Kapitel 689

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Sicht Isa

Klatschnass kletterte ich wieder aufs Boot und zog mir meine Hose aus. Ich trocknete mich ab und klaute doch nochmal ein Shirt von Wincent. In diesem und meinem Slip lief ich übers Boot und holte mein Handy. Ich hatte ein Video gemacht und screenshotete ein paar schöne Bilder. „Schau hier", ging ich dann zu Wincent und hielt ihm mein Handy unter die Nase. Wir standen auf dem Board, die Sonne ging hinter uns unter und wir sahen uns an. „Wunderschön", lächelte Wincent und schickte sich das Foto einfach selbst. „Darf ich das posten?", fragte er. „Klar", nickte ich lächelnd und brachte dann wieder die Decken und Kissen aufs Dach. Dort oben zu kuscheln war unser kleines Abendritual. Wincent folgte mir dann und hatte noch ein bisschen Schokolade mitgebracht. „Extra die, die du gerne isst", grinste er. „Danke", flüsterte ich und gab ihm einen Kuss. Die letzten Tage waren wir so ein herrlich normales Paar, dass es fast schmerzte wieder weg zu müssen. Vielleicht war auch das der Grund, dass wir fast die halbe Nacht auf dem Dach lagen und einfach die Nähe des Anderen genossen. Im Bett ging das dann weiter und ich war froh in den nächsten Wochen nicht mehr ohne Wincent neben mir einschlafen zu müssen.

Am nächsten Morgen standen wir ein wenig früher auf und während Wincent zurück fuhr, packte ich unsere Sachen zusammen. Ich war schon ein bisschen wehleidig, aber ich freute mich gleichzeitig auch auf die Tiere und unser Haus. Und natürlich auch auf die Konzerte und alles, was in den nächsten Wochen beruflich so bei uns anstand.

Auf der Rückfahrt checkte ich dann mal wieder intensiv Instagram und bleib irgendwann an den Kommentaren unter Wincents Bild von gestern Abend hängen.

„Die zwei sind so ein schönes Paar"

„Als ob die wirklich verheiratet sind, sieht eher aus wie ne kürzere Geschichte"

„Komisch, auf einmal ist sie wieder bei ihm und was war in den letzten drei Wochen?"

„Es ist schön Wincent so glücklich zu sehen"

„Ein Versöhnungsurlaub, nachdem er sie betrogen hat, auch interessant."

„Merken die nicht, dass sie sich gegenseitig veraschen?"

„Irgendwie sieht Isas Körper nicht gesund aus. Das sollte ein Vorbild nicht im Internet teilen, nicht dass die Kids hier denken es wäre gesund so dünn zu sein"

Bei dem Kommentar zu meinem Körper musste ich echt schlucken, darüber hatte ich nicht nachgedacht, aber noch härter traf mich die Antwort auf den Kommentar.
„Wenigstens ist sie mit Sicherheit nicht Schwanger und Magersüchtige werden auch nicht schnell schwanger". Der Schlag mitten ins Gesicht hatte gesessen. Ich war nicht magersüchtig, ja ich hatte eine Essstörung, aber mit ganz anderen Hintergründen.

„Ich versteh die Aufregung hier nicht, die beiden sind auch nur ein normales Paar und ein Schönes allemal"

„Die Tattoo-Sucht ist wohl übergesprungen, aber es steht Isa so unglaublich gut."

„Wunderschön"

„Hoffentlich habt ihr schöne freie Tage"

Ich las noch hunderte positive Kommentare, aber auch mein Körper wurde immer wieder thematisiert. „Kannst du das Bild von deinem Profil nehmen?", fragte ich Wincent irgendwann. „Nein, warum?", erwiderte er und sah kurz zu mir rüber. „Okay, was haben sie getan?", sagte er sofort. „Es gibt zu viele Kommentare zu meinem Körper, dass ich zu dünn bin", meinte ich leise. Wincent stöhnte nur genervt auf und griff nach meiner Hand. „Das Bild bleibt da wo es ist. Niemand hat über deinen Körper zu Urteilen, das kann doch nicht sein", sagte er und redete sich dann echt in Rage. Dass ich gut so war, wie ich bin und dass ich auf sowas nicht hören soll. Dass die das eh nicht verstehen und dass wir kämpfen werden, dass ich irgendwann wieder gesund sein kann und so weiter. Bestimmt zehn Minuten redete Wincent einfach nur und gab mir damit wieder Kraft. „Und ich möchte, dass du einfach nicht mehr auf sowas hörst. Ich weiß, das ist leichter gesagt, aber Social Media ist Gift für unsere Psyche. Wir müssen uns da abgrenzen und die Kommentare seltener lesen bei sowas", beendete Wincent seine Rede. „Danke", lächelte ich ihn schüchtern an. „Und die meisten freuen sich ja für uns", schmunzelte Wincent dann noch und hauchte mir einen Kuss auf die Fingerknöchel.

Zu Hause angekommen schmiss ich eine Waschmaschine an und räumte unseren Kram wieder auf, bevor ich mich unter die Dusche stellte. Eigentlich sinnfrei, da ich nachher sicher noch in den Stall gehen würde, aber vier Tage Seewasser wollten dringend von meiner Haut gewaschen werden. Wincent war schon in seinem Studio verschwunden, in den letzten Tagen war Einiges an Technik und Klimbim angekommen, damit musste nun erstmal gespielt werden. Ich fuhr dann los und sammelte Goldi bei Shayenne wieder ein. Natürlich verquatschten wir uns sofort und schlussendlich wollten wir dann zusammen in den Stall, weshalb ich sie direkt mitnahm. Ich schloss die Haustür auf und Goldi wollte direkt ins Haus stürmen. Ich hielt ihn zurück, immerhin gab es ein paar Regeln. „Wincent!", rief ich ins Haus. „Bin im Studio", kam nur zurück. „Jup, dein Bruder ist immer noch beschäftigt", lachte ich und ließ Goldi jetzt los. Shayenne und ich gingen hoch und ich klopfte bei Wincent an. Wir gingen rein und er war so konzentriert, dass er nicht mal hoch sah. „Ich hab wen mitgebracht", sagte ich dann und da sah Wincent auf. Breit lächelnd schloss er seine Schwester in die Arme und begrüßte sie.

Träume oder Wünsche // Wincent Weiß FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt