Kapitel 10: Annehmen

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Hermine hatte sich nicht regen können als er plötzlich aufgesprungen war und starrte auf den Tisch vor sich.
Sie fühlte die Tränenflut in sich aufkommen und versuchte so gut es ging diese aufzuhalten, sie hatte Angst vor dem was sicher auf sie zukam, sie war immer noch sauer auf sich, dass sie damals einfach geflohen war, sie wusste nicht wovor sie damals geflohen war.

Das Schlimmste war, er war ihr dankbar und konnte es ihr die ganzen Jahre nicht sagen. Er stand seiner Meinung nach, in ihrer Schuld und sie gab ihm nicht die Chance mit ihr zu reden und er akzeptierte das auch noch einfach so.
Sie spürte heiße Tränen an ihrer Wange runterlaufen, ihre Sicht wurde glasig. Es war zu viel für den Moment und sie gab nach, legte den Kopf auf ihre Arme und schluchzte auf.

Severus, der immer noch durch den Raum tigerte, stoppte als er das unerwartete Schluchzen hörte, er ging auf Hermine zu, kniete sich neben sie. Er sah sie an, hatte Mitleid, er wusste nicht, was er machen sollte.
„Miss Granger...", sagte er sanft. Sie schluchzte noch stärker auf und noch mehr Tränen flossen aus ihren Augen.
Immer noch auf ihren Armen gestützt fing sie an zu reden, aber er verstand nur Bruchstücke, „es...mir leid... gegangen...bleiben...Entschuldigung...", sie brach ab.
Sie merkte selbst, dass es wenig Sinn hatte, so zu sprechen und er hatte vermutlich nicht ein Wort verstanden. Mit verweinten Augen sah sie in seine und er sah in ihre. Es schmerzte ihn, sie so zu sehen und sein Blick spiegelte das wider.

Eine leise Träne sammelte sich in ihrem linken Auge, bevor sie über Hermines Wange laufen konnte, wischte Severus sie weg. Beide schwiegen und nahmen den Moment hin, es war Balsam für beider Seelen.

Hermine war froh, dass er ihr nicht böse war, dass sie gegangen war und er war froh, dass sie seinen Dank annahm. Severus lächelte aufmunternd. Hermine wollte ihm gerade auch ein Lächeln entgegen bringen, als alle Emotionen von ihrem Gesicht verschwanden und eine Erinnerung sie erneut zum Weinen brachte, in ihr tobte ein Kampf zwischen Beherrschung und Ehrlichkeit und eh sie sich versah hatte sie ihre Arme um ihn gelegt, war auf die Knie gesunken und verharrte in dieser Umarmung.

Severus konnte gar nicht so schnell gucken, wie Hermine vor ihm auf ihren Knien saß und ihn umarmt hatte.
Er war restlos überfordert, ihm war schon lange niemand mehr so nahegekommen, schon gar keine ehemalige Schülerin und vor allem niemand, dem er sein Leben verdankte.
Er ließ die Umarmung zu und legte den rechten Arm auf ihren Rücken zwischen ihre Schulterblätter. Er sagte nichts, saß einfach ruhig in einer Position am Boden und hoffte sie würde sich wieder fangen.
Nach einer Weile hörte Hermine langsam auf zu weinen und zu schluchzen und konzentrierte sich ganz auf die Wärme, die Atmung und den Duft, der von ihm ausging. Es beruhigte sie, er beruhigte sie, einfach weil er da war und ihr erlaubte für diesen Moment schwach zu sein. Weil er sie nicht von sich stieß, sondern bei sich ließ.

Severus bemerkte, dass sich Hermine langsam beruhigte und seine innere Anspannung reduzierte sich zusehends.

Er spürte den warmen Körper der jungen Frau, spürte wie sich ihre Atmung beruhigte und auch ihr Herzschlag wieder langsamer wurde. Er fragte sich, ob Hermine von Alpträumen gequält wurde in den Nächten, ob sie das Gesehene verarbeitet hatte, er bezweifelte dies stark und wieder kam Mitleid in ihm auf.

Er hatte sich daran gewöhnt, dass fast sein ganzes Leben voll von Schrecklichem war.
Er hatte die Liebe seines Lebens erst an James Potter, dann an den Tod verloren. Als Todesser und Spion musste er morden, misshandeln, sich ständig in Gefahr bringen, stets die Augen offenhalten.
Er war immer angespannt in seinem Leben gewesen. Er musste seinen Mentor und einzigen wirklichen Freund umbringen, vor Todessern, die ihn dafür auch noch gefeiert hatten, vor Harry, für den Albus wie ein Familienmitglied war, nachdem Sirius gestorben war.
Er hatte aufgehört sich zu ärgern oder zu fragen, warum ausgerechnet er dieses Leben hatte. Er hatte damals selbstständig den falschen Weg genommen und bereute bis heute seine Entscheidung.
Aber es war nicht fair für die Schüler, für Harry, Ronald und vor allem nicht für Hermine. Die klügste junge Hexe, wie sie von Sirius genannt wurde. Das Mitleid wich der Wut und Severus krampfte unterbewusst seinen ganzen Körper zusammen, presste die Kiefer zusammen.

Unter ihm regte sich Hermine, die seine Anspannung natürlich bemerkte und damit einhergehend den Druck, den sein Arm auf ihrem Rücken hinterließ.
„Professor...", keuchte sie, er hatte ungeheure Kraft. Er nahm sie nicht wahr.
„Professor Snape!", Hermine versuchte nun etwas lauter ihn wachzurütteln und versuchte sich aus seiner Haltung zu befreien.

Severus wurde aus seinen Gedanken gerissen und sprang sofort auf als er sah, wie fest er sie gedrückt hatte. Ihr Blick zeigte ihm deutlich, dass sie Schmerzen hatte. Er half ihr sich aufzusetzen, holte eine kleine Phiole aus seinem Umhang und gab ihn ihr.
„Ein Schmerztrank", wollte er noch erklären, aber Hermine hatte ihn schon geleert.
Der Trank wirkte schnell und Hermine hatte keine Schmerzen mehr. Sie sah ihn an „ich vertraue Ihnen." und lächelte.
Er hatte ihr wehgetan, zwar unabsichtlich aber dafür ganz schön heftig und sie vertraute ihm?

Mit so viel Vertrauen konnte er nicht umgehen. Er schüttelte leicht den Kopf, dann verarbeitete er blitzschnell, was gerade passiert war.
Sie hatte geweint, weil sie schreckliche Erinnerungen hatte, er hatte sie trösten wollen, er Severus Snape und sie legte ihre Arme um ihn und nahm ihn in eben diese.
Er konnte nicht anders als festzustellen, dass diese, eigentlich, traurige Umarmung im Grunde genommen schön und friedlich war. Etwas, was er selten erlebt hatte in seinem Leben und in den letzten Jahren noch weniger.

Hermine erkannte in seinem Gesicht, dass ihm die Sache nicht ganz geheuer war, sie wusste nicht, ob es daran lag, dass sie seine ehemalige Schülerin war, ein Mitglied des Goldenen Trios, er ein ehemaliger Todesser und Spion war oder ob es einfach an ihr lag, dass er sich so schwer damit tat.
Sie wollte gerade das Wort an ihn richten, da stürmte er an ihr vorbei aus dem Raum, in die Gänge des Schlosses. Sie wollte ihm eigentlich hinterher, aber er war so schnell verschwunden, sie bezweifelte, dass er noch in der Nähe des Raumes war.

Schlimmstenfalls wird alles GutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt