Kapitel 107: Ein besonderer Jahrgang

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„Hermine?", fragte sie langsam.
Das Amber wich dem Rehbraun und die physikalischen Besonderheiten um sie herum begaben sich langsam wieder in den Normalzustand. Tonks wechselte wieder zu ihrer normalen Augenfarbe und sah sie abwartend an.

„Entschuldige... das ist alles zu viel im Moment...", meinte Hermine und setzte sich wieder auf den Stein.
„Vielleicht musst du diese Gedanken und Erinnerungen aus deinem Kopf kriegen und sicher verschließen.", sagte Tonks und sah sie mitfühlend an.
„Vielleicht...", meinte sie leise.
„Lass uns wieder nach oben gehen, ich muss gleich ins Ministerium", sagte Tonks und stand auf.
Hermine folgte ihr, sie gingen beide gedankenverloren wieder zum Schloss. In der Eingangshalle trennten sich ihre Wege, Tonks verließ das Schloss und Hermine wusste nicht so recht, wohin mit ihr. Sie lief durch die Gänge, ohne darauf zu achten, wohin ihre Füße sie trugen.

„Hermine?", hörte sie plötzlich ihren Namen und drehte sich zu der Quelle.
Sie sah sich um.
Sie war am Klassenraum für Verteidigung gegen die dunklen Künste. In der Tür stand Remus und sah sie besorgt an.
„Wolltest du zu mir?", fragte er sie freundlich und lächelte.
„Ich weiß nicht... ich bin einfach losgelaufen", meinte sie leise.
„Komm", er nickte in seinen Klassenraum und drehte sich um, Hermine folgte ihm langsam.

Sie sah sich in dem Klassenzimmer um, es war alles wie damals in ihrem dritten Jahr. Mit Remus als Professor, hatte sie sich in diesem Raum hier am wohlsten gefühlt. Es war so gemütlich, so einladend. Weniger bedrohlich, Remus verstand es, sich auf das Positive zu konzentrieren.
„Schokolade?", fragte er mit einem Schmunzeln, als er sich zu ihr umdrehte.
„Nein danke...", meinte Hermine und musste lachen.
Sie setzte sich auf die Stufen zu seinem Büro, zog die Knie an sich und legte den Kopf darauf. Remus lehnte sich ans Geländer und verstaute die Hände in seinen Hosentaschen. Er sah auf Hermine, es tat ihm leid, sie so zu sehen.
„Du kannst mit mir reden, wenn du willst... oder wir sitzen einfach nur hier und schweigen.", bot er ihr an.
Setzte sich dann schließlich neben sie, stützte seine Unterarme auf seinen Knien, verschränkte seine Finger ineinander und sah auf die Stufen.

Hermine sah auf, als sie nichts mehr von Remus hörte. Er saß direkt neben ihr und starrte auf die Stufen, wartete geduldig darauf, dass sie anfangen würde zu reden.
Sie stöhnte genervt auf.
„Remus du machst mich noch verrückt", sagte sie und schlug ihm leicht auf den Oberarm.
„Was liegt dir auf dem Herzen?", fragte er freundlich.
„Alles...", sie atmete tief ein.
Er wartete ab.
„Ich war gerade mit Fred und George an der Peitschenden Weide...", fing sie an.
„Aaah... ja... diese Erinnerungen", Remus lachte auf, er konnte sich noch daran erinnern, wie er seine Schüler angegriffen hatte, er hatte vergessen den Trank zu nehmen und sich in den blutrünstigen Werwolf verwandelt.

„Ich musste an Sirius denken...", fuhr sie fort.
„Oh... ich verstehe.", meinte Remus traurig, sah dann auf Hermine und zog die Augenbrauen zusammen, „Hermine... das kannst du nicht machen."
Sie sah ihn verwirrt an.
„Ich weiß, was du vor hast. Ich kann zwar nicht wie Trelawney irgendwas in Kaffeesätzen lesen, aber ich kenne dich.
Du hast Albus gerettet und Fred, Tonks und mich... riskier dein Leben nicht ein weiteres Mal.", er sah sie böse an. „Sirius würde dir das nicht verzeihen."
„Warum habt ihr alle ein Problem damit, wenn man euch rettet?", wollte sie aufgebracht wissen. „Hat das irgendwas mit dem Jahrgang zu tun? Du, Severus... jetzt sagst du Sirius würde es mir auch nicht verzeihen."
„Wir haben den ersten Krieg schon erlebt, den Aufstieg von Tom Riddle... wir haben uns damals alle zusammen dem Orden des Phönix angeschlossen, Dumbledore hatte uns damals davor gewarnt, dass wir vermutlich alle unser Leben verlieren würden.
Wir haben uns schon früh mit dem Tod abgefunden und hätten kein anderes Schicksal akzeptiert.", meinte er und als er Hermine das erzählte, trugen seine Augen eine kämpferischen Glanz, wie schon bei der Schlacht von Hogwarts.

„Was für morbide Gedanken", meinte Hermine und schüttelte den Kopf.
Remus lachte leicht und nahm ein Stück Schokolade, bot es Hermine an, die ein Stück davon nahm und aß selbst den Rest.
„Vermisst du Sirius?", fragte sie leise, als sie an ihrer Schokolade knabberte.
„Jeden Tag...", meinte Remus ebenfalls leise. Seine Stimme war rau. Sie sah ihn an, seine Augen glitzerten leicht, Hermine legte eine Hand auf seinen Arm. Er lächelte sie matt an.
„Das hab ich dir nicht gesagt, damit du dich in Gefahr stürzt. Ich vermisse ihn, ja. Aber ich habe es akzeptiert. Sirius starb, als er mit Harry zusammen gekämpft hat, wie damals mit James.
Er ist gestorben weil er einen Fluch abgefangen und auf sich genommen hat, um Harry zu schützen. Du hast es vielleicht nicht richtig gesehen, aber Bellatrix wollte Harry töten und Sirius hat sich dazwischen gestellt. Es hätte keinen ehrenvolleren Tod für ihn geben können.", meinte Remus und musterte sie.
„Du wirst Sirius nicht retten können, genau so wenig wie James und Lily. Sie gaben alle ihr Leben, um Harry aktiv zu schützen."

Hermines Augen füllten sich wieder mit Tränen, Remus legte einen Arm um ihre Schultern und zog sie zu sich. Sie schluchzte an seiner Schulter und krallte sich in seine Kleidung. Remus sah mitleidig auf sie, er atmete laut aus, spürte eine ganze Menge Verzweiflung von ihr ausströmen.
Als sie sich etwas beruhigt hatte, sah sie wieder auf zu ihm.
Seine braunen Augen lagen immer noch auf ihr, sein müdes, gezeichnetes Gesicht erhellte sich etwas, als er sah, dass sie ihn anblickte.
„Du solltest diese Gedanken aus deinem Kopf ziehen. Du machst dich selbst damit verrückt.", meinte er besorgt. Er stand auf, ging die Treppen zu seinem Büro hoch und kam kurze Zeit später mit einigen Phiolen wieder.
„Hier, falls du wieder das Gefühl hast, dein Kopf platzt...", er gab ihr lächelnd die Phiolen, half ihr dann aufzustehen.
Er drückte sie noch einmal kurz, dann wandte sich Hermine ab und ging zur Tür, kurz bevor sie seinen Klassenraum verließ, drehte sie sich noch einmal um und sah ihn an.

„Ich bereue es nicht, dass ich dich, Tonks und Fred gerettet hab, auch wenn mein Kopf gerade voll ist und ich wahrscheinlich ziemlich fertig aussehe... ich habe die Erinnerung gesehen, die Tonks benutzt, um ihren Patronus herauf zu beschwören.", sagte sie und drehte sich wieder um.
„Was ist es für eine Erinnerung?", wollte Remus interessiert wissen.
„Ich glaube es ist kurz nach Teddys Geburt, sie hält ihn im Arm und du hältst die beiden im Arm.", sagte sie und lächelte glücklich.
Remus' Grinsen erhellte gefühlt den ganzen Raum.
„Danke.", sagte er und Hermine verstand.
Mit einem Lächeln und einem guten Gefühl verließ sie den Klassenraum und lief wieder nach unten in Richtung Kerker.

Schlimmstenfalls wird alles GutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt