Kapitel 770

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Sicht Isa

Magdeburg war besonders. Besonders matschig und vor allem besonders kühl. Und damit meine ich nicht nur das Wetter, sondern vor allem die Stimmung zwischen Wincent und mir. Aber ich war immer noch so verletzt und sauer und das würde auch noch Tage, wenn nicht sogar Wochen, dauern. Ich wusste, dass Wincent nicht damit umgehen konnte, wenn ich vor allen anderen Professionell handelte und dann ihm gegenüber einfach kühl war, aber es ging gerade nicht anders und vielleicht würde er so ja endlich mal lernen, dass ich trotz meiner 21 Jahre keine Frau war, die man einfach mal anlügen konnte. Nach der Show sorgte ich sehr schnell dafür, dass alles lief und wir alle in den Bus kamen, wobei Wincent natürlich wieder mit dem Auto fuhr. „Hier ist die Adresse, der Bus dürfte ohne Pause durchfahren, wir sehen uns, wenn wir da sind", sagte ich zu ihm und reichte ihm einen Zettel. Wincent nickte nur und steig in sein Auto, während ich in den Bus stieg. Mir war eigentlich gar nicht nach Gesprächen mit den anderen, aber damit keiner was merkte, musste ich da wohl durch. Entgegen meiner Erwartungen konnte ich dann aber doch ganz gut mit den Jungs quatschten und wir schafften es erst kurz bevor wir in Hamburg ankamen in unsere Betten. Als der Großteil schon schlief, organisierte ich mir schnell noch eine eigene Decke. Damit es nicht auffiel, würde ich weiter bei Wincent schlafen, aber eben doch auf Abstand. Ich rollte mich also in die Decke, die nicht nach meinem Mann duftete und hing noch ein wenig am Handy, bis wir parkten und ich Wincent die Treppen hochkommen hörte. Ich setzte mich leicht auf und sah ihn an, als er reinkam. Schweigend zog er sich seinen Hoodie und seine Jogginghose aus und legte sich neben mich. „Für getrennte Betten hat es also nicht gereicht?", fragte er leise. „Ich habe keine Lust, dass das gesamte Team das mitbekommt, also schlafen wir weiterhin hier", erwiderte ich und merkte direkt, wie ich wieder kühler wurde. „Wir könnten auch einfach Reden und den Streit aus der Welt schaffen", erwiderte Wincent und sah mir in die Augen. „Warum? Du schweigst doch gerne und außerdem ist es nicht nur der Streit, das weißt du selber", sagte ich und drehte mich von ihm weg. „Du bist stur Isa", seufzte Wincent. „Du hast mich zwei Monate lang angelogen. Ich hab dich gefragt, ob du sowas gemacht hast und du hast mir ins Gesicht gelogen", wurde ich direkt wieder sauer. „Nun fang doch nicht so wieder an", meinte Wincent genervt. „Doch das tu ich, weil ich mich von dir nicht länger für blöd erklären lasse. Ich bin nicht die Kleine Dumme, mit der du sowas machen kannst", feuerte ich ihm direkt wieder entgegen, aber immer noch mit zugedrehtem Rücken. „Dann eben nicht", seufzte Wincent nur und schaltete das Licht aus. Er war schon immer besser im Schweigen, als sich mal dem zu stellen, was er getan hatte.

Meinen Morgen startete ich weit bevor Wincent wach wurde. Ich stand auf, drehte eine Runde mit Goldi und verkroch mich dann erstmal in mein Büro, um Einiges für die Uni zu erledigen. Ursprünglich dachte ich ja nicht, dass ich das alles irgendwie unter einen Hut bekommen würde, aber gerade klappte das wieder ganz gut. Heute würden Hannah und Marco uns besuchen kommen und eigentlich freute ich mich auf meine beste Freundin und Wincents besten Freund, wäre da nicht diese äußerst ungünstige Situation zwischen Wincent und mir. Aber dann konnte ich direkt mal testen, wie gut wir darin waren andere zu täuschen. Oder ich würde Hannah einfach reinen Wein einschenken, mal sehen. Und dann war da noch Amelie. Die hatte schon seit Tag eins unserer Beziehung ein sehr feines Gespür dafür, ob etwas schief lief, oder nicht. Aber naja, erstmal musste ich jetzt zum Essen, also zum Team. Ich schnappte mir Goldi und ging los. Auf dem Weg wurden wir noch durch ein paar Fragen aufgehalten, als ich Amelie schon reden hörte. Goldi begann auch direkt sich zu freuen und ich betrat das Zelt. „Amelie", strahlte ich und das war in den letzten Tagen wohl das erste ehrliche Lächeln meinerseits. „Da bist du ja, ich wollte dich schon ausrufen lassen", grinste sie und wir fielen uns in die Arme. „Du weißt doch, dass man hier immer etwas zu tun hat", seufzte ich und sah neugierig in den Karton, der neben Amelie stand. „Neuer Merch?", grinste ich. „Weihnachtspullover", flüsterte Amelie und da musste ich lachen. Wir setzten uns dann mit etwas Essbarem an den Tisch und quatschten einfach, bis Wincent rein kam. Er sah nicht sonderlich glücklich aus, aber erstaunlicherweise hielt sich mein Mitleid in Grenzen. Was war nur los mit mir? Normalerweise wäre ich schon längst eingeknickt. „Moin", murmelte Wincent und ging dann zu Amelie, um sie zu umarmen. Wincent sah dabei kurz zu mir und ich lächelte kurz, auch wenns Fake war. Er löste sich von Amelie und sah mich fragend an. „Guten Morgen", sagte ich dann, stand auf und drückte ihm einen Kuss auf die Lippen, das gehörte wohl zur Show dazu. Wobei Wincent sichtlich kein Fan dieser Show war. „Ich hab gleich noch eine Uni-Veranstaltung, kann ich dich mit dem Haufen alleine lassen und ins Büro gehen?", fragte ich Amelie irgendwann. „Na klar, ich werd die gleich erstmal in Weihnachtmerch stecken", grinste sie. „Mach Fotos für mich", lachte ich und verließ dann mit Goldi das Zelt.

Ich saß also gefühlt den halben Tag in meiner Uni Veranstaltungen und musste zwischendurch auch immer wieder was sagen, wie alle anderen eben auch. Irgendwann hörte ich den Soundcheck schon laufen, welcher aber eher wie eine Karaoke-Party klang. „Isabell, was ist das für ein Lärm da bei dir?", lachte Professor Barz. „Das wüsste ich auch gerne, was die Jungs da anstellen, ich vermute das soll einen Soundcheck darstellen", schmunzelte ich. „Seid ihr gerade auf Tour?", fragte er dann irritiert. „Ja, mehr oder weniger. Die Tour dieses Jahr hat viele Pausen", erzählte ich. „Wo spielt ihr denn?", hakte er jetzt interessiert nach. „Heute tatsächlich hier in Hamburg", erwiderte ich. „Oh, das ist ja schön, dann können wir ja noch vorbeikommen", lachte er und ich hielt das für einen Scherz. „Oder ists ausverkauft?", zog er dann eine Augenbraue hoch. „Nen paar Plätze haben wir bestimmt noch frei", meinte ich einfach. „Gut, dann machen wir hier jetzt früher Schluss und wer mag, den Treffe ich heute Abend", nickte er zufrieden. „Wie bitte?", kam es jetzt entsetzt von mir. „Ein bisschen Teambuilding. Ihr seid nur noch so wenige, da können wir auch mal was Entspanntes machen", lächelte er. „Ähm... ja okay. Rufen Sie mich einfach an, wenn sie da sind", gab ich irritiert von mir, bevor das Meeting beendet wurde. Wie sollte ich das denn jetzt noch unter bekommen.

Träume oder Wünsche // Wincent Weiß FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt