Geschichten leben. Entdecke jetzt