Kapitel 768

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Sicht Isa

Ich wusste, dass ich nicht wirklich fair war, aber das war Wincent seit Monaten nicht. Er log mir was vor, seit seinem Ausbruch und nun war meine Schmerzgrenze erreicht. Ich konnte nicht mehr. Und dann musste ich einmal in unserer Beziehung meine Bedürfnisse über seine stellen. Ich hatte ihn in der Hand, im wahrsten Sinne des Wortes, aber mir blieb keine andere Wahl. Und noch immer wollte er sich irgendwie rausreden. „Nichts Isa", fuhr ich ihm über den Mund. Ich konnte es nicht mehr hören. „Du machst jetzt deinen verdammten Mund auf, sonst war das unser letztes Mal", drohte ich ihm und funkelte ihn böse an. Er wollte einen Schritt von mir wegtreten, aber ich wusste genau, was dann kommen würde, also hielt ich ihn mit meinen Beinen fest. Er hasste mich in diesem Moment, das sah ich genau in seinem Blick. Er funkelte mich genauso böse an wie ich ihn. Aber da mussten wir jetzt durch. Ich sah keine andere Möglichkeit. „Mach. Deinen. Mund. auf!", sagte ich nochmal, weil Wincent immer noch schwieg. Er schloss seine Hand um mein Handgelenk und sah mir tief in die Augen. „Lass mich los", bluffte er mich an. Ich biss meine Zähne zusammen und schüttelte mit dem Kopf. „Doch, Isabell! Lass mich los", wurde er nun lauter und dann gab ich nach. Er machte mir echt Angst. Noch nie hatte er mich bei meinem vollen Namen genannt. Ich war hin und her gerissen. Ich war verzweifelt. Und wütend. Und ich fühlte mich so hilflos. Ich gab auf und ließ Wincent gehen. Zumindest dachte ich er würde gehen, aber das tat er nicht. Er wuselte in der Küche auf und ab, strich sich immer wieder über das Gesicht und raufte sich beinahe die Haare, als würde er abwägen, womit er anfangen sollte. Mir stiegen Tränen in die Augen, vor lauter Verzweiflung. Warum zur Hölle redete er nicht? „Bitte, Wincent", flehte ich wieder, „ich kann das so nicht mehr. Du lügst mich an- seit Monaten...", redete ich weiter, bis er mich unterbrach. „Tu ich nicht", sagte er nur und rollte mit den Augen. Und da platzte mir die Hutschnur. „Weißt du was, Wincent? Mach deinen Scheiß einfach alleine. Wenn du glaubst, dass das kein großes Ding ist deine Frau anzulügen, dann haben wir wohl unterschiedlichen Auffassungen von einer Ehe", machte ich ihn an und ging einen Schritt auf ihn zu. Wie konnte er immer noch meinen, diese Sache einfach so abtun zu können? Ich sah ihn an, auffordernd, ich wollte ihm eine allerletzte Chance geben, aber die ließ er verstreichen. Es war zum verrückt werden. „Fick dich", schrie ich ihn nur noch an und verließ dann die Küche. Ich suchte mir was zum Anziehen und wollte wenig später aus der Haustür, als sich Wincent mir in den Weg stellte. Abwartend sah ich ihn an. „Was soll das werden? Willst du wieder versuchen mich rumzukriegen?", fragte ich ihn. Er kam einen Schritt auf mich zu, sodass ich einen von ihm wegging, weil ich wirklich nicht einschätzen konnte, was er vorhatte. Er überlegte, das sah ich genau, er war sich scheinbar immer noch unsicher, was er mit mir anstellen sollte. Langsam war ich wirklich verletzt, dass er mir nicht vertraute. Ich verschränkte meine Arme vor der Brust, als er nach fast zehn Minuten immer noch nichts sagte und wir blöd im Flur rumstanden. Meine Geduld war am Ende. „Ich geh jetzt. Meld dich, wenn du bereit bis mit mir zu reden. Vorher komm ich nicht wieder", sagte ich ernst und ging an ihm vorbei. Ich hatte schon den Türknauf in der Hand, als er endlich seinen Mund aufmachte. „Ich hab Scheiße gebaut", murmelte er. Ach wirklich? Soweit waren wir schon, wollte ich gerne sagen. Ich drehte mich um und sah ihn direkt an. „Da muss schon bisschen mehr kommen, Wincent!" , sagte ich sauer. „Isa, bitte gib mir die Zeit das zu erklären", sagte er. „Du hast jetzt deine Chance, sonst gehe ich", schmiss ich ihm vor die Füße. „Okay, du willst es auf die harte Tour, du bekommst es auf die harte Tour", meinte Wincent laut, während ich seinem Blick einfach stand hielt. „Sag es", forderte ich ihn auf und gerade hatte ich wirklich mal das Gefühl, ich wäre der dominante Part in der Beziehung. „Ich war Basejumpen und bin nen illegales Autorennen mit fast Unfall gefahren, zufrieden?", knallte Wincent mir an den Kopf. „Weißt du, wann ich mit dieser Ansage zufrieden gewesen wäre? Als du wiedergekommen bist. Oder als ich dich gefragt habe, ob du so ne Scheiße machst. Hättest du mir das damals so gesagt, wäre das vollkommen okay gewesen, aber darum hast du über zwei Monate so ein Geheimnis gemacht? Deswegen hast du dich so oft mit mir gestritten und mich angelogen, mir eiskalt ins Gesicht gelogen?", fragte ich ihn laut. „Ja, und du hättest das auch nie wissen müssen", brummte Wincent. „Ach ja? Bin ich als deine Frau so wenig wert, dass man mir sowas nicht sagen muss? Ich habe dich gefragt ob du das gemacht hast und du hast nein gesagt", gab ich verletzt von mir. „Isa, das ist Quatsch, du bist mir was wert, ich hab das gesagt, um dich zu schützen", sagte Wincent und machte einen Schritt auf mich zu. „Nicht anfassen", fauchte ich sofort. „Wir zwei setzten uns jetzt an den Tisch und du erzählst mir, was war und was du ‚geklärt' hast", sagte ich und ging zum Esstisch. Ich setzte mich hin und sah Wincent an. Dass in mir drin gerade eigentlich nichts mehr war, wie es sollte, musste er ja nun nicht wissen. Aber ich war verletzt, traurig und vollkommen durcheinander. Wincent setzte sich mir gegenüber und zögerte kurz. „Sprich", sagte ich nur und er sah mich an. Er war wohl ebenfalls überrascht von meiner Stärke und dem Fakt, dass ich noch nicht heulend in seinen Armen lag, aber das konnte er vergessen. „Okay, also Basejumpen und illegales Autorennen. Das war dumm von mir und ich würd das auch nie wieder machen, aber in der Zeit... keine Ahnung, mir war jeder Kick recht und das wär ja auch alles nicht so das Ding gewesen, aber es gibt nen Video davon und es sind nunmal beides irgendwie Straftaten. Ich hab viel versucht, damit das Video nicht an die Öffentlichkeit gerät und damit du es nicht siehst, ich hab da leider echt mein Leben aufs Spiel gesetzt. Wenn das Video raus kommt, wander ich vermutlich in den Knast und meine Karriere ist durch", seufzte Wincent zum Ende. Er war ruhig geworden und ich auch, zumindest nach außen. „Aber sonst tickst du noch ganz sauber?", fragte ich erstaunlich kühl. Meine innere Königin applaudierte schon leicht. „Ich weiß doch, dass es ein Fehler war", murmelte Wincent. „Was hast du schon unternommen?", fragte ich ihn. „Bisschen Geld ist geflossen und S... selber hab ich nen Computernerd beauftragt", erklärte Wincent. „Sehr effizient. Ich ruf Ben morgen an, der regelt das", stellte ich fest. „Weil ich ja nicht über nen Anwalt nachgedacht hab, oder was?", verdrehte Wincent die Augen. „Die Rechtsverdreher verpfeifen mich doch nur", schmiss er direkt hinterher. „Ich ruf Ben an, darüber diskutier ich gar nicht mehr mit dir", ignorierte ich Wincents Aufstand. Wir schwiegen uns einfach an, ich konnte zu dem ganzen Thema nichts mehr sagen. Das war zu viel für mich und so langsam wollte ich mich einfach nur noch zurückziehen. Er hatte mir damals eiskalt ins Gesicht gelogen und ich hatte ihm geglaubt. Wie sollte ich diesem Mann je wieder vertrauen können. „Ich Schlafzimmer, du Gästezimmer, das Thema ist noch nicht durch. Also das Thema, dass du mich solange belogen hast und mir ins Gesicht gelogen hast", platzte es dann aus mir heraus und ich ging hoch. Ich schnappte mir Wincents Bettzeug, legte es vor die Tür und schloss ab.

Träume oder Wünsche // Wincent Weiß FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt