Kapitel 31: Lüge und Wahrheit

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„Vielleicht wäre es besser gewesen, ich wäre noch länger weg geblieben..." meinte er, „vielleicht hätte ich gar nicht mehr zurückkommen sollen", murmelte er ganz leise hinterher, aber sie hörte es trotzdem.

„Was haben Sie gesagt?", fragte sie ungläubig. Sie konnte nicht glauben, dass er das wirklich gesagt hatte.
„Nichts.", meinte er streng und unterkühlt.

Hermine war sauer, sie atmete aus, „wissen Sie was Professor? Ich glaube, es ist wirklich besser, wenn Sie in Ihre Räume gehen. Sie wollen meine Hilfe ja sowieso nicht. Sie sind alt genug und können sich um sich selbst kümmern.", meint sie schnippisch.
Sein Blick verdunkelte sich, sie drehte ihm die Worte im Mund herum.

„Miss Granger, ich erkläre Ihnen das gerne noch einmal, Sie hören zur Zeit offenbar nur das, was Sie hören wollen. Ich bin Ihnen nicht aus dem Weg gegangen um Sie zu verletzen, sondern-"
„-sondern weil Sie keine Lust auf mich haben."
„Bei Salazar, natürlich habe ich Lust auf Sie, das hat man doch gerade gesehen oder? Aber ich kann nicht! Verstehen Sie das doch.. ich kann nicht. Es geht nicht.", versuchte er zu erklären. Er sah fast verzweifelt aus.

„Aber warum? Ich versteh es nicht. Ich will Sie, Sie wollen mich, so wie Sie sagen... Warum geht es nicht?", sie war traurig, sie verstand es einfach nicht, warum musste alles so kompliziert sein?
Er hörte eine gewisse Trauer in ihrer Stimme und wusste nicht, was er mit dieser Information anstellen sollte.
Er bedeutete ihr zu ihm zu kommen, sie kam langsam mit gesenktem Kopf und setzte sich zu ihm auf die Couch.
Er nahm ihre Hände, atmete tief ein und aus.

Er sollte einfach sagen, dass er ihr und sich eine Chance gab, dass er irgendwo tief in seinem Herzen, wirklich Gefühle für diese junge Frau hatte, aber er konnte es nicht. Sie hatte ihr ganzes Leben noch vor sich. Er wollte nicht, dass sie sich an ihn band und sich auf ihn versteifte, sie sollte Erfahrungen sammeln und ihr Leben leben.

„Ich möchte nicht, dass Sie sich womöglich noch in mich verlieben. Ich möchte nicht, dass Sie Ihr Leben von mir abhängig machen. Sie sind jung und schön und natürlich intelligent und witzig, charmant und loyal und überaus großzügig und gütig.. Ich passe einfach nicht zu Ihnen, das müssen Sie doch auch gemerkt haben. Bitte zwingen Sie mich nicht, gemein zu Ihnen zu sein. Sie bedeuten mir etwas und ich mache mir Sorgen um Sie, wenn ich nicht weiß wo Sie sind... aber ich kann das mit uns einfach nicht zulassen...", er hatte überlegt was er sagte, er wollte ihr nicht vor den Kopf stoßen.

Sie sah ruhig zu ihm, musterte sein Gesicht und seine Augen, er hatte das Gefühl, sie würde erkennen, dass er ihr nur halb die Wahrheit sagte.
Es stimmte zwar, was er sagte, aber er verschwieg, dass er sie am Liebsten immer bei sich haben wollte, weil er ihre Nähe genoss und ihr Duft ihn betörte, er wollte ihre Lippen rund um die Uhr spüren und jeden Morgen mit dem verwuschelten Lockenkopf auf der Brust aufwachen... nein!

Er schob diese Gedanken beiseite, er konnte sich 25 Jahre bei Voldemort verstellen und beherrschen aber nicht bei der jungen Gryffindor? Was für eine Ironie...
„Ich glaube Ihnen nicht.", sagte sie, sie saß da wie die Ruhe selbst. Da war keine Emotion in ihrem Blick, sie hielt seine Hände fest und sie schien sich zu konzentrieren.
„Es spielt keine Rolle, ob Sie mir glauben oder nicht, es ist die Wahrheit.", versuchte er ihr entschlossen entgegen zu bringen, seine Mauer bröckelte, er wusste, dass sie wusste, dass er log.

„Professor Snape, bitte halten Sie mich nicht für dumm. Sie glauben nicht einmal selbst, was Sie da erzählen.", regungslos saß sie da. Es machte ihm fast Angst sie so zu sehen. Er wurde etwas nervös, was er immer wurde, wenn jemand ihm seine Lügen nicht glaubte, er versuchte seine Maske aufzusetzen, um seine Gefühle zu verstecken.

„Was glauben Sie eigentlich, wer Sie sind?", sagte er zynisch zu ihr, versuchte ihre Hände loszulassen, aber er konnte sich nicht aus ihrem Griff befreien, mit zusammengezogenen Augenbrauen sah er auf ihre Hände, dann wieder auf sie.
Hermine zeigte nicht eine Regung auf ihrem Gesicht, sie sah sturr in seine Augen.
„Lassen Sie mich los, auf der Stelle.", ihr Griff war sanft, aber er schaffte es einfach nicht, sich aus ihren Händen zu befreien.
„Warum belügen Sie sich selbst Professor?", fragte sie einfach nur ruhig.
„Ich belüge mich nicht!", spie er ihr entgegen.
„Doch, das tun Sie. Genauso wie mich."

Severus spürrte plötzlich ein leichtes Prickeln an den Händen und sah nach unten, aus ihren Händen sprühten kleine Blitze, welche über seine Hände liefen, die Haare an seinen Armen stellten sich auf.
Er sah ihr wieder ins Gesicht und ihr Augen glühten, der Schatten des Rehbraun hatte sich zurückgezogen und er wusste nun, woher sie das alles wusste.
Sie war die ganze Zeit über komisch gewesen, so emotionslos.
Sie hatte die Maske aufgesetzt, nicht er.

Sie trug eine Maske um zu verstecken, dass das Feuer in ihr aufloderte und sie seine Gefühle erspüren würde. Ihr Gesicht war nun etwas lebendiger und sie lächelte leicht, der Griff lockerte sich.
Das Glühen zog sich zurück und das Rehbraun war wieder da, sie lächelte nun noch breiter, erleichtert.
„Ich hab doch gesagt, dass ich geübt habe..", meinte sie und zuckte mit den Schultern.

Severus sah sie perplex an. Nahm seine Hände aus ihren und besah sie sich. Er hatte keinerlei Verletzungen, nicht mal ein Abdruck ihrer Hände war zu sehen.
„Ihr Puls hat Sie verraten...", sagte sie erklärend und erst jetzt bemerkte er, dass ihre Finger auf seinem Handgelenk lagen, direkt über der Pulsschlagader.
Deswegen war sie so konzentriert. Er schnaubte, er konnte nicht fassen, dass sie solche Mittel anwandte.

„Ich werde Ihnen nie wieder die Hand reichen...", sagte er dunkel, er war immer noch eingeschnappt.
„Ich erkenne Ihre Lügen auch ohne Handauflegen", meinte sie besserwisserisch, musste aber lachen weil sie 'handauflegen' irgendwie an Trelawney erinnerte.
„Sie sind nicht zufällig mit Albus Dumbledore verwandt oder? Ihre unfassbar nervige Art und das Talent, mehr zu wissen als Sie wissen dürften, erinnert mich sehr an ihn. Im Gegensatz zu Ihnen, hat er aber nie seine Tricks verraten, das sollten Sie vielleicht beherzigen beim nächsten Mal.", sagte er süffisant.
„Ich werde mich in Bücher über Kammermusik und Zitronenbrausebonons einlesen...", sagte sie frech.
„Das fehlte mir auch noch..", sagte er und hob eine Augenbraue. Er stand auf und zog ein leicht schmerzverzerrtes Gesicht, Hermine war sofort aufgestanden und versuchte ihn zu stützen, sie sah ihn besorgt an.

„Es geht schon, Danke.", sagte er sehr viel netter, als gerade noch. Sie machte sich wirklich Sorgen und das war irgendwie schön. Sie sah ihn immer noch an, er konnte sich gegen die schönen braunen Augen einfach nicht wehren, er war es satt, wirklich satt zu streiten.
Er sah ihr in die Augen, sie flüsterte „das war nicht fair von mir, tut mir leid."
Severus schüttelte nur den Kopf, nahm sie in den Arm. Die Wärme durchflutete ihn und er spürte förmlich die Güte und Zuneigung, die von ihr auszugehen schien.

Hermine legte ihre Arme um ihn und drückte ihn zu sich, nicht all zu feste, damit es ihm nicht weh tat. Sein Kräuterduft beruhigt sie noch mehr, seine Umarmung gab ihr das Gefühl von Sicherheit. Etwas fühlte sich anders an, anders als zuvor, intensiver, verwurzelter.
Er löste sich etwas von ihr, um sie anzusehen, „ich gehe in meine Räume Miss Granger. Aber ich komme nachher wieder, ich möchte nicht, dass Poppy mir eine Standpauke hält.. das wird hier sonst noch zur Gewohnheit." und zog eine Augenbraue hoch, sie wusste, dass er sie meinte und sie lächelte verlegen.

Hermine war einverstanden und ging zur Tür, öffnete sie und wartete, dass Severus durch gehen würde.
Als er im Rahmen stand, nahm sie eine seiner Hände und küsste sie zart. Er lächelte leicht und drehte sich um, er rauschte durch den Gang und war hinter einer Ecke verschwunden.

Schlimmstenfalls wird alles GutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt