Kapitel 31

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Die Luft in der Halle brannte und war zum zerschneiden dick. Die Menschen darin, schienen alle die Luft an zuhalten und gebannt darauf zu warten, was jetzt geschah. Dabei schien die Zeit still zu stehen. Nur einer, hielt alles andere als den Atmen an. Sein Atmen ging so schnell, als wäre er gerade einen Marathon gelaufen. Rikus Herz raste, als wolle es dem davon rennen, was noch kam.
„Du weisst es...genau wie ich, schon Jahre, weil ich es dir schon oft genug gesagt habe. Jedoch viel zu lange nicht mehr. Weder gesagt, noch gezeigt und schon gar nicht mehr, damit überschüttet. Doch jetzt, hier und heute, werde ich es endlich richtig machen und dies ein für alle Mal ändern...“ Samu kniff kurz die Augen zusammen und atmete tief durch. Auch wenn er das Gefühl hatte, gleich zu ersticken, wenn er nicht endlich los werden konnte, was ihm schon den ganzen Abend auf der Zunge lag. „Rik...ich...“ Pause. Man hätte gehört, wie eine Stecknadel zu Boden fiel, so leise war es. „Ich bin das grösste Arschloch, das es auf dieser Welt gibt, aber ich...ich liebe dich...“
Es war raus und Samu fühlte sich, als wäre ein ganzer Berg, damit von seinem Herzen gefallen. „Von ganzem Herzen und mehr, als dass es Worte dafür gibt...Und auch wenn diese Aktion heute Abend, mit diesem Konzert, welches nur für dich war und ist, nach hinten los gehen sollte, werde ich es nicht bereuen. Jedes Wort, ja jede verdammte Träne, war es wert, dies endlich zu tun...dies aus dem einzigen Grund, weil ich dich nicht verlieren möchte...Riku...ich brauche dich doch...“ Samus Stimme war nur noch ein Schluchzen und brach dann ganz. Die Tränen, die jetzt nur noch wie Sturzbäche aus seinen Augen flossen, nahm ihm nun komplett die Sicht. Das einzige, was er noch wahrnahm, war dass Riku sich von seiner Mutter löste und davon stürmte. Jedoch nicht in seine Richtung, sondern von ihm weg.
Was hatte er anderes erwartet? Einen Begeisterungssturm und ein Riku, der ihm freudestrahlend um den Hals fiel. Wohl kaum. Dennoch tat es verdammt weh.

Riku glaubte seinen Ohren nicht zu trauen. Samu hatte es wirklich getan. War er denn bescheuert? Was hatte er sich dabei gedacht? Vor all den Leuten, die hier waren. Die Fans, wären da noch das kleinere Übel. Aber die Presse, die Bosse der Plattenfirma. 'Das wolltest du doch schon die ganze Zeit von ihm', kam die Stimme aus dem Hinterhalt in seinen Kopf. War er wirklich bereit für ihn, für sie beide, seinen Traum zu riskieren? Ja gar auf zu geben?
Für Riku war das gerade alles zu viel und liess das Fass, endgültig, überlaufen. Er musste hier weg. Frische Luft. Er brauchte frische Luft, da er das Gefühl hatte, die bleibe hier aus.
Weder seine Mutter noch Mikko, konnten Riku zurück halten. Blindlings, stolperte Riku an den Leuten um ihn herum, vorbei. Geradewegs auf den Hintereingang zu, durch den er herein gekommen war. Draussen, lehnte er sich gegen die Wand und atmete, ein paar Mal, tief durch.
Von drinnen, war kein Ton zu hören. Riku wusste, dass er mit seiner Flucht, gerade auf Samus Herz herum trampelte, welches er ihm soeben, vor die Füsse gelegt hatte. Dafür hasste er sich selber am allermeisten. Samu musste doch denken, dass er vor ihm davon gerannt war. Doch dabei, wollte nur vor seinen Gefühlen davon rennen, die ihn zu erdrücken drohten.
Samus Liebeserklärung, die es echt in sich hatte, war gerade einfach zu viel für seine, ohnehin schwankende und labile Gemütslage. Nicht bloss seine Worte, die sich bis tief in Rikus Innerstes geschlichen haben und von denen er noch jedes einzelne wusste. Nein, es war der ganze Abend. Für Samu, war der ganze Abend, eine einzige Liebeserklärung. Allein die Auswahl der Songs. Den hinter jedem, steckte eine Geschichte. War wegweisend oder aussagekräftig, für etwas, was in ihrer gemeinsamen Vergangenheit geschehen war. Oder konnte er mit einem Erlebnis verbinden, ohne dass der Song direkt eine Rolle gespielt hatte. Was gab es für einen grösseren und tieferen Liebesbeweis, sein tiefstes Innerstes, nach aussen zu kehren und die Öffentlichkeit daran teilhaben zu lassen?
Riku sank weinend zu Boden und vergrub sein Gesicht hinter seinen Händen. Dies, würde ihm Samu sicher nie verzeihen. Dafür, war wohl auch seine Liebe, nicht gross und tief genug. „Es tut mir leid, Samu!“ Schluchzte Riku.
Er hatte ihn nun endgültig verloren, da war sich Riku sicher. Den Mann, der seine Welt auf den Kopf stellte. Den Mann, der sein Herz im Sturm erobert hatte. Den Mann, der ihm schlaflose Nächte bescherte und ihm den Schlaf immer noch raubte. Den Mann, der ihm schon so manche Träne gekostet hatte. Den Mann dem sein Herz gehörte, immer noch gehört und immer gehören wird. Den Mann, der sein Leben war und immer sein würde. Den Mann, denn er über alles liebte und immer lieben wird.
Ja, er liebte diesen verrückten Kerl. Daran hatte sich nichts geändert. Kein ganzes Jahr, konnten daran etwas ändern. Genau so wenig, wie zwei Jahre oder irgendwelche Manager. Diese Liebe, war einfach zu stark, um sie durch irgendwas zu zerstören. Riku konnte dagegen ankämpfen, würde jedoch gegen eine Mauer laufen. Und irgendwann, konnte und mochte er einfach nicht mehr kämpfen. Schon gar nicht gegen die Liebe und gegen Samu, den er so sehr brauchte, wie die Luft zum atmen. So sehr, wie die Blumen die Sonne und den Regen, gleichermassen brauchten.
Samu war ein Teil von ihm. Seine zweite Hälfte. Ohne ihn, fühlte er sich einfach nicht vollständig. Riku hatte sich schon lange nicht mehr, so lebendig gefühlt, wie heute Abend. Allein im selben Raum zu sein wie Samu, reichte aus, um die Verbindung, dieses unsichtbare Band, zwischen ihnen, wieder aufleben zu lassen. Zu spüren. Dann dieser Moment, mit Samu auf der Bühne. Es war, als läge keine Zeit und kein Streit dazwischen. Samus Nähe, zog Riku förmlich an, wie ein Magnet. Dass er dem stillen Angebot von Samu, sich auf seinen Hocker zu setzen, einfach nach kommen musste. Es war einfach nur Balsam für seine Seele, den Grossen so nah bei sich zu spüren.
Dennoch, war der ganze Abend, ein innerlicher Kampf, den Riku mit sich selber führte. Bei dem er jedoch wusste, dass sein Herz, früher oder später, gewinnen würde. Gerade eben, hatte es gewonnen. Doch wahrscheinlich zu spät.

Von drinnen war wieder Tumult zu vernehmen. Riku hob den Kopf und lauschte. Samu Rufe. Jubel. Und sein Name. Riku atmete tief durch. Was sollte er tun? Rein gehen oder hier sitzen bleiben?
'Sei nicht noch ein grösseres Arschloch, als du ohne hin gerade bist. Zeig Samu, dass du noch da bist. Wenn nicht in den nächsten Minuten, dann zumindest danach', herrschte ihn seine innere Stimme an. Riku wischte sich die Tränen, so gut es ging, aus dem Gesicht und stand auf. Mit zittrigen Knien, rasendem Herzen und einem mulmigen Gefühl in der Magengegend, ging Riku durch die Tür.

I am living in the AfterglowWo Geschichten leben. Entdecke jetzt