Kapitel 21: ...ist manchmal notwendig...

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„Sind Sie mir noch böse?", hauchte sie ihm zu.
„Ich bin grundsätzlich allen immer böse.", gab er sarkastisch zurück, „schließlich erwartet man das von mir.", meinte er nun etwas ernster und lächelte süffisant aber matt.

„Ich glaube, das erwarten eher Sie selbst von sich. Immer böse, immer gemein, Abstand zu allen Leuten zu halten. Diese allgegenwärtige Maske, die Sie tragen, früher haben Sie damit Ihr Leben gerettet, aber der Krieg ist doch vorbei. Sie müssen sich nicht mehr verstellen oder verstecken, Sie haben doch auch eine andere Seite an sich. Die liebevoll ist und warm und gütig."
„Wie können Sie sich da so sicher sein?", fragte er ruhig. Er war erstaunt, dass er wirklich innerlich ruhig war, jedem anderen der es wagen würde, so mit ihm zu sprechen, würde er Flüche an den Hals werfen, aber bei ihr war er ruhig und gelassen, sie war überzeugt von dem, was sie sagte.

„Ihre Augen verraten Sie. Für die meisten Menschen hier sind Sie undurchdringbar, ein dunkles Mysterium, die Schattenseite des Mondes. Etwas was man nicht näher kennenlernen möchte, aber Ihre Augen sagen so viel mehr, da sehe ich Angst, Sorge, Verletzlichkeit aber auch Freude, tiefe Zuneigung, jetzt gerade Verwunderung und Skepsis, auch wenn Ihr Gesicht diese Emotionen nicht widerspiegelt. Sie sehen eher etwas müde aus.", beim letzten Satz schmunzelte sie.

Er wusste nicht, was er sagen sollte, er hätte nicht gedacht, dass sie ihn so gut lesen konnte. Konnte sie das immer schon? Oder war er jetzt einfach nur weicher geworden, zu alt, um Emotionen zu verbergen? Alt und weich, er musste an Albus denken und innerlich lachen.

„Professor Dumbledore hat Ihnen damals schon vertraut, als Sie ein aktiver Spion waren. Ich vertraue niemandem mehr, als Albus Dumbledore, er hatte dieses Talent Menschen in und auswendig zu kennen und mit einem Blick den wahren Charakter zu ergründen. Er hat nie an Ihnen gezweifelt.", ihr Worte waren stark, ihr Gesicht sprach Bände. Sie hätte keine Zweifel zugelassen.

Er atmete kurz durch die Nase aus und schüttelte den Kopf, „Sie können wirklich überzeugend sein und mutig noch dazu. Einer Schlange die Giftzähne ziehen zu wollen. Typisch Gryffindor."
„Wir wissen doch beide, dass mit Giftzähnen nichts Gutes passieren kann.", sie lächelte bitter und sah auf seinen Hals. Er bemerkte den Blick und die Veränderung auf ihrem Gesicht, fasste sich an die Narbe, er wusste was sie meinte.
Er seufzte, „ich habe mal gehört, Frauen würden Narben attraktiv finden."

Hermine blickte verwirrt auf bei dem plötzlichen Themenwechsel und musste lachen, „das habe ich noch nie gehört und ehrlich gesagt auch noch nie darüber nachgedacht.", gab sie lachend zurück.
"Naja, vielleicht sind Sie die Ausnahme, die bestätigt ja immerhin die Regel. Aber,
wenn Sie Narben nicht attraktiv finden, dann kann ich mich ja jetzt auch wieder anziehen und gehen.", sagte er dunkel, mit einer hochgezogenen Augenbraue und leichter Ironie in der Stimme.
Hermine sprang sofort auf und drückte ihn mit beiden Händen auf seiner Brust zurück in die Couch, sie saß auf den Knien neben ihm.

Er war immer wieder überrascht, wie schnell sie war und wie viel Kraft sie hatte.
„Ich habe mich falsch ausgedrückt Professor, ich finde Sie mit Ihrer Narbe am Hals wirklich sehr ansprechend.", gab sie gespielt zurück und blickte ihn intensiv an.
Er strich ihr sanft über die Hände und die freien Unterarme, die immer noch auf seiner Brust ruhten. Seine Berührungen hinterließen eine Gänsehaut bei ihr. Er strich mit seinen Fingerspitzen leicht den Weg zu den Oberarmen hinauf und wieder runter.

„Ist Ihnen kalt, Miss Granger?", flüsterte er dunkel und musste ein Schmunzeln verbergen, was ihm nicht ganz gelang.
„Im Gegenteil", hauchte sie ihm zu. Sie löste eine Hand von seiner Brust und strich ihm damit zart am Gesicht entlang, strich die Strähne zurück und ließ die Hand auf seiner Wange. Nun war es Severus, der eine Gänsehaut bekam. Er nahm ihre Hand, führte sie an seine Lippen und gab ihr einen sanften Handkuss, mit dem Daumen strich er über ihre Knöchel.
Hermine lächelte, sie rutschte von den Knien auf ihre Seite und lehnte sich an ihn, den Kopf auf seine Brust bettend, den rechten Arm hatte sie unter seinen Rücken geschoben, die linke Hand lag in seiner Rechten und ruhte ebenfalls auf seiner Brust, den linken Arm hatte er auf ihren Rücken gelegt.
Sie sagten beide kein Wort, genossen einfach nur die Nähe des Anderen, sogen die
Düfte des Anderen ein und beruhigten sich, die Herzen schlugen wieder in einem Rhythmus, die Atmung des Einen passte sich dem Anderen an.

Sie hatten beide die Augen geschlossen, er saß halb liegend auf dem Sofa und sie lag halb auf seiner Brust. Beide hielten den anderen fest an sich. Sie glitten fast zeitgleich in einen übermannenden friedlichen Schlaf. So friedlich wie schon lange nicht mehr, oder wie noch nie.

Schlimmstenfalls wird alles GutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt